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Abänderung des VAAbänderung dient nicht der Fehlerkorrektur

Abo-Inhalt10.06.2024310 Min. LesedauerVon VRiOLG a. D. Hartmut Wick, Celle

| Das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist nur für rechtliche oder tatsächliche Veränderungen eines Anrechts nach dem Ende der Ehezeit eröffnet. Es dient nicht dazu, mögliche Fehler zu korrigieren, die bei der Ausgangsentscheidung unterlaufen sind. Die Abänderung des VA ist auch zum Nachteil des Antragstellers zulässig. Dies hat der BGH entschieden. |

Sachverhalt

Die 1981 geschlossene Ehe von M und F wurde 2001 rechtskräftig geschieden. In den (nach früherem Recht durchgeführten) VA einbezogen wurden ein Anrecht der F in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) sowie fünf Anrechte des M, davon je eines in der GRV, bei einer Rechtsanwaltsversorgung und bei seinem Arbeitgeber, einer Bank sowie zwei betriebliche Anrechte beim Versicherungsverein des Bankgewerbes (BVV). Das Anrecht bei der Bank rechnete das AG mithilfe der BarwertVO in eine dynamische Rente um. Das AG führte den Ausgleich i. H. d. hälftigen Wertdifferenz der beiderseitigen gesetzlichen Anwartschaften im Wege des Splittings und bezüglich des Anrechts des M in der Rechtsanwaltsversorgung im Wege des Quasi-Splittings durch. Zusätzlich übertrug das AG der F im Wege des erweiterten Splittings zulasten des Anrechts des M in der GRV eine Anwartschaft i. H. d. damaligen Höchstbetrags von 89,60 DM; im Übrigen behielt es der F den schuldrechtlichen Ausgleich vor.

Inzwischen beziehen beide Ehegatten Altersrente. Im März 20 beantragte die F, die Entscheidung über den VA abzuändern, hilfsweise den schuldrechtlichen VA durchzuführen. Das AG hat die Ausgangsentscheidung abgeändert und sämtliche Anrechte der Ehegatten intern geteilt. Auf die Beschwerde der F hat das OLG den Ausgleichswert des bei der Bank bestehenden Anrechts abgeändert und die Beschlussformel um einzelne Klarstellungen und Maßgaben ergänzt, um die interne Teilung durchzuführen. Die weitergehende Beschwerde der F und die Beschwerde des M hat das OLG zurückgewiesen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde des M ist begründet (BGH 18.10.23, XII ZB 197/23, Abruf-Nr. 239452).

Entscheidungsgründe

Eine nach früherem Recht ergangene VA-Entscheidung kann gem. § 51 Abs. 1 und 2 VersAusglG abgeändert werden, wenn sich der Ausgleichswert eines Anrechts wesentlich geändert hat. Betrifft die Wertänderung ein betriebliches Anrecht, ist eine solche Abänderung auch möglich, wenn eine (auf Dynamisierungsverfehlung gestützte) Abänderung nach § 51 Abs. 3 VersAusglG im konkreten Fall wegen der Sperrwirkung des Abs. 4 ausgeschlossen wäre. Das Abänderungsverfahren ist aber nur für echte Wertänderungen des Anrechts eröffnet und nicht dafür, mögliche Fehler, die bei der Ausgangsentscheidung unterlaufen sind, zu korrigieren (BGH FamRZ 16, 620).

Das OLG hat keine eigenen Feststellungen über die Ausgleichswerte der Anrechte des M bei der Bank und beim BVV getroffen, sondern nur ausgeführt, dass zwischen dem der Ausgangsentscheidung zugrunde liegenden Ausgleichswert und der neu erteilten Versorgungsauskunft eine rechnerische Betragsdifferenz besteht. Es hat nicht aufgeklärt, ob der ermittelte Unterschied darauf beruht, dass sich nachträglich der Wert des Anrechts geändert hat oder dass die Ausgangsentscheidung fehlerhaft war, etwa aufgrund seinerzeit unrichtig erteilter Versorgungsauskunft. Die Sache muss daher an das OLG zurückverwiesen werden, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholt. Das OLG muss aufklären, warum der Wert der Anrechte jetzt niedriger angegeben wird als im Ausgangsverfahren.

Sollte sich nach vollständiger Sachaufklärung ergeben, dass sich tatsächlich der Wert wesentlich geändert hat, wäre das Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG eröffnet. Dem stünde nicht entgegen, dass sich die Abänderung rechnerisch nicht zugunsten der antragstellenden F, sondern zugunsten des M auswirken würde. Zwar muss sich die begehrte Abänderung gemäß § 51 Abs. 5 VersAusglG i. V. mit § 225 Abs. 5 FamFG zugunsten eines Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen auswirken. Damit soll in erster Linie verhindert werden, dass ein Versorgungsträger ausschließlich zu seinen Gunsten eine Abänderung begehrt. Es kann aber weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzgebungsmaterialien entnommen werden, dass Abänderungsanträge eines Ehegatten ausgeschlossen sein sollen, die sich zugunsten des anderen Ehegatten oder dessen Hinterbliebenen auswirken. Auch ein Rechtsschutzbedürfnis der antragstellenden F hat das OLG hier zu Recht bejaht, weil sie auch das Interesse verfolgt, die interne oder externe Teilung von Anrechten zu erreichen, die bisher dem schuldrechtlichen VA vorbehalten waren.

