Ausfallschaden
Schwacke und Fraunhofer greifen nicht bei Fahrschulmietwagen
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AusfallschadenVR vermittelt den Mietwagen und will die Kosten nicht beim Gegenstandswert berücksichtigen
| Dass Versicherer die Vermittlung des Unfallersatzwagens anbieten und Geschädigte darauf eingehen, ist nichts Neues. Nun aber überrascht: Ein Versicherer verweigert die Berücksichtigung der Mietwagenkosten beim Gegenstandswert. Entscheidend für die Frage, wie die Mietwagenkosten im Hinblick auf den Gegenstandswert zu betrachten sind, ist nach Auffassung von VA die Einordnung des Vorgangs entweder unter § 249 Abs. 1 BGB oder unter § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. |
1. Beseitigung des Schadens durch den Schädiger …
§ 249 Abs. 1 BGB regelt, dass der Schädiger den Schaden zu beseitigen hat. Das ist die Grundidee des Schadenrechts. Also ist rechtlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Schädiger dem Geschädigten einen Mietwagen stellt, wenn der damit einverstanden ist.
2. … oder Dispositionsfreiheit und Ersetzungsbefugnis
Jedoch hat § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Geschädigten das Recht eingeräumt, die Schadenbeseitigung unabhängig vom Schädiger in eigener Regie durchzuführen, Stichworte „Dispositionsfreiheit“ und „Ersetzungsbefugnis“. Geht der Geschädigte den Weg des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, kann er vom Schädiger den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen.
3. Die Analyse des tatsächlichen Vorgangs
Im Schreiben an die Geschädigte ist formuliert, dass der Versicherer die „Vermittlung“ eines Mietwagens anbietet. Dementsprechend ist auf dem vom Vermieter erzeugten Dokument die Geschädigte als Mieterin angegeben. Allerdings ist dort „Rechnungsstellung xy-Versicherer“ vermerkt.
Wenn der Versicherer der Geschädigten den Mietwagen im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB zur Verfügung stellen wollte, wäre notwendig, dass er selbst als Mieter des Fahrzeugs auftritt und der Geschädigten das von ihm selbst angemietete Fahrzeug überlässt. Dann wäre er auch vollumfänglich dem Vermieter gegenüber für das Mietfahrzeug und eventuelle Schäden daran verantwortlich. Das ist aber offenbar nicht gewollt. Die Geschädigte soll in der Pflicht bleiben. Anders ist nicht zu erklären, dass ihr vom Versicherer in dem Vermittlungsangebotsschreiben mitgeteilt wird, dass das Mietfahrzeug mit einer Selbstbeteiligung von 300 EUR vollkaskoversichert ist. Diese Mitteilung wäre ohne Sinn, wenn der Versicherer der Mieter wäre. Und das deckt sich mit dem Begriff der „Vermittlung“ zum Autovermieter. Die Alternative hieße nämlich „Zurverfügungstellung eines Ersatzfahrzeugs“.
Das ist also auf der Grundlage der Überlegung, dass die Geschädigte ganz offensichtlich als Mieterin dem Vermieter haften soll, nicht mit einem „falsa demonstratio non nocet“ im Hinblick auf die Benennung der Geschädigten als Mieterin abzutun.
4. Die Abrechnung am Geschädigten vorbei
Auch die Direktzahlung des Versicherers an den Autovermieter ist kein Indiz dafür, dass der Versicherer selbst das Fahrzeug angemietet hat. Die Zahlung kann auf der Grundlage eines Schuldbeitritts oder einer wie auch immer gearteten Verabredung zwischen Versicherer und Autovermieter erfolgen.
Nur am Rande: Interessant wäre, die Rechnung des Autovermieters an den Versicherer einzusehen. Ist sie auf die Geschädigte oder auf den Versicherer ausgestellt? Im Dokument ist von „Rechnungsstellung“, nicht von „Rechnungsversand“ die Rede. Jedoch wäre eine Fakturierung auf jemand anderen als denjenigen, für den die Leistung erbracht wurde, unter dem Gesichtspunkt der Umsatzsteuer sehr bedenklich. Das aber wäre allenfalls ein Problem des Autovermieters, das für die Geschädigte ohne Bedeutung ist.
5. Die Grundregel zum Gegenstandswert im Außenverhältnis
Nach der Rechtsprechung des BGH entspricht der berechtigte Regulierungsbetrag dem Gegenstandswert im Außenverhältnis zum Schädiger (BGH 18.7.17, VI ZR 465/16, Abruf-Nr. 196206; BGH 9.1.18, VI ZR 82/17, Abruf-Nr. 199533). Dass der Anwalt im Innenverhältnis zum Geschädigten in dessen Rolle als Mandant einen Anspruch aus einem höheren Gegenstandswert haben kann, schließt der BGH nicht aus (BGH 18.7.17, VI ZR 465/16, Rn. 13).
a) Der Zahlungsfluss ist kein Gegenargument
Infolge der neueren Rechtsprechung des BGH zum Werkstattrisiko und zum Sachverständigenrisiko, die das Verlangen der Direktzahlung an den Rechnungssteller durch den Versicherer bei vom Geschädigten noch unbezahlter Rechnung voraussetzt und damit zum Normalfall der Schadenregulierung macht, kann es auf den Weg des Geldes nicht ankommen. Dass also für den Mietwagen kein Geld den Weg über das Konto der Geschädigten nahm, ist kein durchgreifendes Argument gegen die Einbeziehung der Mietwagenkosten in den Gegenstandswert.
b) Als Mieterin schuldet die Geschädigte dem Vermieter den Mietzins
Dass die Geschädigte als Mieterin dem Vermieter den Mietzins schuldet, ergibt sich schon daraus, dass ihr in dem Vermittlungsschreiben wie auch in dem ihr ausgehändigten Dokument des Vermieters der Tagespreis für den Mietwagen genannt wird. Auch das wäre ohne jeden Sinn, wenn sie für den Mietwagen unter keinen Umständen etwas bezahlen müsste. Dass der Versicherer sich – wie auch immer – zum weiteren Schuldner des Autovermieters gemacht hat, ändert daran nichts.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei dem Mietwagen nicht um einen Akt der Naturalrestitution im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB, sondern um eine Anmietung durch die Geschädigte. Folglich gehören die Kosten nach Auffassung von VA zum Gegenstandswert.
AUSGABE: VA 7/2025, S. 117 · ID: 50438423