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HaftungNach Unfall Warndreieck plattgefahren: Haftet Erstschädiger?
| Ein Leser fragt: Unser Kunde erlitt einen Auffahrunfall. Ordnungsgemäß hat er die Unfallstelle abgesichert, indem er das Warndreieck weit genug hinter dem Geschehen aufgestellt hat. Als die Unfallaufnahme durch die Polizei erledigt war, war das Warndreieck von einem unbekannten Dritten plattgefahren. Ein Foto davon gibt es. Dennoch will der Versicherer des Auffahrenden nichts damit zu tun haben. Das habe ein Dritter verursacht. Und das sei dem Erstschädiger nicht zuzurechnen. Hat der Versicherer Recht? |
Antwort | Noch unmittelbarer und zeitnäher als der Vorgang der Absicherung der Unfallstelle kann ein weiterer Vorgang bezogen auf das verunfallte Fahrzeug kaum sein. Der innere Zusammenhang zur Unfallverursachung durch den Schädiger ist offensichtlich. Ohne den Unfall wäre es nicht zum Schaden am Warndreieck gekommen. Deshalb ist der Zurechnungszusammenhang zum Erstschaden nicht unterbrochen. Das ähnelt den Vorgängen, bei denen der Abschleppunternehmer durch unsachgemäßes Bergen des Fahrzeugs den Unfallschaden schuldhaft vergrößert. Auch das ist dem Erstschädiger zuzurechnen mit dem großen Vorteil, dass der Geschädigte nun nicht vor dem nahezu unmöglichen Unterfangen steht, die einzelnen Schadenanteile zu identifizieren und zu beziffern (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 29.03.2018, Az. 16 O 461/17, Abruf-Nr. 200765).
Das kann noch weiter reichen: In einem BGH-Fall hatte ein Dieb die Unübersichtlichkeit der Unfallsituation genutzt und aus dem Fahrzeug des verunfallten Fahrers, der mit dem Schadenverursacher die Personalien tauschte, Wertgegenstände gestohlen. Sogar diesen Diebstahl hat der BGH dem Erstschädiger zugerechnet (BGH, Urteil vom 10.12.1996, Az. VI ZR 14/96, Abruf-Nr. 244388).
AUSGABE: UE 12/2024, S. 5 · ID: 50213868