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GrundsteuerreformAbgabe der Grundsteuererklärung: Das ist bei gemeinnützigen Einrichtungen besonders
| Im Zuge der Grundsteuerreform müssen alle Eigentümer von Immobilien und Erbbaurechten Feststellungserklärungen abgeben. Das gilt auch für gemeinnützige Einrichtungen. Wegen der für sie teilweise geltenden Steuerbefreiungen müssen sie aber Besonderheiten beachten. VB klärt auf und unterstützt Sie in einem zweiten Beitrag (Seite 8ff) mit Hinweisen, wie Sie das Formular bis zu bisher geltenden Abgabefrist, dem 31.10.2022, ausfüllen. |
Der gesetzgeberische Hintergrund
Nachdem das BVerf die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte, hat der Gesetzgeber eine Neubewertung auf den 01.01.2022 beschlossen. Die Feststellungserklärung dafür müssen alle Eigentümer und Erbbauberechtigten bis zum 31.10.2022 abgeben.
Das gilt auch, wenn eine Steuerbefreiung besteht. Auch steuerbegünstigte Körperschaften (also solche mit gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken) sind zur Abgabe verpflichtet.
Praxistipp | Teilweise haben die Länder Fristverlängerungen bei Steuerbefreiung verkündet. Die bayerische Finanzverwaltung z. B. hat die Frist für Eigentümer, die bisher vollständig von der Grundsteuer befreit waren, bis zum 31.03.2022 verlängert (LfSt Bayern, Schreiben 10.05.2022, Az. G 2163.1.1-1/22 St35). |
Die Feststellung der neuen Grundsteuerwerte sämtlicher wirtschaftlicher Einheiten soll bis zum 31.12.2024 abgeschlossen sein. Auf deren Grundlage sollen dann die neuen Grundsteuerbescheide erlassen werden. Ab dem 01.01.2025 gilt dann die Grundsteuer in Höhe der erfolgten Neufestsetzung.
Die Grundlagen der Besteuerung
Besteuerungsgrundlage sind die Einheitswerte der Grundstücke oder Grundstücksteile. Wie bei der Gewerbesteuer wird die Besteuerungsgrundlage bei der Grundsteuer durch Anwendung einer Messzahl als Steuermessbetrag ermittelt. Der Grundsteuermessbetrag wird vom Finanzamt in einem Grundsteuermessbescheid, der den festgesetzten Grundsteuermessbetrag enthält, dem Steuerzahler und der hebeberechtigten Gemeinde zugestellt.
Die Gemeinde erteilt auf dieser Grundlage den eigentlichen Grundsteuerbescheid. Die Höhe der Grundsteuer richtet sich dabei nach dem jeweiligen Hebesatz der Gemeinde.
Die Regelungen im Einzelnen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, da die Bundesregelung nicht überall oder nur abgewandelt in das Landesrecht übernommen wurde.
Die Steuerbefreiung für gemeinnützige Einrichtungen
Von der Grundsteuer befreit ist der Grundbesitz von Einrichtungen, die der Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nach ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen und für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt wird nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b Grundsteuergesetz (GrStG).
Die beiden Voraussetzungen für die Steuerbefreiung
Befreit sind – je nach Nutzung – nur (Teil-)Grundstücke, nicht die Einrichtung insgesamt. Es gibt also zwei Voraussetzungen für die Steuerbefreiung:
- Die Einrichtung muss als gemeinnützig anerkannt sein.
- Der Grundbesitz muss unmittelbar für einen bestimmten steuerbegünstigten Zweck genutzt werden.
Nicht vorausgesetzt ist, dass der Eigentümer die Immobilie selbst für einen gemeinnützigen Zweck nutzt.
Beispiel |
Eine gemeinnützige Stiftung vermietet ein Pflegeheim an eine gGmbH zur Nutzung als Pflegeeinrichtung. Die Immobilie ist auch in diesem Fall steuerbefreit. |
Eine Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Nutzung nicht im steuerbegünstigen Bereich (ideeller Bereich oder Zweckbetrieb) erfolgt, also für steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeiten (z. B. Gaststätten, Cafés) oder in der Vermögensverwaltung (langfristige Vermietung oder Verpachtung zur Nutzung für nicht begünstigte Zwecke).
Wohnraum ist nur im Sonderfall befreit
Grundsätzlich nicht befreit sind als Wohnraum genutzte Räume. Ausnahmen gelten nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 GrStG u. a.
- für Wohnräume in Schülerheimen, Ausbildungs- und Erziehungsheimen,
- für Wohnräume, wenn der steuerbegünstigte Zweck nur durch deren Überlassung erreicht werden kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG). Das gilt insbesondere für Alten(pflege)heime oder Erholungsheime (Abschn. 27 Abs. 2 Grundsteuer-Richtlinien [GrStR]).
Die begünstigte Nutzung muss dabei eng mit dem Satzungszweck verbunden sein. Sie muss eine notwendige Voraussetzung für die Erreichung des begünstigten Zwecks darstellen.
