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Unterschlagung/UntreueEinnahmen aus Unterschlagung oder Untreue sind nicht steuerbar

Top-BeitragAbo-Inhalt17.02.20254 Min. LesedauerVon RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Krause & Kollegen, Berlin

| Einnahmen, die durch Unterschlagung oder Untreue erzielt werden, gelten i. d. R. nicht als steuerpflichtige Vermögensmehrungen. Aus steuerrechtlicher Sicht spielt es keine Rolle, ob der Steuerpflichtige die veruntreuten Gelder zunächst selbst erhält und sie anschließend z. T. zur Bestechung weitergibt oder ob er sie direkt an den Bestochenen auszahlt und später davon profitiert. Das hat das FG Schleswig-Holstein entschieden. |

Sachverhalt

K war 2011 als Geschäftsführer der A GmbH & Co. KG tätig und u. a. für den Vertrieb verantwortlich. Zu seinen Aufgaben gehörte es, neue Kunden und Aufträge bei Stammkunden zu akquirieren, Verträge zu verhandeln sowie die Kunden zu betreuen. Bei einem Kunden der A handelte es sich um die E. Zwischen dem K und H, einem Angestellten der E, entstand 2004 ein geschäftlicher Kontakt, bei der Suche nach einem Partner für die E. Im Zeitraum 3/2006 bis 8/2016 veranlasste K 45 Zahlungen aus dem Vermögen der A an H, um sicherzustellen, dass sich H dafür einsetzt, dass passende Aufträge aus der Sphäre der E an die A vergeben werden. Die E wurde zu einem der wichtigsten Kunden der A. H nahm dabei sämtliche Zahlungen in dem Bewusstsein einer entsprechenden Vereinbarung an, wobei sich K und H darüber im Klaren waren, dass für die Zahlungen keine vertragliche Grundlage existierte.

Spätestens 2011 vereinbarten K und H, dass H von den Zahlungen vom Geschäftskonto der A einen gewissen Anteil an den K zurückzahlen sollte. Erste Zahlungen erfolgten in 2011. Ab 2013 erfolgten die Zahlungen aus dem Vermögen der A an H auf ein privates Konto der Ehefrau des H. Da K einen freieren Zugriff auf die aus dem Vermögen der A überwiesenen Gelder forderte, ließ das Ehepaar H Ende 2013 eine weitere EC-Karte für das Privatkonto der Ehefrau des H einrichten, die dem K nebst PIN ausgehändigt wurde, um eigenhändig Barabhebungen vorzunehmen. Später erteilte das Ehepaar H dem K zudem eine Kontovollmacht für das Privatkonto der Ehefrau des H. K wurde zunächst freigestellt und Ende 2017 entlassen. Vor dem Arbeitsgericht einigten sich K und A u. a. darüber, dass K als Ausgleich der von ihm erlangten „Rückzahlungen“ einen bestimmten Betrag an die A zurückzahlt. Seiner Zahlungspflicht aus dieser Einigung kam K zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt nach.

Das beklagte FA beurteilte die an den K geflossenen „Rückzahlungen“ als nach § 22 Nr. 3 EStG einkommensteuerpflichtigen Zufluss und erfasste daraus im Streitjahr 2011 Einkünfte. Das FA erließ einen ESt-Bescheid für 2019, der nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand. Die Steuerfestsetzung erging hinsichtlich der Abziehbarkeit der von dem K geleisteten Rückzahlung an die A nach § 165 Abs. 1 S. 1 und 2 AO vorläufig. Die Rückzahlungen waren steuerlich im Bescheid nicht erfasst. K ist der Ansicht, dass die Veruntreuung von Vermögen zu keiner Steuerpflicht führe.

Entscheidungsgründe

Der Bescheid des FA für 2011 über ESt, in Gestalt der Einspruchsentscheidung, wird dahin gehend abgeändert, dass die sonstigen Einkünfte auf 0,00 EUR herabgesetzt werden (FG Schleswig-Holstein 2.5.24, 4 K 84/23, Abruf-Nr. 243326). Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen.

Da der Hauptantrag der K erfolgreich war, war über den hilfsweise gestellten Antrag nicht zu entscheiden.

Merke | Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 S. 1 EStG sind Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i. S. d. Nrn. § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören.
Eine Leistung i. S. d. § 22 Nr. 3 S. 1 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst (vgl. BFH 14.4.15, IX R 35/13 m. w. N.).
Ein synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung i. S. e. Austauschvertrags ist nicht erforderlich.
Die der ESt unterliegende Zahlung an den Steuerpflichtigen muss als echte wirtschaftliche Gegenleistung durch dessen Leistung veranlasst und ausgelöst sein (vgl. BFH 7.12.10, IX R 46/09). Dabei sind durch Unterschlagung oder durch Untreue erlangte Einnahmen regelmäßig als nicht steuerbare Vermögensmehrungen zu beurteilen (vgl. BFH 19.3.87, IV R 140/84).

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Umsetzung der „Beuteteilungsabrede“ (über Dreieck) steuerrechtlich nicht relevant.

Relevanz für die Praxis

Eine steuerrechtliche Vorfeldberatung für den erkennbar (wirtschafts-)straftatgeneigten Mandanten wird eher selten anzutreffen sein, weshalb es auch hier bei einer Ex-post-Bewertung verbleibt:

Zutreffend merkt das FG an, dass es bei der steuerrechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts keinen Unterschied machen kann, ob K zunächst durch Untreuehandlungen (§ 266 StGB) selbst in den Besitz von veruntreuten Geldern kommt und diese sodann zum Zwecke der Bestechung teilweise an H weiterleitet oder zunächst die Auszahlung an H veranlasst, um dann absprachegemäß davon (teilweise) zu profitieren.

Die vorliegende Entscheidung darf allerdings nicht den Blick davor verstellen, dass durchaus auch in der Begehung von Straftaten sowie der hierdurch erlangten Erlöse steuerrechtliche – und daran anknüpfend auch steuerstrafrechtliche – Implikationen entstehen können, etwa im Bereich der Korruption. In der Praxis entstehen z. B. Konflikte bei Abgabe einer Steuererklärung oder einer Selbstanzeige, weil neue Probleme entstehen (Stichwort: Unvollständigkeit) oder alte nicht gänzlich risikofrei beseitigt werden können (Stichwort: Begrenzung des § 371 AO).

AUSGABE: PStR 3/2025, S. 66 · ID: 50276007

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