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BFH mit überraschender EntscheidungGeldwerter Vorteil ist nicht anhand der unverbindlichen Preisempfehlung zu ermitteln

Abo-Inhalt08.10.200917 Min. Lesedauer

Verkauft ein Autohersteller oder -händler an seine Arbeitnehmer ver­billigt Neufahrzeuge, ist der geldwerte Vorteil unter Berücksichtigung eines händlerüblichen Rabatts zu ermitteln und nicht ausgehend von der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Diese erfreuliche und etwas überraschende Entscheidung hat der BFH getroffen.

Verkauft ein Autohersteller oder -händler an seine Arbeitnehmer ver­billigt Neufahrzeuge, ist der geldwerte Vorteil unter Berücksichtigung eines händlerüblichen Rabatts zu ermitteln und nicht ausgehend von der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Diese erfreuliche und etwas überraschende Entscheidung hat der BFH jetzt getroffen.

Ermittlung des geldwerten Vorteils

Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verbilligt Waren oder Dienstleistungen, führt der Preisvorteil als geldwerter Vorteil zu steuer- und sozial­versicherungspflichtigem Arbeitslohn. Handelt es sich - wie in aller Regel - um Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber vorrangig für seine Kunden anbietet, vertreibt und erbringt, bleibt der geldwerte Vorteil bis zu 1.080 Euro im Jahr steuerfrei (Rabattfreibetrag, § 8 Abs. 3 EStG).

Die Höhe des geldwerten Vorteils errechnet sich aus dem um vier Prozent geminderten „Endpreis“, den der Arbeitgeber oder der nächstansässige Abnehmer für die gleiche Ware oder Dienstleistung am selben Ort von den Kunden verlangt, abzüglich dem vom Arbeitnehmer bezahlten Betrag.

Beispiel

Die Mitarbeiter eines Buchhandels erhalten auf das Sortiment ihres Arbeitgebers einen Rabatt in Höhe von 20 Prozent. Arbeitnehmer A hat im Jahr 2009 für insgesamt 1.000 Euro Bücher gekauft. Der zu versteuernde geldwerte Vorteil ermittelt sich wie folgt:Endpreis am Abgabeort (1.000 Euro : 0,8) 1.250 Euro./. 4 % Bewertungsabschlag50 Euro= Vergleichspreis1.200 Euro./. Vom Arbeitnehmer gezahlter Preis1.000 Euro= Geldwerter Vorteil200 Euro./. Rabattfreibetrag (maximal 1.080 Euro im Jahr)200 EuroZu versteuernder geldwerter Vorteil0 Euro

Endpreis bei stark rabattierten Waren

Endpreis ist der Angebotspreis, zu dem die Ware den Kunden im allgemeinen Geschäftsverkehr am Markt angeboten wird. Nach Ansicht des BFH kann die unverbindliche Preisempfehlung (Listenpreis) des Automobilherstellers nicht als „Endpreis“ angesehen werden. Zwar sei grundsätzlich der Listenpreis als „Endpreis“ heranzuziehen. Das gilt aber nicht, wenn im allgemeinen Geschäftsverkehr in der Regel tatsächlich ein niedrigerer Preis als der Listenpreis gefordert und gezahlt wird.

Und das ist im Kfz-Handel spätestens seit der Abschaffung des Rabattgesetzes im Jahr 2001 der Fall, so der BFH. Wenn im normalen Geschäftsverkehr immer weniger als der Listenpreis gezahlt wird, dann muss bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils ein niedrigerer, unter dem Listenpreis des Herstellers liegender Markpreis als Ausgangsgröße genommen werden (Urteil vom 17.6.2009, Az: VI R 18/07; Abruf-Nr. 092887092887).

Beispiel

Ein Arbeitnehmer kauft von seinem Arbeitgeber (Automobil­hersteller) ein Neufahrzeug für 14.000 Euro. Der Listenpreis des Kfz-Herstellers betrug 17.000 Euro. Durch Rückfrage bei einem Autohaus hat der Arbeitgeber festgestellt, dass auf die unverbindliche Preisempfehlung des Autoherstellers ein Preisnachlass in Höhe von zehn Prozent gewährt wird.

