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CybersicherheitDie digitale Gefahr: Wie sich Autohäuser gegen Cyberattacken wehren können

Abo-Inhalt24.02.20255 Min. Lesedauer von Harald Czycholl-Hoch, freier Wirtschaftsjournalist

| Der deutschen Wirtschaft entstehen durch Cyberangriffe jedes Jahr Kosten von über 200 Milliarden Euro. Viele Unternehmen sind aber nur unzureichend vorbereitet. Der Handlungsbedarf ist groß – auch, weil Geschäftsführer persönlich für mögliche Schäden haften. ASR klärt über die Gefahren auf und erläutert, was Autohäuser tun können, um sich zu schützen. |

Automobilhandel: Lukratives Ziel für Cyberkriminelle

Ohne IT ist alles nichts – das merkt man spätestens dann, wenn sie nicht mehr zur Verfügung steht. Etwa, wenn Hacker die Computersysteme infiltriert und lahmgelegt haben. Umsatzstarke Branchen wie der Automobilhandel sind für Cyberkriminelle lukrative Ziele. Im Angriffsfall entsteht nicht nur monetärer Schaden, sondern auch Informationsabfluss, Reputationsverlust und ein Systemstillstand, der zur Unterbrechung der Arbeitsfähigkeit führt.

Praxistipp | Um das Risiko von Cyberattacken zu minimieren und sich und die Kunden zu schützen, sollten Autohäuser sich mit Sicherheitsanforderungen auseinandersetzen. Risikoanalysen und entsprechende Maßnahmen helfen ihnen, über Risiken Bescheid zu wissen und diese zu minimieren.

Kleine und mittlere Unternehmen sind überproportional häufig Opfer von Ransomware-Attacken, berichtet das BSI. Dabei dringen die Cyberkriminellen in die Unternehmens-IT ein, verschlüsseln sämtliche Daten – und fordern anschließend Lösegeld, um sie wieder freizugeben. Wenn man nicht zahlt, so die Drohung, werden die gestohlenen Daten im Darknet – dem unregulierten Teil des Internets – veröffentlicht.

Fallbeispiel 1: Ransomware-Angriff auf Autohausgruppe

Zwölf Marken, fünf Standorte, ein Hackerangriff: Eine Flensburger Autohausgruppe wurde 2022 Ziel russischer Cyberkrimineller. Sämtliche Daten, ob vom Server oder Mitarbeiter-PC, waren weg, die Bildschirme blieben schwarz. Zugriff gebe es nur gegen Lösegeld, so die Botschaft der Hacker.
Lösung: Anstatt zu zahlen, reagierte das Familienunternehmen auf radikalstmögliche Weise: Die Geschäftsführerin liquidierte die verschiedenen Gesellschaften der Unternehmensgruppe und fing von vorn an. Mit den Neugründungen hatte sie am Ende Erfolg – auch, wenn sie diverse Hürden nehmen musste.

Ist die Firmen-IT infiziert oder lahmgelegt, entstehen den Unternehmen hohe Kosten. Bis alles wieder hergestellt ist, kann es Wochen dauern.

Notfallplan ist das A und O

Trotz der enormen wirtschaftlichen Risiken sind viele Unternehmen immer noch unzureichend auf Cyberattacken vorbereitet. So verfügt laut Bitkom nur gut jedes zweite Unternehmen hierzulande (54 Prozent) über einen Notfallplan mit schriftlich geregelten Abläufen und Ad-hoc-Maßnahmen für den Fall von Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage.

Wichtig | Experten zufolge ist der Faktor Zeit bei der Abwehr eines Cyberangriffs entscheidend: Je länger die Kriminellen im Computersystem sind, desto mehr Zeit haben sie, sensible Daten zu beschaffen.

Praxistipp | Autohäuser sollten einen Notfallplan aufstellen, um bei einem Cyberangriff keine Zeit zu verschwenden: Abläufe und Ad-hoc-Maßnahmen für den Fall von Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage sollten sie schriftlich festhalten.

Schulungen für Mitarbeiter anbieten

Nachholbedarf haben die Unternehmen auch bei der Sensibilisierung der Belegschaft: Nur 61 Prozent führen regelmäßige Schulungen zu Sicherheitsthemen durch. Weitere 13 Prozent planen, Schulungen anzubieten – aber jedes vierte Unternehmen (25 Prozent) will auch künftig darauf verzichten. Dabei sind die Mitarbeiter die erste Abwehrreihe gegen Cyberkriminelle.

Praxistipp | Autohäuser sollten ihre Mitarbeiter über Risiken und Arten von Cyberangriffen aufklären und erklären, wie sie sich richtig verhalten.

