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Maklerrecht/MaklerstatusWelche Auswirkung hat die Bezeichnung Handels- oder Versicherungsmakler in Dokumenten?

Abo-Inhalt13.06.20236072 Min. Lesedauer

| In manchen Vertragsdokumenten und Formularen, etwa in Courtage- zusagen oder Vermittlerfragebögen, wird anstelle des Begriffs „Versicherungsmakler“ der Begriff „Handelsmakler“ aufgeführt. Hat diese unterschiedliche Begrifflichkeit für die Betroffenen irgendeine rechtliche Relevanz? Zu dieser Frage hat VVP die Frage eines Maklers erreicht. |

Frage: Immer wieder werde ich mit dem Begriff des Handelsmaklers gemäß § 93 HGB konfrontiert, wenn ich mit Versicherungsgesellschaften neue Geschäftsverbindungen aufnehme. Es finden sich in manchen Courtagezusagen bzw. -vereinbarungen diesbezügliche Formulierungen, aber auch in manchen Fragebögen zur Selbstauskunft. So enthielt z. B. ein Fragebogen eines Versicherers unterhalb der Überschrift „Zusatzinformationen Vermittler-Art/Rechtsform“ u. a. die alternative Ankreuzmöglichkeit:

❒ Versicherungsmakler nach § 93 HGB

❒ Mehrfachvertreter nach § 84 HGB

Im Beispiel wird dem Versicherungsmakler, der ja speziell in § 59 Abs. 3 VVG geregelt ist, der § 93 HGB zugeordnet, in dem der Handelsmakler geregelt ist. Ich frage mich: Was steckt dahinter? Hat das für mich und meine Maklertätigkeit rechtliche Auswirkungen?

ANTWORT: Für Versicherungsmakler haben die unterschiedlich verwendeten Begriffe keine rechtlichen Auswirkungen. Für sie gilt vorrangig das VVG. Doch der Reihe nach.

Handels- und Versicherungsmakler sind gesetzlich definiert

Zunächst ein Blick auf die unterschiedlichen Begriffe. Sowohl der Versicherungsmakler als auch der Handelsmakler sind legaldefiniert.

Versicherungsmakler

Wer Versicherungsmakler ist, regelt § 59 Abs. 3 S. 1 VVG: „Versicherungsmakler im Sinn dieses Gesetzes ist, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.“

Neben der Gewerbeanzeige benötigt der Versicherungsmakler eine gesonderte Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GewO: „Versicherungsvermittler ist, wer als Versicherungsmakler für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherungsunternehmen oder einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.“

Zudem gilt als Versicherungsmakler, wer gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versicherungsmakler (§ 59 Abs. 3 S. 2 VVG, § 34d Abs. 1 S. 3 GewO).

Handelsmakler

Wer Handelsmakler ist, regelt § 93 Abs. 1 HGB: „Wer gewerbsmäßig für andere Personen, ohne von ihnen auf Grund eines Vertragsverhältnisses ständig damit betraut zu sein, die Vermittlung von Verträgen über […] Versicherungen […] übernimmt, hat die Rechte und Pflichten eines Handelsmaklers.“ Eine spezielle Erlaubnis für seine Tätigkeit benötigt der Handelsmakler nicht. Er muss lediglich sein Gewerbe beim zuständigen Amt anzeigen, nicht aber registriert sein. Das HGB kennt auch keine Regelung als Anscheins-Handelsmakler.

Kein Wahlrecht des Maklers

Doch ist trotz dieser nebeneinanderstehenden Legaldefinitionen nicht gesagt, dass ein Makler im Bereich Versicherungsvermittlung ein Wahlrecht hätte,

  • entweder eine Erlaubnis nach § 34d GewO zu beantragen, um als Versicherungsmakler tätig sein zu dürfen, oder
  • ohne eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen, als „bloßer“ Handelsmakler ebenfalls Versicherungen vermitteln zu dürfen.

