Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Mai 2025 abgeschlossen.
Unternehmenssteuerung Kennzahlen im Autohaus – so interpretieren und nutzen Sie diese richtig
| Kennzahlen sind in Unternehmen die zentralen Größen für Führungsentscheidungen. Gerade in einem so komplexen Geschäftsmodell wie dem Automobilhandel entsteht eine Vielzahl von Daten, die mehr oder weniger geeignet sind, den Status des Unternehmens zu einem bestimmten Thema darzustellen – z. B. Eigenkapital, Liquidität, Lagerumschlag, aber auch Fluktuation und Kundenzufriedenheit. In einer sechsteiligen Beitragsserie erklärt ASR, wie Autohäuser Kennzahlen richtig interpretieren und für sich nutzen können. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Risikomessung. |

Bestandsgefährdende Entwicklungen früh erkennen
Alle Kapitalgesellschaften – also auch die GmbH und GmbH & Co. KG – sind verpflichtet, mögliche bestandsgefährdende Entwicklungen früh zu erkennen. Diese sind das Resultat eingetretener Risiken. Daher müssen Unternehmen Risiken identifizieren, quantifizieren und aggregieren, um bei Bedarf – wie im Gesetz gefordert – geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Trotz Präzisierungen etwa bezüglich der Risikoaggregation im IDW-Prüfungsstandard 340 ist heute der 2022 verabschiedete Risikomanagement-Standard des Deutschen Instituts für Interne Revision, der DIIR RS 2.1, eine bessere Leitlinie für das Risikomanagement. Denn er erfasst auch die Anforderungen an das Risikomanagement aus § 93 AktG und § 1 StaRUG.
Auch die Anfang des Jahres aktualisierten Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) sind aus rechtlicher Perspektive eine wichtige Leitlinie. Diese stellen nämlich insbesondere für mittelständische Unternehmen klar, dass sie Controlling und Unternehmensplanung einerseits und Risikomanagement andererseits integrieren sollten, um gesetzlichen Anforderungen zu genügen und einen ökonomischen Mehrwert zu schaffen.
Wie ein Autohaus mit Chancen und Gefahren umgehen sollte
Jede unternehmerische Tätigkeit ist mit Chancen und Gefahren, also Risiken, verbunden. Der Erfolg eines Autohauses hängt daher wesentlich von seiner Fähigkeit ab, mit diesen umzugehen.
Risiken kennen – und das Autohaus erfolgreicher managen
Risikomanagement ist notwendig, weil sich die Zukunft nicht sicher vorhersehen lässt und sowohl Chancen als auch Gefahren Planabweichungen auslösen können. Kennt ein Autohaus diese Risiken gut, kann es bessere unternehmerischen Entscheidungen treffen – was zu einem nachhaltig größeren Unternehmenserfolg führt.
Praxistipp | Neben finanzieller Nachhaltigkeit und einer robusten Strategie ist es für die Überlebensfähigkeit eines Autohauses entscheidend, dass es mit Risiken umzugehen weiß. Entsprechend wichtig sind Kriterien, mit denen das Autohaus die Leistungsfähigkeit seines Risikomanagements und damit letztendlich auch seine Zukunftsfähigkeit beurteilen kann. |
Das sind die wesentlichen Risiken für Autohäuser
Wesentliche Risiken sind die strategischen Risiken (insbesondere Bedrohungen der Erfolgspotenziale), volkswirtschaftliche Risiken (etwa Zölle) und die Unsicherheiten bezüglich wesentlicher Planannahmen (etwa bezüglich der Entwicklung von Nachfrage, Rohstoffpreisen und Zinsen). Doch auch operative Risiken in Verkauf und Aftersales, Risiken der Unterstützungsprozesse (z. B. Cyber-Risiken) und Nachhaltigkeits- sowie Personalrisiken sollte ein Autohaus beachten.
So lässt sich die eigene Zukunftsfähigkeit ermitteln
Eine praktische Möglichkeit, die Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens zu ermitteln, bietet die nachfolgende Tabelle. Mit ihr lassen sich wesentliche Kernfragen bewerten.
