Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Apr. 2022 abgeschlossen.
KostenfestsetzungBetrag für Auslagen und Vergütung wird verzinst
| Der für die Auslagen und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters festgesetzte Betrag ist nach dem BGH in entsprechender Anwendung von § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO zu verzinsen. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Abruf-Nr. 227511
Im Streitfall war ein Aktionärsvertreter als gemeinsamer Vertreter der außenstehenden Aktionäre in einem Spruchverfahren zur Angemessenheit der Abfindung der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre tätig. Der BGH hatte zuvor die Höhe der Abfindung der ausgeschlossenen Aktionäre je Stammaktie und je Vorzugsaktie festgesetzt (BGHZ 227, 137). Auf Antrag des gemeinsamen Vertreters setzte das OLG Frankfurt als Beschwerdegericht seine Auslagen und seine Vergütung für das Beschwerdeverfahren antragsgemäß fest, wies aber die beantragte Verzinsung des festgesetzten Betrags zurück. Im Rahmen der Rechtsbeschwerde gab der BGH dem Antrag des gemeinsamen Vertreters auf Verzinsung in vollem Umfang statt (23.11.21, II ZB 14/21, Abruf-Nr. 227511).
Relevanz für die Praxis
Das Festsetzungsverfahren nach § 6 Abs. 2 S. 2 SpruchG lässt sich mit einem regulären Kostenfestsetzungsverfahren vergleichen, sodass darauf § 85 FamFG (i. V. m. § 17 SpruchG) anzuwenden ist. Denn es gilt:
- Die Festsetzung der Auslagen und der Vergütung des gemeinsamen Vertreters ist zwar keine Kostenfestsetzung i. S. v. § 85 FamFG. Sie ist ihr aber aufgrund der Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens in § 6 Abs. 2 S. 2 SpruchG sehr ähnlich.
- Die Festsetzung nach § 6 Abs. 2 S. 2 SpruchG knüpft nicht an eine richterliche Kostengrundentscheidung an. Einer solchen bedarf es angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 S. 1 SpruchG auch nicht. Vielmehr ist die Festsetzung ein rechtlich selbstständiger prozessualer Kostenerstattungsanspruch, der in einem Prozessrechtsverhältnis wurzelt und verschuldensunabhängig an die Veranlassung der Kosten anknüpft.
- Die Festsetzung eines solchen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist auch Gegenstand des regulären Kostenfestsetzungsverfahrens.
Ebenso ist ein gemeinsamer Vertreter mit einem Rechtsanwalt vergleichbar. Der Gesetzgeber ist nämlich davon ausgegangen, dass sich die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters kaum von der Tätigkeit der anwaltlichen Vertreter der Antragsteller im Spruchverfahren unterscheidet (BT-Drucksache 15/371, S. 14). Der gemeinsame Vertreter hat einen ähnlichen Aufgabenzuschnitt und Arbeitsaufwand wie die sonst am Verfahren beteiligten anwaltlichen Rechtsvertreter.
Deshalb sind nach der Rechtsprechung des BGH die Gebührentatbestände der Rechtsanwälte auf den gemeinsamen Vertreter so anzuwenden, als wäre er Verfahrensbevollmächtigter eines Verfahrensbeteiligten (BGH Rpfleger 14, 162):
Merke | Der gemeinsame Vertreter kann außerdem einen angemessenen Vorschuss fordern. Dies wirkt sich nicht auf die Verzinsung der Vergütung aus. |
Musterformulierung / Antrag des gemeinsamen Vertreters auf Kostenfestsetzung |
An das …gericht In der Zivilangelegenheit Kläger ./. Beklagter wird gemäß § 104 ZPO beantragt, gegen den Beklagten die nachfolgend aufgeführten Kosten und Auslagen des gemeinsamen Vertreters in Höhe von … EUR als notwendige Kosten festzusetzen und auszusprechen, dass der festgesetzte Betrag vom Tag der Antragstellung mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist. Weiterhin wird beantragt, eine vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nebst Zustellbescheinigung zu erteilen. Gründe Nach BGH (23.11.21, II ZB 14/21, iww.de/rvgprof, Abruf-Nr. 227511) ist das Festsetzungsverfahren nach § 6 Abs. 2 S. 2 SpruchG mit einem regulären Kostenfestsetzungsverfahren vergleichbar, sodass darauf § 85 FamFG (i. V. m. § 17 SpruchG) anzuwenden ist. Es handelt sich bei der Festsetzung um einen rechtlich selbstständigen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, der im Prozessrechtsverhältnis wurzelt und verschuldensunabhängig an die Veranlassung der Kosten anknüpft. Die Festsetzung eines solchen prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist Gegenstand des vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahrens. Der Verzinsungsanspruch ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO (BGH, a. a. O.). gez. Rechtsanwalt als gemeinsamer Vertreter |
- Ein Rechtsanwalt kann nach § 11 Abs. 2 S. 3 RVG i. V. m. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO den Ausspruch der Verzinsung seiner Kosten verlangen.
- Konsequenterweise kann auch der gemeinsame Vertreter die Verzinsung des für ihn festgesetzten Betrags in entsprechender Anwendung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO beantragen.
AUSGABE: RVGprof 4/2022, S. 63 · ID: 48059965