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WettbewerbsrechtLG Baden-Baden: Unzulässige Abänderung von Verträgen bei Schweigen des Kunden

Top-BeitragAbo-Inhalt12.09.20242392 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr, Hamburg

| Schweigt ein Verbraucher-Kunde auf das Angebot zur Erweiterung eines Versicherungsvertrags, die mit Mehrkosten verbunden ist, so kann der Vermittler nicht einseitig die Vertragsbedingungen abändern. Das hat das LG Baden-Baden im Fall eines Versicherungsvertreters entschieden. |

Um diesen Fall ging es beim LG Baden-Baden

Im konkreten Fall hatte ein Versicherungsvertreter Kunden angeschrieben, die eine Versicherung abgeschlossen hatten und diesen eine kostenpflichtige Erweiterung angeboten. Er schrieb u. a.: „Für die deutlichen Mehrleistungen wird jedoch ein jährlicher Mehrbetrag von 35 Euro brutto notwendig. Sollten wir innerhalb der nächsten 14 Tage keine anderslautende Rückmeldung von Ihnen erhalten, werden wir die Umstellung Ihres Vertrages zum 31.12.202 für Sie veranlassen.” Reagierte ein Kunde nicht auf diese Nachricht, wurde der Vertrag auf die neuen Konditionen umgestellt.

LG Baden-Baden: Schweigen ist keine Willensänderung

Das LG Baden-Baden stufte dies als wettbewerbswidrig ein. Denn Schweigen sei keine Willenserklärung. In dem Schreiben werde als Folge des Schweigens eine kostenpflichtige Vertragsumstellung festgelegt. Dies ist unzulässig, weil es eine Irreführung darstellt. Es wird dem Verbraucher gegenüber verschwiegen, dass dessen Schweigen eben keine Willenserklärung ist. Das verstößt gegen § 5 Buchst. a) Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 1 und § 3 UWG (LG Baden-Baden, Urteil vom 27.03.2024, Az. 5 O 26/23 KfH, Abruf-Nr. 243726).

Der Vertreter täuscht den Verbraucher über die ihm zustehenden Rechte, was gegen § 5 Abs. 2 Nr. 7 und § 3 UWG verstößt: Der Vertreter suggeriert Rechte – hier die bestehende Beauftragung zur Umstellung des Vertrags – die ihm nicht zustehen. Er verschafft sich durch seine unzutreffenden Ausführungen einen Vorsprung durch Rechtsbruch gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern.

Handeln des Vertreters ist auch nicht durch § 40 VVG legitimiert

Das Handeln des Vertreters könne auch nicht durch § 40 VVG gerechtfertigt werden. Nach § 40 Abs. 1 S. 1 VVG kann der Verbraucher sofort kündigen, wenn der Versicherer aufgrund einer Anpassungsklausel die Prämie erhöht, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes entsprechend ändert. Nach § 40 Abs. 2 WG gilt dies entsprechend, wenn der Versicherer aufgrund einer Anpassungsklausel den Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne die Prämie entsprechend herabzusetzen.

Diese Konstellationen liegen hier nicht vor. Denn hier sollte eine Umstellung des Vertrags erfolgen, wobei für die deutlichen Mehrleistungen ein Mehrbetrag von 35 Euro geltend gemacht worden war, so das LG.

AUSGABE: VVP 10/2024, S. 6 · ID: 50160207

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