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DienstwagenGmbH-Gesellschafter nutzt E-Dienstwagen: Ein Musterfall erläutert die steuerlichen Folgen
| Der Vermittlerbetrieb wird als GmbH geführt, und der Gesellschafter nutzt einen E-Dienstwagen der GmbH auch privat – das ist in der Praxis keine Seltenheit mehr. Die steuerlichen Folgen? Die sind ganz davon abhängig, ob der Privatnutzung ein Miet- oder Arbeitsvertrag zugrunde liegt oder ob die Nutzung vertraglich nicht gestattet ist und eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt. VVP spielt alle drei „Privatnutzungsmodelle“ für Sie durch und zeigt, welches Modell in Sachen Gesamtsteuerbelastung am günstigen für GmbH und Gesellschafter ausfällt. |
Der Musterfall: GmbH-Gesellschafter nutzt E-Dienstwagen
Eine Vermittler-GmbH erwirbt einen E-Dienstwagen für 36.000 Euro. Der Bruttolistenpreis (BLP) im Zeitpunkt der Erstzulassung beläuft sich auf 40.000 Euro. Sämtliche mit dem Fahrzeug in Zusammenhang stehende Ausgaben werden auf Ebene der GmbH als Betriebsausgabe erfasst. Das sind monatlich 500 Euro AfA sowie laufende Kosten für Strom, Versicherung und Steuern von etwa 150 Euro (Summe: 650 Euro).
Ein Gesellschafter der Vermittler-GmbH (Grenzsteuersatz = 42 Prozent) nutzt den E-Dienstwagen auch für private Zwecke. Er fährt pro Monat mit dem Fahrzeug etwa 1.000 km privat und an 20 Tagen zum fünf Kilometer entfernten Büro im Vermittlerbetrieb. Würde der Gesellschafter ein vergleichbares Fahrzeug mieten, beliefe sich die monatliche Miete bei 1.200 Freikilometern zzgl. Ladestrom auf etwa 600 Euro.
Drei „Privatnutzungsmodelle“ sind denkbar
Die private Nutzung des E-Dienstwagens durch den Gesellschafter kann auf drei verschiedenen Modellen basieren – je nachdem, welche vertraglichen Vereinbarungen zwischen GmbH und Gesellschafter getroffen werden. Vorliegen kann eine Überlassung
- 1. im Rahmen eines Mietverhältnisses,
- 2. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder
- 3. ohne rechtliche Grundlage.
Fall 1: GmbH überlässt Fahrzeug im Rahmen von Mietverhältnis
Überlässt die GmbH dem Gesellschafter den E-Dienstwagen im Rahmen eines Mietverhältnisses, muss dieser an die GmbH eine fremdübliche Miete zahlen. Dabei kann sich die GmbH an Vergleichsangeboten von fremden Fahrzeugvermietungen orientieren. Denkbar wären also 600 Euro Miete. Bei der „klassischen Miete“ zahlt der Mieter die laufenden Stromkosten für den Ladevorgang, im Musterfall übernimmt aber die GmbH die Stromkosten. Daher sind die Stromkosten noch in die Miete einzupreisen. Fremdüblich wären somit etwa 650 Euro pro Monat.
Für den Musterfall bedeutet das konrekt: Die monatliche Miete von 650 Euro belastet den Gesellschafter effektiv, weil er diese an die GmbH zahlen und sie – aufgrund der Privatnutzung des Fahrzeugs – nicht von der Steuer absetzen kann (§ 12 Nr. 1 EStG).
Die GmbH wiederum muss die Miete von 650 Euro als Betriebseinnahme erfassen. Somit erhöht sie den Gewinn und in der Folge steigt die Steuerbelastung, und zwar um etwa 32 Prozent (15 Prozent KSt zzgl. 5,5 Prozent Soli sowie etwa 16 Prozent GewSt). Das sind 208 Euro pro Monat.
Das Gewinnausschüttungspotenzial der GmbH erhöht sich durch das Mietmodell um monatlich 442 Euro (650 Euro Miete ./. 208 Euro Steuern).
Steuerliche Gesamtbelastung im Mietmodell | |
GmbH: Monatlicher Mietertrag abzüglich Steuerbelastung | 442 Euro |
Gesellschafter: Monatliche Mietbelastung | 650 Euro |
Gesamtbelastung (650 Euro x 32 %) | 208 Euro |
Wichtig | Schüttet die GmbH den Gewinn von 442 Euro an den Gesellschafter aus, kostet das jedoch wieder etwa 25 Prozent Steuern.
