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UmsatzsteuerWann sind Zuschüsse ein Entgelt von dritter Seite und damit umsatzsteuerbar?

Top-BeitragAbo-Inhalt04.11.20243484 Min. Lesedauer

| Rechtsprechung und Finanzverwaltung haben ihre Bewertung der Umsatzsteuerbarkeit von Zuschüssen geändert (VB 8/2024). Sie haben dabei klargestellt, dass bei der Frage der Steuerbarkeit nicht allein auf die bezuschusste Tätigkeit abgehoben werden darf, sondern vor allem auf die Person des Zuwendungsempfängers und das Förderungsziel. Nicht behandelt haben sie dabei einen Sonderfall – das Entgelt von dritter Seite. Das hat der nun BFH nachgeholt. |

Das Problem der „Entgelte von dritter Seite“

Entgelte von dritter Seite sind im Fall von Zuwendungen besonders problematisch. Der Zuschuss kann nämlich auch dann umsatzsteuerbar sein, wenn es eindeutig zu keinem Leistungsaustausch zwischen Zuwendungsgeber und -empfänger kommt.

Es genügt grundsätzlich, dass der Zuwendungsempfänger Leistungen an Dritte erbringt, die (teilweise) mit dem Zuschuss finanziert werden.

Um diesen Fall ging es beim BFH

Im Fall vor dem BFH ging es um eine Gemeinde, die einen neuen Fähranleger errichten ließ und umsatzsteuerpflichtig an einen Fährunternehmer vermietete. Für den Bau erhielt sie Zuschüsse von Land, Landkreis und einer Stadt. Die Gemeinde machte den vollen Vorsteuerabzug aus den Bauaufwendungen geltend. Die Fördermittel behandelte sie als echte – nicht steuerbare – Zuschüsse.

Das Finanzamt behandelte die Zuschüsse dagegen als umsatzsteuerbares Entgelt von dritter Seite. Begründung: Nach dem Bewilligungsbescheid würden die Mittel zweckgebunden gewährt und dienten zur anteiligen Deckung der notwendigen Ausgaben für die Erneuerung der Anlegebrücke. Aus der Berechnung der zuwendungsfähigen Kosten ergebe sich direkt, dass eine Preisauffüllung vorliege. Dagegen klagte die Gemeinde.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH gab ihr Recht. Er hat klargestellt, dass es auch hier auf die Person des Zuschussempfängers und das Förderungsziel ankommt (BFH, Urteil vom 17.04.2024, Az. XI R 13/21, Abruf-Nr. 243493). Doch der Reihe nach:

Was sind Entgelte von dritter Seite?

Nach § 1 Abs. 1 UStG gehört „zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt“. Das betrifft eine Finanzierung von Angeboten, die für den gemeinnützigen Sektor sehr typisch sind: Die Leistungen sind für den Leistungsempfänger unentgeltlich oder er zahlt nur einen Teil der Kosten, während der Rest aus Zuschüssen finanziert wird. Das gilt z. B. für

  • Kinderbetreuungseinrichtungen,
  • Schülermensen und Studentenwerke,
  • Bildungseinrichtungen und
  • Jugendhilfeorganisationen.

Zahlungen gehören unabhängig von der Bezeichnung als „Zuschuss“ zum Entgelt, wenn

  • der Leistungsempfänger einen Rechtsanspruch auf die Leistung hat,
  • der Zuschuss dem Leistungsempfänger zugutekommt,
  • der Zuschuss gerade für die Erbringung einer bestimmten Leistung gezahlt wird und
  • der Zuschuss erst dann fällig wird, wenn der Empfänger einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat (UStAE Abschnitt 10.2 Abs. 3).

Der Rechtsanspruch des Leistungsempfängers kann sich dabei aus einem Vertrag ergeben (z. B. Betreuungsvertrag mit dem Kindergartenverein) oder aus einem gesetzlichen Anspruch (z. B. Sach- und Personalkostenzuschüsse für die Betreuung und Ausbildung von behinderten Menschen).

Anders als bei institutionellen oder projektbezogenen Zuschüssen kommt es zu einer Steuerbarkeit nur, wenn der Zuschuss an die tatsächliche Erbringung der Leistung gebunden ist. Es muss sich außerdem um konkrete Leistungen handeln.

Beispiel

Werkstätten für Behinderte erhalten zur Finanzierung ihrer Aufgaben u. a. eine sog. institutionelle Förderung durch die öffentliche Hand, in deren Rahmen insbesondere die Errichtung neuer Werkstattgebäude bezuschusst wird. Hier handelt es sich durchweg um echte Zuschüsse, die nicht aufgrund eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden und deshalb nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

Für die Betreuung, Pflege und ärztliche Versorgung der Behinderten sowie ihre Beförderung zwischen Wohnung und Werkstatt erhalten die Einrichtungen zusätzliche Pflegegelder. Diese sind als Entgelt von dritter Seite steuerbar (OFD Hannover, Schreiben vom 20.06.2001, Az. S 7300 – 113 – StH 542/S 7304 – 25 – StO).

Wichtig | Vielfach greifen aber Steuerbefreiungen. Im genannten Beispiel sind die Leistungen regelmäßig nach § 4 Nr. 18 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Der Problempunkt „preisauffüllendes Entgelt“

Als Entgelt von dritter Seite gelten insbesondere sog. preisauffüllende Entgelte. Dabei ergänzt die Zuschusszahlung die Entgeltzahlung des Leistungsempfängers, der nur einen Teil des Gesamtpreises zahlt. Beispiele dafür sind Zuschüsse für Schülermensen pro ausgegebenem Essen oder Zuschüsse des Jugendamts zu Kinderfreizeiten, die pro Teilnehmer bezahlt werden.

