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KrankenversicherungGKV-Hybridmodell: BFH präzisiert steuerliche Regeln zur Absetzbarkeit der Beiträge

Top-BeitragAbo-Inhalt16.08.2024359 Min. LesedauerVon Walter Benda, Sachverständiger mit Spz. PKV, Versicherungsmakler & Dozent

| Das Hybridmodell der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit Wahltarif Kostenerstattung sowie ergänzender Zusatz-Krankenversicherung ist eine Nische für jene, die nicht in die PKV dürfen oder wollen, jedoch bereit sind, für Ihre Gesundheit mehr zu investieren. In der Praxis stellt sich die Frage, wie die Steuerzahler ihre Beiträge steuerlich abziehen können. Der BFH hat die Regeln nun für dieses GKV-Hybridmodell präzisiert. |

Der Sonderausgabenabzug von Versicherungsbeiträgen

Kurz zum steuerlichen Sonderausgabenabzug von Versicherungsbeiträgen: Es gilt grundsätzlich ein Höchstbetrag für sonstige Vorsorgeaufwendungen von 2.800 Euro. Er reduziert sich für diejenigen Steuerzahler auf 1.900 Euro, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder steuerfreie Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung erhalten (§ 10 Abs. 4 EStG).

Von dem Höchstbetrag-Grundsatz gibt es eine Ausnahme: Die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) bzw. b) EStG sind nach Abzug von steuerfreien Zuschüssen (z. B. vom Arbeitgeber/der gesetzlichen Rentenversicherung) in unbeschränkter Höhe als Sonderausgaben abzugsfähig. Sprich: Der Höchstbetrag von 1.900 bzw. 2.800 Euro pro Person ist auf die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung nicht anwendbar (§ 10 Abs. 4 S. 4 EStG). Damit lassen sich die Beiträge hierfür in voller Höhe von der Steuer absetzen.

Die vollständige Abzugsmöglichkeit der geleisteten Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung führt umgekehrt dazu, dass sich alle weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen steuerlich regelmäßig nicht als Sonderausgaben absetzen lassen. Denn regelmäßig überschreiten bereits die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung den abzugsfähigen Höchstbetrag von 2.800 Euro bzw. 1.900 Euro. Und so verbleibt für einen weiteren Abzug von Versicherungen kein Raum.

PKV und GKV nebeneinander: Nur ein Beitrag abzugsfähig

Wer sich neben der Pflichtversicherung in der GKV also auch eine Vollversicherung in der PKV leistet, für den sind nur die Beiträge der GKV steuerlich anrechnungsfähig. Die PKV-Beiträge sind es nicht. Diese Auffassung des BMF (Schreiben vom 24.05.2017, Az. IV C 3 – S 2221/16/10001:004, Abruf-Nr. 194291, Rz. 83) hat der BFH bestätigt (Urteil vom 29.11.2017, Az. X R 5/17, Abruf-Nr. 199879).

Sonderfall: Kostenerstattungstarife als Hybrid

Unberücksichtigt war bisher ein daraus erwachsender Sonderfall: GKV-Versicherte mit Wahltarif Kostenerstattung (§ 13 Abs. 2 SGB V und § 53 Abs. 4 SGB V) sowie einer ergänzenden Krankenzusatzversicherung für die Restkosten, die nicht durch den GKV-Wahltarif gedeckt werden. De jure ist dieser Versicherte Mitglied einer GKV, de facto aber wie ein PKV-Versicherter gestellt; in Abhängigkeit seines Tarifs.

Versicherten-Argument: Versicherung als Einheit zu sehen

Ein so Versicherter vertrat die Auffassung, dass diese Kombination als Einheit betrachtet werden müsste, weshalb eine steuerliche Anrechnung möglich wäre. Als stützende Argumentation hat er aufgeführt, dass Versicherte im Basistarif einer PKV ein besseres Versorgungsniveau hätten sowie schneller Termine bekämen. Beiträge zum Basistarif seien unstrittig steuerlich anrechnungsfähig, weshalb es für inhaltsgleiche Kombinationen auch gelten müsste.

BFH: Doppelversicherung – kein unbeschränkter Abzug

Der BFH teilt diese Ansicht nicht und verneint die steuerliche Abzugsfähigkeit der Beiträge über die Basisversorgung in der GKV hinaus (BFH, Beschluss vom 17.07.2024, Az. X B 104/23, Abruf-Nr. 242980).

Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung können auch bei Wahl der Kostenerstattung anstatt der regelmäßig gewährten Sach- und Dienstleistungen der GKV (§ 13 Abs. 2 SGB V) zusätzliche Beiträge zu privaten Krankenzusatzversicherungen nicht der Höhe nach unbeschränkt nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Buchst. a, Abs. 4 S. 4 EStG abziehen, auch wenn sie die Lücke zwischen der Kostenerstattung und den höheren Privatliquidationen der Leistungserbringer im Gesundheitswesen schließen sollen.

Bedeutung der BFH-Entscheidung für die Praxis

Selbst wenn eine Anrechnung im Entscheidungsfall möglich gewesen wäre, hätte der Steuerzahler nur einen Pyrrhussieg erringen können, denn der steuerliche Schlüssel für über die Basisleistung hinausgehende Tarifleistungen beträgt exakt null. Es sei dahin gestellt, ob eine GKV mit 96 Prozent (inkl. Krankengeld) bzw. 100 Prozent (ohne Krankengeld) sowie null Prozent steuerlich anrechenbare Zusatzversicherung besser ist als eine zu 79 Prozent (Hochleistungstarif) bis 100 Prozent (Grundschutztarif) anrechnungsfähige PKV. Bei Arbeitnehmern käme erschwerend hinzu, dass für die Zusatzversicherung kein Zuschuss gezahlt würde, weshalb meist der PKV der Vorzug zu geben wäre.

Die Argumentation des Versicherten anhand des Basistarifs ist zudem praxisfern, da Versicherte dort regelmäßig über Schlechterstellungen sowie Drangsalierungen berichten.

Aus Sicht von Verbrauchern ist die fachlich nachvollziehbare BFH-Entscheidung schade. Am steuerlichen Status Quo ändert sich nichts. Das Hybridmodell bleibt somit eine Nische für jene, die nicht in die PKV dürfen oder wollen, jedoch bereit sind, für ihre Gesundheit deutlich mehr zu investieren.

AUSGABE: VVP 10/2024, S. 11 · ID: 50128252

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