Fall 2: GmbH überlässt Fahrzeug im Rahmen von Arbeitsverhältnis
Darf der Gesellschafter den E-Dienstwagen auf Grundlage eines Arbeitsvertrags (ggf. Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag) auch für private Fahrten nutzen, fließt dem Gesellschafter mit der Nutzungsmöglichkeit ein steuerpflichtiger – und bei Sozialversicherungspflicht auch beitragspflichtiger – Sachbezug zu. In der Praxis fallen jedoch meist keine Sozialabgaben an, da der Gesellschafter entweder
- hiervon befreit ist (z. B. als Gesellschafter-Geschäftsführer) oder
- die Beitragsbemessungsgrenzen bereits durch das Grundgehalt überschritten werden.
Der Sachbezug ist grundsätzlich nach der Ein-Prozent-Regelung zu bewerten (§ 8 Abs. 2 S. 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG). Das bedeutet, dass sich der Bruttoarbeitslohn des Gesellschafters um ein Prozent des BLP (nicht des Kaufpreises) pro Monat erhöht. Da der Gesellschafter den E-Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nutzen kann, ist für diese Fahrten ein Zuschlag von 0,03 Prozent des BLP für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Betrieb pro Monat anzusetzen (§ 8 Abs. 2 S. 3 EStG).
Praxistipp | Stellt die GmbH dem Gesellschafter einen E-Dienstwagen, lassen sich die steuerpflichtigen Sachbezüge merklich reduzieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG). Handelt es sich um ein reines E-Fahrzeug mit einem BLP von maximal 60.000 Euro und erfolgte die Anschaffung nach dem 31.12.2018, aber vor dem 01.01.2024, ist der BLP nur zu einem Viertel anzusetzen. Bei einer Anschaffung nach dem 31.12.2023 und vor dem 01.01.2031 gilt hingegen eine Grenze von 70.000 Euro (§ 52 Abs. 12 S. 5 EStG). Liegt der BLP über den Grenzen, dann wird dieser halbiert. Die BLP-Grenze soll zudem von 70.000 Euro auf 95.000 Euro angehoben werden und rückwirkend für E-Dienstwagen gelten, die ab Juli 2024 angeschafft werden bzw. wurden (Formulierungshilfen SteFeG → Abruf-Nr. 243734). |
Für den Musterfall bedeutet das konrekt: Auf Ebene der GmbH ändert sich überhaupt nichts; auf Ebene des Gesellschafters ist jedoch ein Sachbezug zu versteuern. Dieser beträgt pro Monat:
Privatfahrten: 40.000 Euro BLP x 25 % x 1 % = | 100,00 Euro |
Fahrten Büro: 40.000 Euro BLP x 25 % (E-Fahrzeug) x 0,03 % x 5 km | 15,00 Euro |
Summe | 115,00 Euro |
Steuerbelastung pro Monat (42 % von 115 Euro zzgl. 5,5 % Soli) | 50,95 Euro |
Steuerliche Gesamtbelastung im Arbeitsvertragmodell | |
Steuerbelastung für Gesellschafterliegt bei 50,95 Euro pro Monat GmbH: Keine Vor- oder Nachteile | 0,00 Euro |
Gesellschafter: Monatliche Steuerbelastung auf Sachbezug | 50,95 Euro |
Gesamtbelastung | 50,95 Euro |
Fall 3: GmbH überlässt Fahrzeug ohne rechtliche Grundlage
Nutzt der Gesellschafter den Dienstwagen für private Fahrten ohne rechtliche Grundlage, sprich ohne Vertrag, führt die private Kfz-Nutzung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i. S. v. § 8 Abs. 3 S. 2 EStG (BFH, Urteil vom 23.01.2008, Az. I R 8/06, Abruf-Nr. 081324; Urteil vom 17.07.2008, Az. I R 83/07, Abruf-Nr. 091959 und Urteil vom 11.02.2010, Az. VI R 43/09, Abruf-Nr. 101106).
