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VBVereinsBrief

SozialversicherungspflichtPauschaler Aufwandsersatz und Ehrenamtlichkeitsgrenze: So sieht es das BSG

Top-BeitragAbo-Inhalt02.12.20243879 Min. Lesedauer

| Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung pauschaler Aufwandsentschädigungen ist bei gemeinnützigen Organisationen durch die Ehrenamtspauschale abgesichert. Zahlungen bis zu 840 Euro jährlich sind sozialversicherungsfrei. Anderes gilt bei nicht gemeinnützigen Auftraggebern. Wann pauschaler Aufwandsersatz hier sozialversicherungsfrei bleibt, hat das BSG jetzt geklärt. |

Um diesen Fall ging es beim BSG

Im konkreten Fall ging es um „ehrenamtlich“ tätige Vorstandsmitglieder einer Wohnungsbaugenossenschaft. Sie erhielten eine „Aufwandsentschädigung“ von jeweils 14 Mal 400 Euro jährlich, insgesamt also 5.600 Euro im Jahr. Die Rentenversicherung Bund bewertete die Zahlungen im Rahmen einer Außenprüfung als sozialversicherungspflichtig.

So entschied das BSG

Das BSG ist dem gefolgt. Es hat aber auch klargestellt, dass bis zur Ehrenamtlichkeitsgrenze des § 31a und b BGB unter bestimmten Voraussetzungen ein pauschaler Aufwandsersatz angenommen werden kann, der auch Zeitversäumnis oder Verdienstausfall einschließt (BSG, Urteil vom 12.12.2023, Az. B 12 R 11/21 R, Abruf-Nr. 244978).

Regelungen für öffentliche Ehrenämter gelten auch privatrechtlich

Das BSG stellt zunächst klar, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur ehrenamtlichen Vorstandstätigkeit bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auch für juristische Personen des Privatrechts gelten. Demnach liegt keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, sondern eine ehrenamtliche Tätigkeit vor, wenn die Tätigkeit nicht durch die persönliche Abhängigkeit vom Auftraggeber geprägt ist, sondern durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit.

Wird ein bestimmter organschaftlicher Aufgabenbereich, der typischerweise nur dem Amtsinhaber obliegt und nicht frei zugänglich ist, bereits durch die Satzung oder ähnliche Regelungen als Ehrenamt eingeordnet, tritt die persönliche Abhängigkeit – als Merkmal einer abhängigen Beschäftigung – regelmäßig in den Hintergrund. Dabei kommt es aber auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls an.

Abgrenzung von Ehrenamt und Beschäftigung

Bei der Abgrenzung von Ehrenamt und Beschäftigung folgt das BSG der Definition, die ähnlich auch im Arbeitsrecht angewendet wird: Ein Versicherungsverhältnis setzt grundsätzlich voraus, dass aus der Beschäftigung Erwerbseinkommen erzielt wird, aus dem sozial angemessene Beiträge zur Finanzierung des jeweiligen Systems geleistet werden können.

Beim Ehrenamt dagegen ist die Erwerbsabsicht nicht maßgeblich; mit ihm ist keine Vergütungserwartung verbunden. Zahlungen in Form von Aufwendungsersatz für konkret oder pauschal berechneten Aufwand führen dabei zu keiner Sozialversicherungspflicht. Das schließt auch einen Ausgleich für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall und eine gewisse Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeit ein.

Wichtig | Ob eine Tätigkeit erwerbsmäßig oder ehrenamtlich ausgeübt wird, darf nicht nach der subjektiven Motivation des Beschäftigten beurteilt werden. Es kommt vielmehr auf die

  • satzungsmäßigen oder vertraglichen Vereinbarungen und
  • die Höhe der Vergütung an.

Im behandelten Fall sprach nach Auffassung des BSG zunächst schon gegen ein Ehrenamt, dass sich aus dem entsprechenden Beschluss des Aufsichtsrats keine Unentgeltlichkeit ergab. Die Zahlungen wurden dort als „Vorstandsvergütung” bezeichnet und nicht als bloße Aufwandsentschädigung. Auch ging aus dem Beschluss nicht hervor, welcher Aufwand abgegolten werden sollte. Das legte für das Gericht die Vermutung nahe, dass tatsächlich eine Vergütung (im Sinn einer Gegenleistung) für Arbeitszeit und Arbeitskraft vorlag.

Orientierung an der Ehrenamtlichkeitsgrenze des BGB

Eine ehrenamtliche Tätigkeit muss sich auch bei der Höhe einer Aufwandsentschädigung in einen entsprechenden Rahmen halten. Das BSG orientiert sich hier an der Ehrenamtlichkeitsgrenze des § 31a und b BGB. Die dort geregelte Vergütungsgrenze für die Haftungsprivilegierung für (Organ-)Mitglieder beträgt aktuell 840 Euro im Jahr und ist an den Freibetrag des § 3 Nr. 26a EStG angelehnt. Überschreiten die Zahlungen diese Grenze nicht erheblich, spricht das gegen eine sozialversicherungspflichtige Vergütung, wenn die o. g. weiteren Voraussetzungen vorliegen.

Im BSG-Fall war die Grenze aber weit überschritten. Zudem ergab sich bei dem zugrunde gelegten Zeitaufwand ein Stundensatz von weit über 100 Euro. In dem Fall ist die Sozialversicherungspflicht unumstritten.

Fazit | Auch in nicht gemeinnützigen Organisationen kann ein pauschaler Aufwandsersatz für im Kern ehrenamtliche Tätigkeiten, der nicht wesentlich über der Ehrenamtspauschale liegt, sozialversicherungsfrei sein. Dabei muss die entsprechende Vereinbarung aber klarstellen, dass

  • es sich um (pauschalen) Aufwandsersatz bzw. Ausgleich von Verdienstausfall handelt und nicht um eine Vergütung für Arbeitszeit oder Arbeitskraft,
  • sich die Höhe der Zahlung am tatsächlichen Aufwand bzw. Verdienstausfall orientiert.

Dazu sollte die Aufwandsersatzvereinbarung einen ungefähren Rahmen für die geleisteten Stunden und/oder die typischerweise anfallenden Kosten (z. B. Fahraufwand) benennen, die damit ersetzt werden.

AUSGABE: VB 12/2024, S. 18 · ID: 50245396

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