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ReisekostenErstattungsfähig sind die Kosten für getrennte Reisen von Anwalt und Partei
| Bei Teilnahme der auswärtigen Partei und ihres auswärtigen Anwalts am Termin zur mündlichen Verhandlung sind die Kosten der getrennten Anreisen erstattungsfähig. Einer Partei kann nach dem OLG Brandenburg nicht entgegengehalten werden, dass sie zusammen mit dem Anwalt hätte fahren müssen, um Kosten zu sparen. |
Sachverhalt
Abruf-Nr. 226806
Im Streitfall war zum Termin zur mündlichen Verhandlung neben dem Rechtsanwalt für die Klägerin auch deren Geschäftsführer erschienen. Sie machte zu Recht neben ihren Anwaltskosten auch die Festsetzung der Fahrtkosten des Geschäftsführers geltend (OLG Brandenburg 5.11.20, 6 W 67/20, Abruf-Nr. 226806, vgl. auch schon kurz: RVG prof. 22, 20).
Relevanz für die Praxis
Es gilt: Nimmt eine Partei an einem gerichtlichen Termin teil, sind ihre Reisekosten zu erstatten (§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Höhe der zu erstattenden Kosten richtet sich dabei nach den Vorschriften des JVEG. Insoweit ist es unerheblich, ob das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet worden ist oder nicht. Denn ihr steht es grundsätzlich frei, zum eigenen Termin persönlich zu erscheinen (OLG Koblenz AGS 10, 102; OLG Saarbrücken AGS 12, 496). Reist nicht die Partei selbst, sondern – wie im vorliegenden Fall – ihr Geschäftsführer an, kann die Partei die Kosten ihres Geschäftsführers im eigenen Namen festsetzen lassen (BGH AGS 09, 100).
Es gibt keine Pflicht, dass ein Anwalt und eine Partei gemeinsam reisen müssen, um damit die zu erstattenden Reisekosten im Obsiegensfall zu minieren. Denn eine Partei ist weder verpflichtet, den Anwalt „mitzunehmen“, noch sonst mit diesem gemeinsam anzureisen. Ebenso hatte bereits das LG Stuttgart klargestellt, dass eine gemeinsame Anreise nicht geboten ist (RVG prof. 14, 38). Einer Partei kann daher nicht aus Kostengründen entgegengehalten werden, sie hätte zusammen mit dem Anwalt fahren müssen. Umgekehrt besteht selbstverständlich keine Pflicht des Anwalts, zusammen mit der Partei zu fahren.
Beachten Sie | Reist die Partei mit dem Pkw an, werden ihr Fahrtkosten von 0,35 EUR/km erstattet (§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i. V. m. § 5 Abs. 2 S. 1 JVEG). Das gilt auch, wenn das Verfahren bereits vor dem 1.1.21 eingeleitet worden ist. Im Gegensatz zum RVG und zum GKG kennt das JVEG nämlich kein Übergangsrecht. Es kommt daher auf den Tag an, an dem der Termin stattgefunden hat.
Zu den Reisekosten innerhalb des Gerichtsorts Merke | Eine Partei erhält – anders als der Rechtsanwalt – Reisekosten auch innerhalb einer politischen Gemeinde erstattet (LG München I RVGprof. 19, 188; AG Limburg AGS 10, 568). |
AUSGABE: RVGprof 4/2022, S. 62 · ID: 47962399