Die private Kfz-Nutzung führt auch zu einer vGA, wenn das Finanzamt einen Vertrag nicht anerkennt, weil er dem Fremdvergleich nicht standhält. Der Grund: Ohne ein der Kfz-Überlassung zugrunde liegendes fremdübliches Rechtsgeschäft findet bei der GmbH eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung statt, die
- durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
- sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i. S. v. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auswirkt und
- in keinem Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung
steht. Konkret: Einem Nicht-Gesellschafter wäre der Dienstwagen nicht ohne ein fremdübliches Rechtsgeschäft zur Privatnutzung überlassen worden. Keine Rolle spielt es, ob der den Dienstwagen nutzende Gesellschafter die GmbH beherrscht oder ob er zugleich auch Geschäftsführer ist.
Folge: Das zu versteuernde Einkommen der GmbH erhöht sich um die vGA und führt zu einer Steuerbelastung von etwa 32 Prozent. Parallel dazu muss der Gesellschafter die vGA als Kapitalertrag versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Die Steuerbelastung beträgt etwa 25 Prozent zzgl. Soli (§ 32d Abs. 1 EStG).
Das müssen Sie im Fall einer vGA tun
Die Höhe der vGA ist in der Praxis sowohl von großer Bedeutung als auch immer wieder Streitpunkt bei Betriebsprüfungen. Weil zur Bestimmung der Höhe ein Fremdvergleich angestellt werden muss, ist eine Schätzung i. S. v. § 162 AO erforderlich. Für die Bewertung einer vGA, die aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens durch den Gesellschafter resultiert, bestehen klare Regelungen:
So ist die vGA auf Ebene der GmbH zu bewerten
Der Nutzungsvorteil – und damit die Höhe der vGA auf Ebene der GmbH – ist grundsätzlich nur nach dem Maßstab eines Fremdvergleichs zu bewerten (FG Köln, Urteil vom 08.12.2022, Az. 13 K 1001/19, Abruf-Nr. 236412). Ergo: Es ist die Frage zu klären, was ein fremder Dritter für den Nutzungsvorteil aufwenden würde. Das führt regelmäßig zum Ansatz des gemeinen Werts.
Deshalb sind die anteiligen fixen und variablen Kosten zugrunde zu legen, die das E-Fahrzeug auf Ebene der GmbH verursacht hat (hier: 650 Euro pro Monat). Weil der gemeine Wert auch einen angemessenen Gewinnaufschlag enthält, ist dieser noch erhöhend einzupreisen. Dafür gibt es nach Rechtsprechung des BFH keinen allgemeinverbindlichen Maßstab, sodass er zu schätzen ist (hier: 50 Euro; folglich vGA 700 Euro pro Monat).
Weil diese Bewertung der vGA – auch aufgrund der Schätzung des angemessenen Aufschlags – schwierig vorzunehmen ist, gestattet die Finanzverwaltung, als Bemessungsgrundlage für eine vGA das Nutzungsentgelt anzusetzen ist, das bei einer Vermietung üblicherweise erzielbar wäre. Maßgebend sind also die marktmäßigen Mietraten für ein vergleichbares Fahrzeug (BMF, Schreiben vom 03.04.2012, Az. IV C 2 – S 2742/08/ 10001, Abruf-Nr. 121207).
Doch auch bei dieser Bewertung kommt es oft zu Differenzen mit dem Finanzamt, insbesondere, weil die GmbH kein eigenes Mietgeschäft betreibt und die Überlassung deshalb nicht vergleichbar mit einem Mietunternehmen ist. Deshalb gestattet das BMF eine weitere Vereinfachung: Die vGA kann auch mithilfe der pauschalen Ein-Prozent-Regelung ermittelt werden. Maßgebend ist dann der BLP des Kfz im Zeitpunkt der Erstzulassung; davon wird für jeden Monat ein Prozent als vGA angesetzt. Da der Gesellschafter den Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nutzt, erhöht sich die vGA um 0,03 Prozent des BLP je Monat und Entfernungskilometer.