Beispiel |
Nicht steuerbefreit sind deswegen Wohnräume, in denen die Teilnehmer mehrtägiger Bildungsveranstaltungen untergebracht werden (BFH, Urteil vom 14.11.1958, Az. III 303/56). Das Gleiche gilt für Küchen- und Wirtschaftsräume, die zur Versorgung der Teilnehmer genutzt werden. Das gilt, auch wenn eine anderweitige Unterbringung nicht möglich ist (Abschn. 27 Abs. 3 GrStR). |
Nutzung für begünstigte Zwecke
Das steuerbefreite Grundstück muss unmittelbar für einen bestimmten begünstigten Zweck genutzt werden. Das ist der Fall, wenn der Zweck auf dem Grundstück verfolgt wird. Es genügt aber auch, dass auf dem Grundstück nur eine Hilfstätigkeit zur Verwirklichung des begünstigten Zwecks ausgeübt wird, wenn diese dafür unentbehrlich ist.
Was gilt für Verwaltungs- und Unterrichtsräume?
Steuerfrei bleiben deshalb auch Verwaltungsräume in einem zur Erfüllung des begünstigten Zwecks erforderlichen Ausmaß (Abschn. 31 GrStR). Bei Sportvereinen sind auch Unterrichts- und Ausbildungsräume, Umkleide-, Bade- und ähnliche Räume begünstigt. Das Gleiche gilt für Unterkunfts- und Schutzhütten von Bergsteiger-, oder Ski- und Wandervereinen.
Wichtig | Nicht dazu gehören aber Räume, die überwiegend der Erholung und der Geselligkeit dienen. Vereinsheime sind also vielfach nur teilweise steuerbefreit.
Die Sonderregelung für nicht gemeinnützige Schulen und Kindergärten
Gesondert geregelt ist in § 4 Nr. 5 GrStG die Steuerbefreiung für Grundstücke, die für Zwecke der Wissenschaft, des Unterrichts und der Erziehung benutzt werden. Das betrifft aber nur nicht gemeinnützige Einrichtungen (z. B. Schulen und Kindergärten). Bei gemeinnützigen Trägern ist der Grundbesitz bereits nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b GrStG befreit.
Die unmittelbare Benutzung für einen steuerbegünstigten Zweck beginnt in dem Zeitpunkt, in dem das Grundstück für diesen Zweck hergerichtet wird, also schon mit Baubeginn. Eine Unterbrechung durch Nutzung wegen Um- oder Neubaumaßnahmen berührt die die Steuerbefreiung nicht.
Das gilt bei gemischter Nutzung
Wird ein Grundstück gemischt genutzt, muss es gemäß der Nutzung aufgeteilt werden. Das geschieht schon bei der Einheitsbewertung des Grundbesitzes, also mit der jetzt anstehenden Erklärung. Die Aufteilung erfolgt dabei nach Möglichkeit nach Raumeinheiten (Einzelräume).
Beispiel |
Eine Sporthalle enthält auch eine Gaststätte. Zum steuerbefreiten Teil gehören dann neben den Hallenflächen z. B. auch Umkleideräume, Duschen und Technik-räume. Zu den nicht begünstigten Flächen zählen neben dem eigentlichen Gastraum auch Lager- und Kühlräume, Küche oder Toiletten, die nur von Besuchern der Gaststätte genutzt werden. |
Praxistipp | Gemeinnützige Organisationen sollten einen Raumplan erstellen, dem sie dem Finanzamt bei Bedarf vorlegen können. Darin müssen sie die verschiedenen Nutzungen der Räume kenntlich machen. Ist eine räumliche Aufteilung nicht möglich, kommt es darauf an, ob die Raumeinheiten überwiegend für steuerbegünstigte oder nichtsteuerbegünstigte Zwecken genutzt werden. |
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Benutzung gleichzeitig nebeneinander oder zeitlich hintereinander erfolgt (Abschn. 32 GrStR).
Beispiel |
So funktioniert die Einordnung einer Sporthalle ... Eine Sporthalle wird überwiegend für den eigenen (Amateur-)Sportbetrieb genutzt. Zeitweilig wird sie für nicht begünstigte Zwecke vermietet. Folge: Weil die Halle überwiegend für begünstigte Zwecke genutzt wird, bleibt sie bei der Grundsteuer außer Ansatz. |
Wichtig | Entscheidend für die Anwendung der Befreiungsvorschriften sind die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres. Zur Klärung der Frage, ob die steuerbegünstigte Benutzung zeitlich überwiegt, gelten die Verhältnisse aus dem Vorjahr (Abschn. 33 GrStR).
Verfahren der Steuerbefreiung
Grundlage für die Steuerbefreiung ist ein aktueller Freistellungsbescheid (Abschn. 12 Abs. 2 GrStR). Über eine Steuerbefreiung entscheidet das Finanzamt im Rahmen des Grundsteuermessbetragsverfahrens.
Liegen die Befreiungsvoraussetzungen vor, sollten die Einrichtungen unbedingt einen entsprechenden Befreiungsantrag beim Finanzamt stellen. Das geschieht über die jetzt fällige Hauptfeststellung. Eine rückwirkende Befreiung von der Grundsteuerpflicht ist nur möglich, wenn zu dem Zeitpunkt, für den die Befreiung beantragt wird, noch keine bestandskräftige Festsetzung eines Grundsteuermessbetrags vorliegt und die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
- Beitrag „Die Grundsteuererklärung im gemeinnützigen Verein: So füllen Sie das Formular aus“, VB 10/2022, Seite 8 → Abruf-Nr. 48608647
AUSGABE: VB 10/2022, S. 4 · ID: 48608788