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EinigungsgebührGebühren für einen Mehrwertvergleich über mehrere anderweitig anhängige Ansprüche

Top-BeitragLeseprobe30.03.20223645 Min. LesedauerVon RA Norbert Schneider, Neunkirchen

| Wie bei einem Mehrwertvergleich abzurechnen ist, wenn ein anderweitiges Verfahren mitverglichen wird, haben Sie – mit Beispielsfällen – in RVG prof. 22, 44 gelesen. Der folgende Beitrag erläutert die Besonderheiten, wie abzurechnen ist, wenn gleich mehrere anderweitig anhängige Verfahren mitverglichen werden. |

1. Grundsatz: Einigungs-Mehrbetrag ist mehrfach anzurechnen

Das Abrechnungsprinzip ist das Gleiche, wie in den Fällen, in denen nur ein anderweitiges Verfahren mitverglichen wird: Die Abrechnung in dem Verfahren, in dem der Vergleich geschlossen wird, erfolgt vom Grundsatz her wie beim Mitvergleichen nicht anhängiger Gegenstände. Insgesamt wird aber nur eine ermäßigte 1,0-Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG abgerechnet. Das bedeutet also beim Mitvergleichen mehrerer anderweitiger Verfahren: Sie müssen hier mehrmals den Mehrbetrag der Einigung eliminieren und anrechnen.

Beispiel

Zwischen dem Kläger K und dem Beklagten B sind drei Verfahren mit den folgenden Werten anhängig: Az. 1/22 mit 10.000 EUR, Az. 2/22 mit 8.000 EUR und Az. 3/22 mit 5.000 EUR. Im Verfahren 1/22 wird der Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Dort wird ein Gesamtvergleich geschlossen, der sowohl das Verfahren 1/22 als auch die Verfahren 2/22 und 3/22 erledigt. In den Verfahren 2/22 und 3/22 war noch nicht mündlich verhandelt worden und die Anwälte hatten noch keine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens geführt.

2. So wird das Vergleichsverfahren 1/22 abgerechnet

In dem Verfahren, in dem der Vergleich geschlossen worden ist, ergibt sich der Vergleichsmehrwert aus der Summe der beiden anderen Verfahren. Die Terminsgebühr berechnet sich aus dem Gesamtwert aller drei Verfahren. Das gilt ebenso für die Einigungsgebühr, die wiederum insgesamt nur mit einem Gebührensatz von 1,0 abgerechnet werden kann (Nr. 1003 VV RVG).

Abrechnung Verfahren 1/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 10.000 EUR)

798,20 EUR

0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG

(Wert: 13.000 EUR)

532,80 EUR

gemäß § 15 Abs. 3 RVG

nicht mehr als 1,3 aus 23.000 EUR

1.136,20 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

(Wert: 23.000 EUR)

1.048,80 EUR

1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 23.000 EUR)

874,00 EUR

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

585,01 EUR

3.664,01EUR

3. So werden die Anrechnungsbeträge ermittelt

Zu berücksichtigen ist, dass nunmehr zwei Anrechnungsbeträge zu ermitteln sind, nämlich einmal für das Verfahren 2/22 und einmal für das Verfahren 3/22. Diese Beträge sind grundsätzlich nach der gleichen Formel zu ermitteln, die geringfügig abzuändern ist.

Formel zur Berechnung des Anrechnungsbetrags

1,3-Verfahrensgebühr aus dem Wert des Verfahrens

+

0,8-Verfahrensgebühr aus den Mehrwerten

diese ggf. nach § 15 Abs. 3 RVG gekürzt

./.

1,3-Verfahrensgebühr ohne den Mehrwert des betreffenden Verfahrens

=

Anrechnungsbetrag

Anrechnungsbetrag für das Verfahren 2/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 10.000 EUR)

798,20 EUR

0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG

(Wert: 13.000 EUR)

532,80 EUR

gem. § 15 Abs. 3 RVG

nicht mehr als 1,3 aus 23.000 EUR

1.136,20 EUR

abzüglich 1,3-Verfahrensgebühr,

Nr. 3100 VV RVG (Wert: 18.000 EUR)

- 1.001,00 EUR

Anrechnungsbetrag nach Anm. Abs. 1

zu Nr. 3101 VV RVG

135,20 EUR

Anrechnungsbetrag für das Verfahren 3/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 10.000 EUR)

798,20 EUR

0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG

(Wert: 13.000 EUR)

532,80 EUR

gem. § 15 Abs. 3 RVG

nicht mehr als 1,3 aus 23.000 EUR

1.136,20 EUR

abzüglich 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV

RVG (Wert: 15.000 EUR)

- 933,40 EUR

Anrechnungsbetrag nach Anm. Abs. 1

zu Nr. 3101 VV RVG

202,80 EUR

4. So werden die mitverglichenen Verfahren abgerechnet

Damit kann der Rechtsanwalt für die anderen mitverglichenen Verfahren die folgenden Gebühren verlangen:

Verfahren 2/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 8.000 EUR)

652,60 EUR

gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV RVG anzurechnen

- 135,20 EUR

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

102,11 EUR

639,51 EUR

Verfahren 3/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 5.000 EUR)

434,20 EUR

gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV RVG anzurechnen

- 202,80 EUR

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV

47,77 EUR

299,17 EUR

Gesamtvergütung

Verfahren 1/22

3.664,01 EUR

Verfahren 2/22

639,51 EUR

Verfahren 3/22

299,17 EUR

4.602,69 EUR*

5. Das ist die Kontrollberechnung

Zu demselben Ergebnis gelangen Sie, wenn Sie die Anrechnung quasi bereits im Verfahren 1/22 vornehmen. D. h., Sie rechnen dort also faktisch ohne Verfahrensdifferenzgebühr für die mitverglichenen Gegenstände. Es ergäbe sich damit die folgende Berechnung für das Vergleichsverfahren:

Verfahren 1/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 10.000 EUR)

798,20 EUR

1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG

(Wert: 23.000 EUR)

1.048,80 EUR

1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV RVG (Wert: 23.000 EUR)

874,00 EUR

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

520,79 EUR

3.261,79 EUR

Verfahren 2/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 8.000 EUR)

652,60 EUR

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

127,79 EUR

800,39 EUR

Verfahren 3/22

1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG

(Wert: 5.000 EUR)

434,20 EUR

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

86,30 EUR

540,50 EUR

Gesamtvergütung

Verfahren 1/22

3.261,79 EUR

Verfahren 2/22

800,39 EUR

Verfahren 3/22

540,50 EUR

4.602,68 EUR*

Bei der Kontrollrechnung ergibt sich also genau derselbe Betrag, wie ermittelt würde, wenn Sie im Verfahren 1/22 zuerst die Verfahrensdifferenzgebühr berechnen und diese anschließend in den Verfahren 2/22 und 3/22 anrechnen.

* Die Differenz von 0,01 EUR ergibt sich aus Rundungsdifferenzen bei den Umsatzsteuerbeträgen.

AUSGABE: RVGprof 4/2022, S. 66 · ID: 48059971

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