Sicherheitskonzept erstellen

Bestimmte Verhaltensweisen sind weit verbreitet, aber hochriskant – etwa die Nutzung von öffentlichen oder fremden WLAN-Netzwerken mit dem Diensthandy oder -laptop. Sicherer ist hier die Nutzung mobilen Internets bspw. über ein eingebautes Empfangsteil oder einen entsprechenden Stick.

Praxistipp | Aus technisch-organisatorischer Sicht ist ein durchgehendes Sicherheitskonzept notwendig, das IT-Abteilung und Geschäftsführung Hand in Hand erarbeiten sollten – und das mindestens einmal jährlich auf Angemessenheit und Wirksamkeit geprüft wird. Im Zuge dessen muss auch der Schutzbedarf klar definiert werden. Technisch gilt es, wirksame Maßnahmen unter anderem in den Bereichen Datensicherung und Back-up, Hackerresistenz und Sicherheitsmonitoring zu implementieren.

Ein Sicherheitskonzept wird auch deshalb immer wichtiger, weil die regulatorischen Vorgaben schärfer werden. So erweitert die neue NIS-2-Richtlinie der Europäischen Union den Adressatenkreis besonderer Cybersicherheitsvorschriften. Autohäuser sind also gefordert, Maßnahmen zum Risikomanagement zu ergreifen und ihre IT-Compliance zu verbessern.

Und noch etwas – was oft verdrängt wird: Vorstände und Geschäftsführer stehen persönlich in der Haftung, wenn es durch einen ernsthaften Cyberangriff etwa zu einer Betriebsunterbrechung kommt, personenbezogene Daten entwendet werden oder schlimmstenfalls sogar Insolvenz angemeldet werden muss. Das gilt übrigens auch, wenn man auf IT-Dienstleister zurückgreift. Denn Vorstände einer AG haben nach § 91 Abs. 2 AktG und Geschäftsführer einer GmbH analog § 91 Abs. 2 AktG die Pflicht, ein Überwachungssystem einzurichten, mit dem sie Entwicklungen früh erkennen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden. Darunter fällt für die Geschäftsleitung auch die Pflicht, ein effizienten IT-System einzurichten, um das Unternehmen vor Cyberangriffen zu schützen.

Fallbeispiel 2: Gefälschte Angebote des Autohauses Dobbratz

Eine gekaperte mobile.de-Anbieterseite sorgte für eine Menge Ärger: Anfang 2021 wurde das Autohaus Dobbratz aus Lamspringe in Niedersachsen Opfer eines Hackerangriffs. Gebrauchtfahrzeuge, die das Autohaus tatsächlich verkaufen wollte, wurden auf der Fake-Seite rund 20.000 Euro günstiger angeboten. Wer sich für die Angebote interessierte, wurde durch Anklicken einer E-Mail-Adresse auf eine andere Seite weitergeleitet, auf der persönliche Daten und eine Bankverbindung für eine angebliche Anzahlung eingegeben werden sollten. Interessenten merkten den Betrugsversuch und meldeten sich schnell im Autohaus.
Lösung: mobile.de nahm die Fake-Seite umgehend offline – und zwei Autohausmitarbeiter schrieben einen Tag lang Mails an Kunden, um sie von dem Angriff in Kenntnis zu setzen.

Vorhandene D&O- und Cybercrime-Versicherungen prüfen

Auch D&O- und Cybercrime-Versicherungen schützen die Unternehmenslenker nur, wenn sie eine ausreichende Absicherung vor Hackerangriffen nachweisen können (Stichwort Obliegenheiten des Versicherungsnehmers).

Praxistipp | Autohäuser sollten ihre D&O- und Cybercrime-Versicherungen prüfen, ob die Policen ausreichenden Schutz vor Hackerangriffen bieten und ggf. ihren Anbieter wechseln.

Einmal im Monat Cyberresilienz im Autohaus prüfen

Es ist nicht nur aufgrund der Vorgaben des Gesetzgebers und der Haftungsfragen sinnvoll: Es sollte im ureigenen Interesse jedes Autohauses liegen, die IT-Systeme und sensible Unternehmensdaten vor dem Zugriff durch Cyberkriminelle zu schützen – und die eigene Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten.

Praxistipp | Die Geschäftsführung sollte die Weisung geben, mindestens einmal im Monat durch sogenannte Penetrationstests die Cyberresilienz ihres Autohauses überprüfen zu lassen; d. h., einen Hackerangriff simulieren und so Sicherheitslücken aufdecken.

AUSGABE: ASR 5/2025, S. 22 · ID: 50325216

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