Die Finanzverwaltung will - entsprechend der bestehenden Sonder­regelung (BMF, Schreiben vom 30.1.1996, Az: IV B 6 - S 1334 - 24/96; Abruf-Nr. 093154093154) - nur den halben Händlerrabatt abziehen. Der steuerpflichtige geldwerte Vorteil wäre damit wie folgt zu ermitteln:

Zu versteuernder geldwerter Vorteil (Finanzverwaltung)

Listenpreis 17.000 Euro./. 5 % (halber üblicher Preisnachlass; Händlerrabatt)850 Euro= Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG16.150 Euro./. 4 % Bewertungsabschlag646 Euro= Vergleichspreis15.504 Euro./. Vom Arbeitnehmer gezahlter Preis (ohne Nebenkosten)14.000 Euro= Geldwerter Vorteil1.504 Euro./. Rabattfreibetrag (sofern nicht ausgeschöpft)1.080 EuroZu versteuernder geldwerter Vorteil424 Euro

Nach Auffassung des BFH muss der Endpreis aber durch Abzug des vollen üblichen Händlerrabatts vom Listenpreis ermittelt werden:

Zu versteuernder geldwerter Vorteil (BFH)

Listenpreis 17.000 Euro./. 10 % (üblicher Preisnachlass; Händlerrabatt)1.700 Euro= Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG15.300 Euro./. 4 % Bewertungsabschlag612 Euro= Vergleichspreis14.688 Euro./. Vom Arbeitnehmer gezahlter Preis (ohne Nebenkosten)14.000 Euro= Geldwerter Vorteil688 Euro./. Rabattfreibetrag (sofern nicht ausgeschöpft)1.080 EuroZu versteuernder geldwerter Vorteil0 Euro

Bisherige Rechtsprechung des BFH

Die aktuelle Entscheidung des BFH überrascht. Denn noch Ende 2006 hatte der BFH entschieden, dass bei einer Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 3 EStG von einem Vergleichspreis ohne jegliche Rabattgewährung auszugehen sei (Urteil vom 5.9.2006, Az: VI R 41/02; Abruf-Nr. 062992062992; Ausgabe 1/2007, Seite 5).

Weil der Arbeitnehmer im damaligen Fall dann aber schlechter gestellt wurde, als bei einer Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 2 EStG (ausgehend von dem um übliche Rabatte geminderten Endpreis am Abgabeort), ließ der BFH ein Wahlrecht bei der Bewertungsmethode zu.

Wahlrecht

§ 8 Abs. 2 EStG§ 8 Abs. 3 EStGUm übliche Preisnachlässe geminderter Endpreis am Abgabeort bzw. 96 % des Angebotspreises für Endverbraucher ohne PreisnachlässeAngebotspreis für Endverbraucher ohne Preisnachlässe./. Bewertungsabschlag./. Rabattfreibetrag= Geldwerter Vorteil= Geldwerter Vorteil

Das Wahlrecht fand bei der Finanzverwaltung wiederum keine Zustimmung, weshalb sie das Urteil mit einem Nichtanwendungserlass belegte (BMF, Schreiben vom 28.3.2007, Az: IV C 5 - S 2334/07/0011; Abruf-Nr. 071380071380).

Beachten Sie: Zwar ist zu dieser Frage erneut ein Verfahren beim BFH anhängig (Az: VI R 30/09; Vorinstanz FG Düsseldorf, Urteil vom 30.4.2009, Az: 15 K 4357/08 E; Abruf-Nr. 092185092185). Aufgrund der inzwischen geänderten Auf­fassung des BFH dürfte ein mögliches Wahlrecht künftig aber keine praktische Bedeutung mehr haben.

Folgen für die Praxis

Die BFH-Entscheidung speziell zum Jahreswagenrabatt dürfte auch auf andere Wirtschaftsgüter übertragbar sein, bei denen die Endpreise im Handel deutlich von der unverbindlichen Preisempfehlung abweichen (zum Beispiel in der Elektroniksparte).

Beachten Sie: Dem Nachweis des im üblichen Geschäftsverkehr gewährten Rabatts kommt künftig eine große Bedeutung zu. Im Urteilsfall hatte der BFH einen Anruf bei einem nahegelegenen Autohändler für ausreichend erachtet. Der Automobilhersteller hatte dabei den Rabatt erfragt, den der Autohändler ohne weitere Preisverhandlungen für das spezielle Fahrzeug sofort gewähren würde. Welche Anforderung die Finanzver­waltung künftig an den Nachweis stellen wird, bleibt abzuwarten.

AUSGABE: LGP 10/2009, S. 167 · ID: 130665

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