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PraxisfallUnwirksamer Ausschluss eines Mitglieds – Kostenerstattungspflicht durch den Verein?

Abo-Inhalt24.05.2024644 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

| Rechtliche Mängel beim Ausschlussverfahren gegen Mitglieder führen dazu, dass der Ausschluss unwirksam ist. Unter Umständen hat das Mitglied dann auch einen Schadenersatzanspruch. |

Frage: Wir haben ein Vereinsmitglied ausgeschlossen. Den Ausschluss haben wir über unseren Anwalt ausgesprochen. Das Mitglied hat sich dann auch einen Anwalt genommen. Dieser hat uns darauf hingewiesen, dass der Ausschluss unwirksam sei, da wir das Mitglied vor dem Ausschluss nicht angehört hätten. Eine solche Anhörung ist jedoch nach unserer Satzung nicht vorgesehen. Wir haben uns nun entschlossen, den Ausschluss zurückzunehmen, um Frieden in den Verein reinzubringen. Nun verlangt der Anwalt des Mitglieds eine Erstattung der Kosten in Höhe von über 500 Euro. Sind wir verpflichtet, die zu zahlen?

Antwort: Ja, dieser Anspruch besteht, wenn sich – wie hier – herausstellt, dass der Ausschluss unwirksam ist und ein Anwalt erforderlich war.

Ausschluss ohne rechtliches Gehör ist nichtig

Der Ausschluss aus dem Verein stellt den stärksten Eingriff in die mitgliedschaftlichen Rechte dar. Deswegen verlangt die Rechtsprechung, dass die elementaren rechtsstaatlichen Grundsätze beachtet werden. Dazu gehört vor allem die Gewährung des rechtlichen Gehörs. Da hier das Mitglied nicht angehört wurde, ist der Ausschluss nichtig. Dieser Anspruch auf rechtliches Gehör besteht unabhängig davon, ob die Vereinssatzung dies vorsieht. Dies vor dem Hintergrund, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs ein Gebot der natürlichen Gerechtigkeit ist und auch die vereinsinterne Gerichtsbarkeit bindet (LG Gießen, Urteil vom 22.02.1995, Az. 1 S 403/94).

War ein Anwalt erforderlich?

Ob ein Kostenerstattungsanspruch besteht, hängt davon ab, ob das Mitglied „gezwungen“ war, sich einen Anwalt zu nehmen. Bei einfach gelagerten Fällen dürfte die Hinzuziehung eines Anwalts nicht erforderlich sein. Hier verlangt die Rechtsprechung, dass das Mitglied sich selbst „verteidigen“ kann.

Befindet sich der Verein aber in Konflikt mit dem Mitglied, dann ist es dem Mitglied aus Gründen der „Waffengleichheit“ gestattet, zu seiner Beratung oder Vertretung einen Rechtsanwalt hinzuziehen (BGH, Urteil vom 06.02.1984, Az. II ZR 119/83). Das Gleiche dürfte gelten, wenn es um kompliziertere rechtliche Fragen geht. Jedes Vereinsmitglied hat, so der BGH in der o. g. Entscheidung, Anspruch darauf, dass der Vorstand seine Mitgliedschaftsrechte nicht verletzt. Geschieht das, so begründet das Schadenersatzpflichten, für die der Verein nach § 31 BGB haftet. Daher ist der Verein verpflichtet, die Anwaltskosten zu erstatten. Die Kosten berechnen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und sind streitwertabhängig.

AUSGABE: VB 6/2024, S. 20 · ID: 50041341

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