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LG KölnSitzverlegung in Gewerbesteueroase stellt keine Hinterziehung dar

Abo-Inhalt03.02.20252 Min. Lesedauer

| Das LG Köln hat einen Angeklagten, der seinen Sitz in eine inländische Gewerbesteueroase verlegt hatte, vom Vorwurf der Gewerbesteuerhinterziehung freigesprochen (1.7.24, 106 KLs 7/23, Abruf-Nr. 245803). |

Der Firmensitz war in der Gewerbesteueroase nicht bloß zum Schein begründet worden. Dabei half dem Angeklagten A, dass es sich um eine reine Gesellschaft zur privaten Vermögensverwaltung mit nur zwei Beteiligungen und eng abgrenzbarem Tätigkeitsaufwand ohne jeglichen Publikumsverkehr und operatives Geschäft handelte. Ein Sekretariat war nicht vonnöten. Seltene und kurze Aufenthalte waren in Anbetracht des außergewöhnlich geringen Umfangs der Geschäfte ausreichend, um die Aufgaben zu erledigen.

Das LG maß den belastenden Indizien, dass keine Firmenschilder am Geschäftsgebäude bzw. am Lift sowie keine eigene E-Mail-Adresse und Telefonanschluss (funktionale Betriebseinrichtungen) vorhanden waren und die Firma bei anderen Mietern des Gebäudes unbekannt war, keine Bedeutung zu. Das geringe „Tagesgeschäft“ der Vermögensverwaltung könne auch an Wochenenden bzw. in Abendstunden und per mobiler SIM-Karten-IT-Geräte (iPad/Lenovo/Laptop/iPhone) via E-Mail und Onlineüberweisungen vor Ort erledigt werden. Das nach Auswertung der Geodaten des Mobiltelefons des A angefertigte Bewegungsprofil stellte wegen Datenlücken kein vollständiges Bewegungsprofil dar. Damit konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der A doch noch an mehr Tagen am Firmensitz gewesen sein konnte. Arbeiten, die A an seinem Wohnort vorgenommen hatte, gewichtete das LG als unwesentlich.

Außerdem zählte das LG Investitionsentscheidungen nebst Marktbeobachtung und die Ausschüttung von 1 Mio. EUR sowie außerordentliche Gesellschafterversammlungen nebst diesbezüglicher Beschlusserstellung und -fassung neben weiteren, nicht unmittelbar tagesgeschäftsbezogenen Angelegenheiten (Firmenwagen, Spenden, Kostenerstattung an Geschäftsführer) wegen besonderer wirtschaftlicher bzw. untergeordneter Bedeutung nicht zum laufenden „Tagesgeschäft“ der vermögensverwaltenden Gesellschaft. Diese Aspekte blieben bei der Bewertung eines möglichen Scheinsitzes unberücksichtigt.

Beachten Sie | Das Urteil betrifft den eher atypischen Fall einer rein privat vermögensverwaltenden Gesellschaft, die nur wenig Beteiligungen hält und kaum Vermögen umschichtet. Bei Unternehmen mit normalem Geschäftsbetrieb und höherem Tätigkeitsaufwand des „Tagesgeschäfts“ dürften die Indizien, die für bzw. gegen einen Scheinsitz sprechen, anders zu gewichten sein. In diesen Fällen ergeben sich oft zusätzliche Ermittlungsansätze (Zeugenaussagen von Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern, Sekretariat, Anliegern, Nachbarn, Korrespondenzen, etc.). Gleichwohl bietet die LG-Entscheidung für ähnlich tätigkeitsreduzierte Unternehmen gute Verteidigungsargumente. Interessant ist zudem die Ansicht des LG, dass die restriktive BFH-Rechtsprechung zu ausländischen Kapitalgesellschaften in dortigen Steueroasen, die zum Zwecke der Steuerersparnis bei rein vermögensverwaltenden Tätigkeiten eingeschaltet werden (BFH 9.12.80, VIII R 11/77, BStBl II 1981, 339), nicht ohne Weiteres auf inländische Gewerbesteueroasen übertragbar sein soll. (DR)

AUSGABE: PStR 3/2025, S. 50 · ID: 50199718

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