Es kommt auf das Förderungsziel an

Entsprechend der früheren Verwaltungsauffassung argumentierte das Finanzamt im vorliegenden Fall, es sei nicht darauf abzustellen, ob die Förderung beabsichtigt war. Vielmehr komme es allein darauf an, ob der Leistungsempfänger einen um die Subvention geminderten Preis zu zahlen habe.

Dem widerspricht der BFH. Auch beim Entgelt von dritter Seite wird die Abgrenzung von Entgelt und „echtem Zuschuss“ nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorgenommen. Bloße technische Anknüpfungen von Förderungsmaßnahmen an Leistungen eines Unternehmers führen nicht dazu, die Förderung zum (zusätzlichen) Entgelt „für die Leistungen“ zu machen, wenn das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten der Abnehmer, sondern die Subvention des leistenden Unternehmers ist.

Mit „technischer Anknüpfung“ ist das bloße Zusammenfallen von Zuschuss und Leistungen zugunsten Dritter gemeint. Das genügt nicht für die Annahme eines Entgelts von dritter Seite.

Wann liegt eine schädliche Subvention der Preise vor?

Eine schädliche – und damit umsatzsteuerbare – Subvention der Preise liegt nur vor, wenn

  • der Zuschuss dem letztendlichen Leistungsempfänger zugutekommt,
  • der Zuschuss
    • gerade für die Erbringung einer bestimmten Leistung gezahlt wird,
    • und mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.

Das bedeutet regelmäßig, dass kein fester Zuschussbetrag festgelegt wurde, sondern der Zuschuss von der Höhe des Umsatzes mit Dritten oder der Zahl der tatsächlich erbrachten konkreten Leistungseinheit(en) abhängt.

Beispiel

Beispiele dafür sind

  • die Subventionierung von ausgegebenen Essen bei einer Schüler- oder Studentenmensa,
  • der Zuschuss des Jugendamts zu einer Jugendfreizeitveranstaltung pro Teilnehmer,
  • Bildungsveranstaltungen, die pro Teilnehmerstunde bezuschusst werden.

Hier liegt also ein Entgelt von dritter Seite vor.

Praxistipp | Eine Ausnahme gilt, wenn die Zuwendungen nicht einer bestimmten Leistung des Bildungsträgers an einen einzelnen Teilnehmer zugeordnet werden. Damit liegt kein Entgelt von dritter Seite mehr vor, weil nicht die Preise der Teilnehmer, sondern die Bildungsveranstaltung bezuschusst werden (OFD Frankfurt, Schreiben vom 11.10.2012, Az. S 7200 A – 248 – St 111, Abruf-Nr. 132408). Das gilt insbesondere, wenn die Förderungssumme nicht auf die Zahl der Teilnehmer bezogen ist oder nur eine Mindestzahl für die Förderung erforderlich ist.

Entgelt von Dritter Seite muss sich aus Zuwendungsvertrag ergeben

Der BFH stellt auch klar, dass ein Entgelt von Dritter Seite nur vorliegt, wenn sich das aus dem Zuwendungsvertrag ergibt. Das Finanzamt kann also einen Zuschuss nicht beliebig als Entgelt von dritter Seite qualifizieren.

Kein Entgelt von dritter Seite liegt aber vor, wenn Zuweisungen vorab betragsmäßig festgelegt sind und nicht an eine konkrete Leistung für den Dritten anknüpfen.

Um einen Zuschuss als Entgelt von dritter Seite einstufen zu können, muss sich also aus dem Zuwendungsvertrag ergeben, dass

  • der Zuschuss dazu dient, Leistungen an identifizierbare Dritte zu erbringen,
  • es sich dabei um konkrete Leistungen handelt und nicht etwa nur um das Vorhalten eines Angebots oder Leistungskontingents,
  • der Zuschuss erst dann fällig wird, wenn die konkrete Leistung an den Dritten erbracht wurde.

Konsequenz für die Praxis

Wie andere unechte Zuschüsse sind auch Entgelte von dritter Seite mit Zuwendungsgebern als Dritten grundsätzlich steuerbar. Das Urteil des BFH stellt klar, welche Anforderungen in diesem Fall gegeben sein müssen. Insbesondere müssen konkrete Leistungen an Dritte erbracht werden. Es genügt nicht, dass die öffentlich geförderten Leistungen Dritten lediglich zugutekommen. Es kommt also auf die tatsächlichen Förderziele an, die sich aus dem Zuwendungsvertrag ergeben.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Umsatzbesteuerung von Zuschüssen – BMF aktualisiert den Umsatzsteueranwendungserlass“, VB 8/2024, Seite 8 → Abruf-Nr. 50111703
  • Beitrag „Zuschuss für Sportanlagenbau auf Gelände des Zuschussgebers ist nicht steuerpflichtig“, iww.de/vb → Abruf-Nr. 49883227
  • Beitrag „Frisch vom BFH: Zuschüsse für die Pflege von Sportanlagen können umsatzsteuerfrei sein“, VB 4/2022, Seite 6 → Abruf-Nr. 48131088

AUSGABE: VB 11/2024, S. 12 · ID: 50220317

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