– | - | 0 | + | ++ | ||
Q1 | Reales Wachstum: Das Unternehmen weist ein nachhaltiges, positiv reales Wachstum auf. Der Marktanteil sinkt nicht, und die Eigenkapitalrendite liegt mittelfristig über der Wachstumsrate. | |||||
Q2 | Finanzielle Stabilität und Bonität: Die durch das Rating ausgedrückte Insolvenzwahrscheinlichkeit liegt bei unter einem Prozent pro Jahr (ca. ein „BB“-Rating) und bleibt auch in risikobedingt möglichen Stressszenarien auf einem Niveau, das die Finanzierung des Unternehmens nicht gefährdet. | |||||
Q3 | Geringes Unternehmensrisiko: Das Unternehmen weist keine existenzgefährdenden strategischen Risiken (speziell Bedrohung der Erfolgspotenziale) sowie ein unterdurchschnittliches Ertragsrisiko auf – und damit hohe Planungssicherheit. | |||||
Q4 | Rentabilität und Wertgenerierung (Rendite > Kapitalkosten): Das Unternehmen schafft nachhaltig Wert – d . h., die Kapitalrendite liegt über dem risikoabhängigen Kapitalkostensatz. | |||||
Q5 | Leitbild, Kultur (Purpose) und Beschäftigte: Das Unternehmen weist ein zukunftorientiertes Leitbild und eine gewachsene Unternehmenskultur auf. Insbesondere orientiert es sich an den Prinzipien einer wertorientierten Unternehmensführung und verfügt über kompetente, engagierte Beschäftigte (z. B. wegen eines attrakiven „Purpose“). | |||||
Q6 | Robuste Strategie: Das Unternehmen hat eine dokumentierte, Erfolg versprechende und robuste Strategie mit langfristig tragfähigen Erfolgspotenzialen, insbesondere Wettbewerbsvorteilen (wie z. B. einer Marke), und setzt diese im Tagesgeschäft um. | |||||
Q7 | Leistungserstellung, Organisation und Ressourcen: Die Leistungserstellung des Unternehmens ist effizient, resilient, strategiekonform organisiert und bindet die Beschäftigten adäquat ein. | |||||
Q8 | Rechnungslegung, Planung und Governance: Rechungslegung und Unternehmensplanung entsprechen den Anforderungen an kapitalmarktorientierte Unternehmen. Strukturen und Regelungen sichern eine „gute Unternehmensführung“ (Corporate Governance). | |||||
Q9 | Risikomanagement: Das Unternehmen verfügt über ein Risikomanagement, das allen gesetzlichen Anforderungen gerecht wird, d. h. insbesondere mögliche „bestandsgefährdende Entwicklungen“ durch Einzelrisiken oder Kombinationseffekte durch Risikoanalyse und Risikoaggregation früh erkennt und bewältigt (§ 91 AktG und § 1 StaRUG). | |||||
Q10 | Fundierte Vorbereitung „unternehmerischer Entscheidungen“: Unternehmerische Entscheidungen basieren auf „angemessenen Informationen“ (§ 93 AktG/§ 43 GmbHG), insbesondere einer Risikoanalyse, und orientieren sich am Unternehmenswert als Erfolgsmaßstab (Performancemaß und Kennzahl des Ertrag-Risiko-Profils). |
Die zehn Dimensionen zukunftsfähiger Unternehmensführung
Die obigen, vom QScore-Institut entwickelten zehn Dimensionen zukünftsfähiger Unternehmensführung bieten in ihrer Bewertung ein Raster, an dem sich Autohäuser orientieren können, um auf der obersten Kennzahlenebene jeweils Stärken und Schwächen herauszuarbeiten. Betrachtet wird dabei sowohl die finanzielle Robustheit wie auch die gesellschaftsrechtliche Aufstellung sowie die Ausschöpfung strategischer Potenziale.
Intensive Vorbereitung und klares Zielbild des Unternehmens sind nötig
Eine „++“ Bewertung bedeutet dabei, dass das Unternehmen diese Dimension bereits sehr gut umsetzt, während eine „--“ Bewertung auf ein erhebliches Defizit und damit dringendes Handlungspotenzial hinweist. Die Bewertung sollte mit allen Führungskräften der ersten und zweiten Ebene in einem Workshop vorgenommen werden. Entscheidend für ein aussagefähiges Ergebnis sind dabei insbesondere eine intensive Vorbereitung sowie ein klares Zielbild des Unternehmens. Die Kriterien sind so gestaltet, dass sie statistisch eine hohe Aussagekraft bezüglich zukünftiger Erfolgs- und Gefährdungspotenziale aufweisen – aber dabei natürlich den Willen der Gesellschafter und Geschäftsführer zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit dem Status quo voraussetzen.
Wichtig | Ein ökonomischer Mehrwert entsteht daraus insbesondere dann, wenn das Autohaus bei unternehmerischen Entscheidungen deren Implikationen für die zukünftig zu erwartenden Erträge einerseits und für Risiko und Rating andererseits systematisch mit beurteilt.
Handlungsempfehlungen für Autohäuser
Ein Autohaus sollte für sein Risikomanagement, soweit möglich, bereits bestehende und bewährte Managementsysteme wie Controlling, Planung, Qualitätsmanagement und Projektmanagement nutzen. So kann es einen integrierten, wertorientierten Unternehmenssteuerungsansatz entwickeln.
Wichtig | Die zentrale Aufgabe der Geschäftsführung im Automobilhandel ist es, die geplanten oder bereits realisierten Erträge im Autohaus in Relation zu den damit eingegangenen Risiken zu stellen. Denn: Ein hoher Verkaufserfolg heute, der mit entsprechenden Rücknahmerisiken einhergeht, ist möglicherweise in der Gesamtbetrachtung sogar ein Verlustgeschäft.
- Teil 2 der Serie in ASR 6/2025 beschäftigt sich mit den Kapital-Kennzahlen.
AUSGABE: ASR 5/2025, S. 19 · ID: 50377005