Das bedeutet das „vGA-Modell“ für die GmbH im Musterfall
Im obigen Musterfall ist auf Ebene der GmbH eine vGA anzusetzen. Diese beträgt pro Monat 460,00 Euro. Berechnet wird sie wie folgt:
Privatfahrten: 40.000 Euro BLP x 1 % | 400,00 Euro |
Fahrten Büro: 40.000 Euro BLP x 0,03 % x 5 | 60,00 Euro |
vGA | 460,00 Euro |
Steuerbelastung pro Monat (ca. 32 % von 460 Euro) | 147,20 Euro |
Wichtig | Auch wenn es sich bei dem überlassenen Fahrzeug um ein E-Fahrzeug handelt, wird der BLP nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG auf 25 Prozent reduziert. Die Reduzierung gilt zwar grundsätzlich für die Ertragsteuer, aber nicht bei einer vGA. Denn die Höhe der vGA bemisst sich grundsätzlich nach dem Fremdvergleichsmaßstab – und dieser würde bei Nutzung eines E-Fahrzeugs keinen Abschlag von 75 Prozent im Vergleich zur Nutzung eines Verbrenners enthalten. Die Ein-Prozent-Regelung, die das BMF nur zur Vereinfachung zur Bewertung der vGA für anwendbar erklärt hat, kann nur vom vollen BLP berechnet werden.
So ist die vGA auf Ebene des Gesellschafters zu bewerten
Auf Ebene des Gesellschafters ist die vGA stets nach den lohnsteuerlichen Regelungen zu bewerten des § 8 Abs. 2 S. 2, 3 und 5 zu bewerten (BMF, Schreiben vom 03.04.2012, Az. IV C 2 – S 2742/08/10001, Abruf-Nr. 121207, Rz. 5).
Deshalb ist für jeden Monat der Nutzung pauschal ein Prozent des BLP anzusetzen. Bei einer parallelen Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Vermittlerbetrieb erhöht sich die vGA um 0,03 Prozent des Bruttolistenpreises je Monat und einfachem Entfernungskilometer.
Wichtig | Handelt es sich um ein E-Fahrzeug, kann der Gesellschafter von dem auf 25 Prozent reduzierten BLP profitieren. Denn der Wortlaut des BMF-Schreibens stellt – anders als für die Bewertung auf Ebene der GmbH – ausdrücklich auf die in § 8 Abs. 2 S. 2, 3 und 5 EStG verankerten lohnsteuerlichen Regelungen und nicht auf den Fremdvergleichsmaßstab ab – und die beziehen sich auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG und begünstigen damit E-Fahrzeuge.
Das bedeutet das „vGA-Modell“ für den Gesellschafter im Musterfall
Auf Ebene des Gesellschafters ist eine vGA anzusetzen. Diese berechnet sich wie folgt:
Privatfahrten: 40.000 Euro BLP x 25 % (E-Fahrzeug) x 1 % | 100,00 Euro |
Fahrten Büro: 40.000 Euro BLP x 25 % (E-Fahrzeug) x 0,03 % x 5 km | 15,00 Euro |
Summe vGA | 115,00 Euro |
Steuerbelastung pro Monat (25 % x 115 Euro zzgl. Soli) | 30,33 Euro |
Steuerliche Gesamtbelastung im „vGA-Modell“ | |
GmbH: Monatliche Steuerbelastung | 147,20 Euro |
Gesellschafter: Monatliche Steuerbelastung auf Sachbezug | 30,33 Euro |
Gesamtbelastung | 177,53 Euro |
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Der Musterfall und die steuerliche Beurteilung zeigen, dass Sie als GmbH-Gesellschafter für die Privatnutzung Ihres E-Dienstwagens am besten eine arbeitsvertragliche Grundlage schaffen sollen. Dann fällt die effektive Steuerbelastung am geringsten aus. Von einem Mietvertrag sollten Sie hingegen Abstand nehmen, da daraus die höchste Belastung resultiert. Das liegt daran, dass bei einem Mietvertrag weder GmbH noch Gesellschafter von den steuerlichen Privilegien für E-Fahrzeuge profitiern.
Sollte es sich bei dem Dienstwagen – anders als im Musterfall, bei ansonsten gleichen Annahmen – um einen Verbrenner handeln, fällt der Mietvertrag von der Gesamtbelastung besser aus als die vGA. Aber: Auch hier hat der Arbeitsvertrag die Nase vorn. Folglich ist die Regelung der Überlassung im Rahmen des Arbeitsvertrags in der Praxis stets „das Mittel der Wahl“. Auf diese Weise lässt sich die private Dienstwagennutzung durch den Gesellschafter finanziell so günstig wie möglich gestalten.
AUSGABE: VVP 10/2024, S. 16 · ID: 49771021