VVG ist für Versicherungsmakler stets vorrangig

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts (Vermittlergesetz) zum 22.05.2007, durch das die EU-Vermittlerrichtlinie (Richtlinie 2002/92/EG vom 09.12.2002) in nationales Recht umgesetzt wurde, gelten für jeden Versicherungsvermittler, d. h. für jeden Versicherungsmakler und jeden Versicherungsvertreter, neue gesetzliche Anforderungen (2008 fand zudem eine VVG-Reform statt). Damit wurde die gewerbsmäßige Vermittlung von Versicherungen in Deutschland erlaubnis- und registrierungspflichtig.

Seitdem stellt der Versicherungsmakler eine besondere Form des Handelsmaklers dar. Ein Versicherungsmakler hat sich auf die Vermittlung von Versicherungen von verschiedenen konkurrierenden Versicherungsunternehmen spezialisiert, ohne von ihnen – anders bei Mehrfachvertretern – beauftragt zu sein.

Wichtig | Der Versicherungsmakler ist bei gewerblicher Tätigkeit zwar weiter Handelsmakler im Sinne des § 93 HGB (und in Abgrenzung hierzu bei nicht gewerblicher Tätigkeit Makler im Sinne des § 652 BGB, so etwa der sog. Gelegenheits- oder Nachweismakler). Aber für ihn sind die Vorschriften des VVG (§§ 59 ff. VVG), der VersVermV sowie der GewO (§ 34d GewO) stets vorrangig zu berücksichtigen. Normen im HGB bzw. BGB gelten für Versicherungsmakler demzufolge nur subsidiär bzw. ergänzend.

Versicherungsmakler parteiisch – Handelsmakler neutral

Aufgrund der spezialgesetzlichen Konkretisierung im VVG hat der Versicherungsmakler wesentlich weitergehende Pflichten als der Handels- oder Zivilmakler. Er hat z. B.

  • die Nachweispflicht über die notwendige Sachkunde,
  • die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung,
  • die Beratungs- und Dokumentationspflicht sowie
  • die Weiterbildungspflicht.

Eine (europaweite) Neuregelung, insbesondere für den Versicherungsmakler, war auch deswegen notwendig, um seinen Status in Abgrenzung zu dem des Handelsmaklers zu reglementieren. Dem Handelsmakler nach §§ 93 ff. HGB fällt eine eher neutrale Mittlerstellung zu. Er vertritt in der Regel beide Parteien eines Vertrags, haftet beiden (§ 98 HGB) und hat grundsätzlich gegen beide einen Lohnanspruch (§ 99 HGB). Das impliziert, dass er regelmäßig zur Neutralität verpflichtet ist.

Der Versicherungsmakler hingegen ist nicht neutral, was sich bereits aus der Legaldefinition entnehmen lässt. Er hat allein die Interessen seiner Kunden/Auftraggeber wahrzunehmen. Er steht in deren Lager und ist demzufolge stets parteiisch, auch wenn er Kooperationspartner von Versicherungsunternehmen ist, von denen er in der Regel Courtage für vermittelte und meist auch für betreute Versicherungsverträge erhält. Er hat nur im Rahmen dieses Kooperationsverhältnisses vertragliche Pflichten gegenüber den Versicherern, und auch nur dann, wenn sie dem Wohl und den Interessen seiner Kunden nicht entgegenstehen.

Einen Courtageanspruch hat der Versicherungsmakler gegenüber den Versicherern auf Basis entsprechender Vereinbarungen oder Zusagen. Nur ausnahmsweise erhält der Versicherungsmakler vertragsgemäß von seinen Kunden eine Courtage/ein Honorar, etwa aufgrund der Vermittlung von Nettotarifen.

Auftreten und Tätigkeit begründen Versicherungsmakler-Status

Der Status des Versicherungsmaklers wird begründet durch sein faktisches Auftreten gegenüber den Kunden und die tatsächlich von ihm durchgeführte Tätigkeit – und das auch nur in Abgrenzung zum Versicherungsvertreter bzw. Mehrfachvertreter nach § 59 Abs. 2 VVG – und nicht auch in Abgrenzung zum Handelsmakler. Ist § 59 Abs. 3 VVG erfüllt, handelt es sich um eine gemäß der GewO erlaubnispflichtige Vermittlung von Versicherungen eines Versicherungsmaklers (ggf. als Anscheins- bzw. Pseudomakler).

