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RentenbesteuerungRentenzuschlag bei Erwerbsminderungsrenten: Das sollten Bezieher zur Besteuerung wissen
| Seit Juli 2024 wird an etwa drei Mio. Bundesbürger in zwei Schritten ein Zuschlag zur Erwerbsminderungsrente gezahlt. Weil dieser Zuschlag nicht nur in den Rentendaten enthalten ist, die elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden, sondern auch auf den Rentenbezugsmitteilungen ausgewiesen wird, fragen sich mehrere SSP-Leser, ob und wenn ja wie der Zuschlag der Besteuerung unterliegt. SSP klärt auf. |
Die Basics zum Rentenzuschlag
Die Regelungen für die Berechnung einer Erwerbsminderungsrente sind in der Vergangenheit immer wieder angepasst worden. Deutliche Verbesserungen gab es insbesondere ab Juli 2014 und Januar 2019. Von diesen haben damals jedoch nur Neurentner profitiert. Menschen, die zu diesen Zeitpunkten bereits eine Erwerbsminderungsrente bezogen haben, gingen leer aus.
Das Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz 2024
Deswegen hat der Gesetzgeber mit dem Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz nachgebessert. Seit Juli 2024 wird ein Zuschlag zur Erwerbsminderungsrente gezahlt (§ 307j SGB VI). Ihn erhalten alle Rentner, deren Erwerbsminderungsrente zwischen Januar 2001 und Dezember 2018 begonnen hat und die am Stichtag 30.06.2024 Anspruch hatten auf
- 1. eine Rente wegen Erwerbsminderung, die in der Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2018 begonnen hat,
- 2. eine Rente wegen Alters, die unmittelbar an eine Rente wegen Erwerbsminderung nach Nr. 1 anschließt,
- 3. eine Hinterbliebenenrente, die unmittelbar an eine Rente wegen Erwerbsminderung nach Nr. 1 oder eine Rente wegen Alters nach Nr. 2 anschließt,
- 4. eine Hinterbliebenenrente, die in der Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2018 begonnen hat, und der verstorbene Versicherte unmittelbar vor Beginn der Hinterbliebenenrente keine eigene Rente bezog und am Todestag höchstens 65 Jahre und acht Monate alt war,
- 5. eine Erziehungsrente, die in der Zeit von Januar 2001 bis Dezember 2018 begonnen hat, oder
- 6. eine Rente wegen Alters, die unmittelbar an eine Erziehungsrente nach Nr. 5 anschließt.
Wichtig | Der Zuschlag musste nicht beantragt werden, weil die DRV die Anspruchsberechtigung automatisch geprüft hat.
Höhe und Auszahlung des Rentenzuschlags
Der Zuschlag wird aufgrund der sehr komplexen technischen Umsetzung in zwei Stufen ausgezahlt. Zunächst wird von Juli 2024 bis November 2025 der monatliche Rentenzuschlag getrennt von der normalen Rente ausgezahlt. Für diesen Zeitraum richtet sich die Höhe des Rentenzuschlags nach der Höhe der bisher ausgezahlten Rente („Zahlbetrag“). Bei einem Rentenbeginn in der Zeit von Januar 2001 bis Juni 2014 beträgt der Rentenzuschlag 7,5 Prozent des Zahlbetrags. Liegt der Rentenbeginn in der Zeit von Juli 2014 bis Dezember 2018, reduziert sich der Rentenzuschlag auf 4,5 Prozent des Zahlbetrags.
Beispiel 1 |
... Zeitraum des Rentenbeginns L erhält seit 2010 eine Erwerbsminderungsrente. Sie beträgt seit dem 01.07.2024 monatlich brutto 1.774,83 Euro. Nach Abzug von 205,87 Euro für die Kranken- und Pflegeversicherung werden ihm 1.568,96 Euro überwiesen. Lösung: Der Rentenzuschlag beträgt 7,5 Prozent des Zahlbetrags von 1.568,96 Euro und damit pro Monat 117,67 Euro. |
Wichtig | Die gesetzlichen Renten in Deutschland sind zum 01.07.2025 um 3,74 Prozent erhöht worden. Dadurch hat sich ab dem 01.07.2025 auch der Rentenzuschlag erhöht.
Ab Dezember 2025 wird der Rentenzuschlag dann zusammen mit der Rente in einer Summe ausgezahlt. Dabei wird der Zuschlag parallel neu berechnet, weil er sich ab Dezember 2025 nach den persönlichen Entgeltpunkten berechnet, die der Rente zugrunde liegen. Über die Höhe des neuen Rentenzuschlags ab Dezember 2025 wird die DRV noch durch einen gesonderten Rentenbescheid informieren.
Wichtig | Stellt sich heraus, dass der neue Rentenzuschlag ab Dezember 2025 höher ist als der Zuschlag für November 2025, wird die Differenz mit dem Faktor 17 (Juli 2024 bis November 2025 = 17 Monate) vervielfacht und in einem Einmalbetrag nachgezahlt. War der Zuschlag dagegen im November 2025 höher als ab Dezember 2025, dann müssen Sie nichts zurückzahlen – sondern dürfen den Vorteil behalten.
