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ZRZahnmedizinReport

ZR-Fachgespräch„Präzisionsentscheidend sind System, Planung und Erfahrung des Operateurs!“

Abo-Inhalt23.06.20256555 Min. Lesedauer

| Nachhaltige Implantologie gehört nach Auffassung von Dr. Leoni Spilker in das Gesamtkonzept einer modernen Praxis und sollte nicht als separates Gebiet gesehen werden. Wir sprachen mit ihr über die Herausforderungen bei der Implantatinsertion und ihre Erfahrungen im Hinblick auf das Erzielen höchstmöglicher Präzision. |

ZR_Interview_Dr. Spilker_Topnews.jpg (Bild: Privat - bearbeitet IWW)
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Bild: Privat - bearbeitet IWW

REDAKTION: Frau Dr. Spilker, in der Literaturmeinung herrscht Einigkeit darüber, dass die Freihand-Implantation ungenauer als eine geführte Implantatinsertion ist. Bezüglich des Vergleichs „dynamische versus statische Navigation“ gibt es dagegen gegensätzliche Aussagen zur Genauigkeit beider Verfahren. Welche klinische Erfahrung und Empfehlungen können Sie hierzu aus Ihrer Sicht geben?

SPILKER: Tatsächlich zeigt sich in der Literatur eine klare Überlegenheit der navigierten Implantation gegenüber der Freihandtechnik, insbesondere in Bezug auf Winkel- und Positionsgenauigkeit. Aus klinischer Sicht hängt die Wahl des Verfahrens stark vom Fall ab:

  • Die statische Navigation eignet sich besonders für einfachere Fälle mit klar definierten Implantatpositionen. Sie ist relativ präzise und zuverlässig – vorausgesetzt, die Schablone ist spannungsfrei und korrekt positioniert. Allerdings haben uns Studien gezeigt, dass es durchschnittlich zu Abweichungen von 1,2 mm an der Implantatschulter und 1,4 mm am Apex kommen kann. Bei extrem schmalen Lücken ist eine solche Abweichung schon groß. Hier kommt es auch auf die Erfahrung des Behandlers an, sich nicht blind auf das navigierte Verfahren zu verlassen, sondern immer auch selbst intraoperativ zu prüfen, ob alles passt.
  • Die dynamische Navigation hingegen bietet vor allem bei komplexeren anatomischen Situationen, bei eingeschränktem Zugang oder bei Bedarf nach intraoperativer Flexibilität Vorteile. Denn hierbei kann – je nach intraoperativem Verlauf – die Planung während der OP geändert werden. Das ist mit statischen Schablonen ja nicht möglich.

Entscheidend für die Präzision ist letztlich nicht nur das System, sondern die Erfahrung des Operateurs und eine gewissenhafte Planung.

REDAKTION: Subtraktiv oder additiv hergestellte Bohrschablone – welcher geben Sie den Vorzug und warum?

SPILKER: Früher habe ich auf subtraktiv gefertigte Bohrschablonen zurückgegriffen, vor allem wegen ihrer hohen Präzision und Stabilität waren sie deutlich überlegen. Inzwischen gewinnt jedoch die additive Fertigung zunehmend an Bedeutung.

Aktuelle Studien zeigen, dass die Genauigkeit additiv gefertigter Schablonen durchaus mit der Genauigkeit subtraktiver Verfahren vergleichbar ist. Für die meisten Situationen in der Praxis halte ich daher eine hochwertig gefertigte, additiv hergestellte Schablone für absolut ausreichend – insbesondere dann, wenn sie beispielsweise nur für die Pilotbohrung verwendet wird.

Bei komplexen Fällen und bei Implantationen mit geplanter Sofortversorgung ist es wirklich entscheidend, eine optimale Passung zu gewährleisten. Da würde ich mich für den Industriestandard entscheiden und nicht auf Drucker verlassen, die diese Präzision nicht einhalten können. Außerdem hat man bei der additiven Variante mehr Freiheiten in der Gestaltung der Schablone.

REDAKTION: Haben Sie bereits Erfahrungen mit stapelbaren Bohrschablonen gemacht und falls ja, welche?

SPILKER: Ja, ich habe bereits mit stapelbaren Schablonensystemen gearbeitet, vor allem im Rahmen komplexer Versorgungen bei zahnlosen Kiefern oder bei All-on-X-Konzepten.

Diese Systeme erlauben eine schrittweise, sehr strukturierte Vorgehensweise und erhöhen die Präzision, etwa durch separate Führungsschritte für Pilotbohrung, Erweiterungsbohrung und Implantatpositionierung. Gleichzeitig kann durch die klare Abfolge chirurgischer Schritte intraoperativ effizient gearbeitet werden. Natürlich ist der Planungs- und Logistikaufwand höher, doch das Ergebnis rechtfertigt diesen Aufwand in vielen Fällen.

REDAKTION: Ganz allgemein, was sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Fehler oder Fallstricke bei der Implantatinsertion, die Kollegen und Kolleginnen (wie) vermeiden können?

SPILKER: Ein häufiger Fehler ist eine unzureichende dreidimensionale Planung – etwa, wenn prothetische Überlegungen nicht ausreichend in die chirurgische Planung einfließen. Auch die Nichtbeachtung anatomischer Strukturen kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen und darf in heutigen Zeiten eigentlich nicht mehr passieren.

Ein weiterer häufiger Fehler ist die falsche Implantatposition. Selbst wenn man navigiert implantiert, wer die Position vorher falsch geplant hat, erhält kein perfektes Ergebnis! Das Denken nimmt einem die Software ja (noch) nicht ab. Ein weiterer Fallstrick ist die nicht situationsgerechte Anwendung des Bohrprotokolls, etwa bei atypischer Knochendichte. Und auch nicht zu vernachlässigen ist das richtige Lappendesign und der Umgang mit Weichgewebe.

Vermeiden lassen sich diese Fehler und Komplikationen durch Wissen, was man in strukturierten Fortbildungen oder von Mentoren lernen kann. Und egal auf welcher Stufe man sich implantologisch befindet, man sollte immer demütig bleiben, sich hinterfragen und sich auch während des Eingriffs kritisch selbst kontrollieren.

REDAKTION: Frau Dr. Spilker, vielen Dank für dieses Gespräch!

AUSGABE: ZR 7/2025, S. 8 · ID: 50439342

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