Die Rechtsprechung hat zudem lange vor der Kodifizierung für den Versicherungsmakler relevante Eckpunkte aufgestellt, aus denen sich seine Rechte und Pflichten ergeben bzw. seine Stellung gegenüber seinen Kunden als ihr treuhänderischer Sachwalter manifestiert. Einschneidend für den Versicherungsmakler war und ist bis heute das sog. Sachwalter-Urteil des BGH vom 22.05.1985 (Az. IVa ZR 190/83, Abruf-Nr. 001290).

Keine Auswirkungen bei „falscher“ Bezeichnung

Es spielt mithin keine Rolle, dass in Vertragsdokumenten und anderen Unterlagen anstelle des Versicherungsmaklers der Handelsmakler aufgeführt ist. Auch das Ankreuzen in Formularen betreffend die Selbstauskunft als Handelsmakler (oder Versicherungsmakler) nach § 93 HGB – etwa in Abgrenzung zum Mehrfachvertreter nach § 84 HGB – begründet nicht die ausschließliche Rechtsstellung als Handelsmakler. Letztlich hat diese Bezeichnung auf seinen rechtlichen Status keine Auswirkungen.

„Alte-Hasen-Regelung“ greift nicht

Makler, die (lange) vor Umsetzung der Vermittlerrichtlinie in nationales Gesetz Versicherungen vermittelt haben, haben auch keinen „Bestandsschutz“ als Handelsmakler nach § 93 HGB, etwa mit der Folge, weniger Pflichten zu haben. Für sie gelten – trotz eventuell anderslautender Bezeichnungen – uneingeschränkt die vorrangigen (neuen) Normen: VVG, VersVermV, GewO.

Auch die „Alte-Hasen-Regelung“ aufgrund des Vermittlergesetzes (2007) greift nicht. Diese sah lediglich vor, dass schon seit langem tätige Vermittler unter bestimmten Umständen keiner Sachkundeprüfung bedurften (§ 2 Abs. 3 VersVermV). Nur diesbezüglich galt ein Bestandsschutz (VGH München, Beschluss vom 12.08.2021, Az. 22 ZB 20.1840, Abruf-Nr. 235478).

Konsequenzen für die Praxis

Die Verwendung des Begriffs Handelsmakler anstelle von „Versicherungsmakler“ in Vertragsdokumenten und anderen Unterlagen ist vermutlich ein Relikt aus der Vergangenheit, in der der Versicherungsmakler noch nicht legal definiert war. Eine zeitaufwendige und kostenintensive Umstellung älterer Dokumente ist mangels rechtlicher Relevanz mithin nicht erforderlich. Das gilt gleichermaßen für alte Versicherungsmaklerverträge und Maklervollmachten, in denen der Begriff „Handelsmakler“ vorkommt.

Verwunderlich ist allerdings, dass dieser Begriff immer noch in manchen Courtageregelungen bzw. Vermittlerfragebögen verwendet wird, die den Maklern auch noch weit nach Umsetzung der Vermittlerrichtlinie neu vorgelegt werden. Einen Rechtsgrund gibt es hierfür jedenfalls nicht. Möglicherweise liegt der Grund in der in der Praxis meist gebräuchlichen Bezeichnung „84-er“ für den Handels- bzw. Versicherungs- und Mehrfachvertreter nach § 84 HGB. Um im (sprachlichen) Regelungsbereich des HGB zu bleiben, wird hier vielleicht zum Handels- bzw. Versicherungsmakler abgegrenzt und infolgedessen nicht die einschlägige Norm des VVG, sondern § 93 HGB angeführt.

Fazit | Die Bezeichnung „Handelsmakler“ anstelle von „Versicherungsmakler“ ist seit Inkrafttreten des Vermittlergesetzes zwar unpräzise. Letztendlich schadet die „falsche“ Bezeichnung dem Versicherungsmakler rechtlich nicht. Auf der anderen nutzt es aber auch niemanden.

AUSGABE: VVP 7/2023, S. 3 · ID: 49499182

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