Das gilt für die Besteuerung des Rentenzuschlags
Die DRV meldet den Rentenzuschlag zusammen mit der Rente jährlich der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen. Und diese übermittelt die Daten an die Finanzverwaltung. Unterliegt der Rentenzuschlag damit der Besteuerung?
Die Besteuerungsprinzipien
Ja und nein. Zunächst ist der ab Juli 2024 ausgezahlte Zuschlag als Rentenleistung anzusehen. Er stellt damit sonstige Einkünfte dar. Eine Steuerbefreiungsvorschrift – insbesondere § 3 Nr. 14a EStG – findet für den Rentenzuschlag keine Anwendung. Würde der Rentenzuschlag eine reguläre Rentenanpassung darstellen, müsste der Zuschlag in voller Höhe versteuert werden. Denn der steuerfreie Anteil der Rente wird bei regelmäßigen Rentenanpassungen nicht neu berechnet (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) S. 7 EStG).
Beispiel 2 |
Die 2024 an L gezahlte Erwerbsminderungsrente mit einem Rentenbeginn im Jahr 2010 beträgt insgesamt brutto 21.538 Euro. Darin enthalten sind regelmäßige Rentenanpassungen in Höhe von insgesamt 500 Euro sowie der Rentenzuschlag über 706 Euro (6 Monate x 117,67 Euro, vgl. Beispiel 1). Lösung: Um den steuerfreien Teil der Rente zu berechnen, sind von den 21.538 Euro 500 Euro und 706 Euro abzuziehen. Von den verbleibenden 20.332 Euro sind bei einem Rentenbeginn im Jahr 2010 40 Prozent steuerfrei (= 8.133 Euro). Der steuerpflichtige Teil der Rente beträgt 13.405 Euro (21.538 ./. 8.133 Euro). |
Zuschlag führt zur Neuberechnung des steuerfreien Anteils der Rente
Allerdings sieht die Realität anders aus. Weil der Rentenzuschlag gerade keine regelmäßige Rentenanpassung darstellt, führt der Zuschlag zu einer Neuberechnung des steuerfreien Anteils der Rente. Bei dieser Neuberechnung bleiben allerdings die zuvor erfolgten – regelmäßigen – Rentenanpassungen außen vor (§ 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) S. 6 und 7 EStG).
Finanzverwaltung wählt einfache (Übergangs-)Lösung
Eigentlich müsste nun eine komplexe Neuberechnung des steuerfreien Anteils erfolgen, so wie es z. B. auch bei der „Mütterrente“ der Fall war. Weil das derzeit technisch nicht umzusetzen ist, hat sich die Verwaltung – zumindest für 2024 und 2025 – zu einer einfacheren Lösung entschieden. In den Rentenbezugsmitteilungen wird neben dem zutreffenden Rentenbetrag inkl. des Rentenzuschlags einfach nur der Rentenanpassungsbetrag angegeben, der sich ohne Einbeziehung des Rentenzuschlags ergibt. Die Folge: Der Rentenzuschlag unterliegt tatsächlich nur anteilig der Besteuerung – und zwar zu einem geringeren Anteil, als wenn eine komplexe Neuberechnung des steuerfreien Anteils wie bei der Mütterrente erfolgt wäre.
Beispiel 3 |
Wie Beispiel 2. Die Rentenbezugsmitteilung beinhaltet lediglich die Rente mit 21.538 Euro und einen Rentenanpassungsbetrag von 500 Euro. ... und rentnerfreundlichen Übergangslösung Lösung: Zur Berechnung des steuerfreien Teils der Rente sind von den 21.538 Euro nur 500 Euro abzuziehen. Es verbleiben 21.038 Euro. Davon sind bei Rentenbeginn im Jahr 2010 40 Prozent steuerfrei (= 8.416 Euro). Der steuerpflichtige Teil der Rente beträgt deshalb 13.122 Euro (21.538 ./. 8.416 Euro). Im Vergleich zu Beispiel 2 ein Vorteil in Höhe von 283 Euro. In diesem Umfang bleibt der Rentenzuschlag also steuerfrei. |
Fazit | Der Rentenzuschlag unterliegt der Besteuerung – auch für 2024 und 2025 – aber nur teilweise. Eigentlich wären wie bei der Mütterrente komplexe Berechnungen erforderlich gewesen, um den neuen steuerfrei bleibenden Betrag zu ermitteln. Darauf wurde aus Vereinfachungsründen verzichtet. Das hat zur Folge, dass der steuerfreie Anteil geringfügig höher ausfällt, als er es bei einer komplexen Berechnung wie bei der Mütterrente gewesen wäre. In ihrer Steuererklärung müssen Rentner keine Angaben zum Rentenzuschlag machen, weil die elektronischen Rentenbezugsmitteilungen bereits alle Daten enthalten. |
AUSGABE: SSP 9/2025, S. 8 · ID: 50499335