Relevanz für die Praxis

Der BGH bestätigt seine Rechtsprechung, dass das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG nicht für die reine Fehlerkorrektur eröffnet ist. Der Einstieg in das Abänderungsverfahren gelingt vielmehr nur, wenn bei (mindestens) einem in die Ausgangsentscheidung einbezogenen Anrecht seit Ende der Ehezeit eine wesentliche Wertänderung eingetreten ist. Nur wenn diese Voraussetzung gegeben ist, können im Rahmen des (damit eröffneten) Abänderungsverfahrens auch Fehler korrigiert werden, die in der Ausgangsentscheidung unterlaufen sind (vgl. dazu Wick FK 16, 172).

Für die Feststellung einer wesentlichen Wertänderung reicht es laut BGH nicht aus, dass zwischen dem in der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegten Ausgleichswert eines Anrechts und dem Ausgleichswert, der sich aus der im Abänderungsverfahren eingeholten neuen Auskunft ergibt, ein wesentlicher Wertunterschied besteht. Es muss auch geklärt werden, worauf die unterschiedlichen Ausgleichswerte beruhen. Dazu muss zum einen festgestellt werden, ob der Ausgleichswert (Hälfte des Ehezeitanteils, § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) in der Ausgangsentscheidung nach den damals geltenden Bestimmungen zutreffend ermittelt worden ist. Zum anderen ist festzustellen, ob der in der aktuellen Auskunft angegebene Ausgleichswert nach neuem Recht zutreffend berechnet worden ist. Der frühere und der aktuelle Ausgleichswert sind z. B. nur vergleichbar, wenn beide auf denselben Bewertungsstichtag bezogen sind. Das ist nicht der Fall, wenn die Bewertung im Ausgangsverfahren gem. § 1587a Abs. 2 BGB a. F. (jetzt § 5 Abs. 2 VersAusglG) auf das Ehezeitende bezogen wurde, im Abänderungsverfahren aber auf den Zeitpunkt bezogen wird, ab dem die Abänderungsentscheidung wirksam wird, d. h. auf den ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt (§ 52 Abs. 1 VersAusglG i. V. m. § 226 Abs. 4 FamFG). Nach Ansicht des BGH (FK 17, 12) ist auch die Bewertung im Abänderungsverfahren auf das Ehezeitende zurückzubeziehen.

Die anwaltliche Beratungspraxis wird durch diese neue Entscheidung nicht gerade erleichtert. Die Erfolgsaussicht eines Abänderungsantrags kann künftig nur schwer prognostiziert werden. Dies gilt vor allem, wenn in die Ausgangsentscheidung betriebliche Anrechte einbezogen worden sind, die gem. § 1587a Abs. 4, Abs. 3 Nr. 2 BGB a. F. mithilfe der BarwertVO zu dynamisieren waren. Meist fehlen Anwälten, aber auch den Familiengerichten die Kenntnisse des früheren Rechts, die erforderlich sind, um die ergangenen Entscheidungen und ihre Transformation in das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG zu verstehen. Hinzu kommt, dass auch die Einstiegsvoraussetzungen für dieses Verfahren sehr unübersichtlich sind. Die Abänderung nach § 51 Abs. 1 VersAusglG setzt z. B. voraus, dass die Wertänderung gerade bei einem in den früheren Ausgleich einbezogenen Anrecht vorliegt. Insoweit kommen Anrechte, die im Ausgangsverfahren komplett dem schuldrechtlichen VA vorbehalten geblieben sind, nicht in Betracht. Nur wenn ein öffentlich-rechtlicher Teilausgleich gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG stattgefunden hat, kann das Anrecht im Rahmen eines Abänderungsverfahrens berücksichtigt werden.

Selbst wenn die Ausgangsentscheidung keine Fehler erkennen lässt und sich aus den neuen Auskünften bei (mindestens) einem in den früheren Ausgleich einbezogenen Anrecht eine wesentliche Wertänderung ergibt, wird für Anwälte häufig fraglich sein, ob sich die mit der Abänderungsentscheidung vorzunehmende Totalrevision gerade zugunsten des vertretenen Ehegatten auswirken wird. Nach der Rechtsprechung des BGH muss damit gerechnet werden, dass die Abänderung auch zuungunsten des antragstellenden Ehegatten erfolgen würde. Deshalb muss, wenn aktuelle Auskünfte vorliegen, (erneut) sorgfältig geprüft werden, ob der gestellte Abänderungsantrag aufrechterhalten werden soll. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass ein Abänderungsverfahren für den antragstellenden Ehegatten trotz einer ihm nachteiligen Wertänderung vorteilhaft sein kann, weil er dadurch erreichen kann, dass die Anrechte des anderen Ehegatten nicht dem schuldrechtlichen VA vorbehalten bleiben, sondern aufgrund der Totalrevision intern oder extern geteilt werden können.

Praxistipp | Solange der andere Ehegatte noch keinen eigenen Abänderungsantrag gestellt hat, kann ein Antragsteller eine Abänderungsentscheidung noch verhindern, indem er den Abänderungsantrag zurücknimmt (im Beschwerdeverfahren allerdings nur noch mit Zustimmung aller Beteiligten, § 22 Abs. 1 S. 2 FamFG). Zwar kann der andere Ehegatte seinerseits ein (neues) Abänderungsverfahren einleiten. Die darauf ergehende Entscheidung würde jedoch gem. § 52 Abs. 1 VersAusglG i. V. m. § 226 Abs. 4 FamFG erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden.

AUSGABE: FK 7/2024, S. 122 · ID: 49993277

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