FeedbackAbschluss-Umfrage

EinkommensteuerNach BFH-Urteil: „Wohn-Riester“ ist jetzt auch für umgewidmete Darlehen nutzbar

Abo-Inhalt27.08.2025130 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Riester-Verträge können bis zum Beginn der Auszahlungsphase auch für die Anschaffung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwendet werden. Unklar war bisher, ob eine „wohnungswirtschaftliche Verwendung“ auch vorliegt, wenn mit dem Darlehen die Anschaffung einer später nicht mehr selbst genutzten Wohnung finanziert wurde und der Erlös aus dem Verkauf dieser Wohnung unter Umwidmung des Darlehens zur Anschaffung der nun selbst genutzten Wohnung verwendet worden ist. Diese Streitfrage hat der BFH jetzt geklärt. |

Um diese Anwendungsfälle geht es

Ein Musterfall macht Thema und Problematik für Sie verständlicher: M hat 1987 ein Eigenheim erworben und dafür ein Darlehen aufgenommen. 2011 hat der das Objekt verkauft und mit dem Erlös ein neues selbst genutztes Eigenheim erworben. Das ursprünglich 1987 aufgenommene Darlehen lief weiter und wurde mehrfach umgeschuldet.

2021 hat M bei der ZfA nach §§ 92a, 92b EStG beantragt, dass der Riester-Vertrag für die Ablösung des 1987 aufgenommenen und mehrfach umgeschuldeten Darlehens verwendet wird. Die ZfA hat das abgelehnt. Eine wohnungswirtschaftliche Verwendung sei nicht mehr gegeben, wenn mit dem abzulösenden Darlehen Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer inzwischen nicht mehr selbst genutzten Wohnung finanziert wurden und die nunmehr genutzte Wohnung lediglich „im Sinne eines Pfandtauschs“ als Sicherheit für das abzulösende Darlehen dient. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. M zog den Fall bis zum BFH.

Prinzip: Nur Tilgung „unmittelbarer“ Darlehen begünstigt

Bevor wir auf die BFH-Entscheidung eingehen, ist es sinnvoll, sich die Grundsätze des Wohn-Riesters vor Augen zu führen: Sie können das in einem Riester-Vertrag gebildete und geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden (§ 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG). Begünstigt sind Wohnungen im eigenen Haus, eine eigene Eigentumswohnung oder eine Genossenschaftswohnung einer eingetragenen Genossenschaft, wenn diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der EU oder dem EWR belegen ist und sie Ihre Hauptwohnung oder zumindest Ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellt.

Wichtig | Die Entnahme des Kapitals aus dem Riester-Vertrag löst keine Steuer aus. Allerdings wird die Entnahme im „Wohnförderkonto“ vermerkt und der Saldo wird bis zum Renteneintritt mit jährlich zwei Prozent verzinst (§ 92a Abs. 2 EStG). Ab Renteneintritt muss dann der Saldo versteuert werden. Dafür bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder wird das Wohnförderkonto gleichmäßig auf die Jahre bis zum 85. Lebensjahr verteilt und als sonstige Einkünfte versteuert. Oder es wird auf Antrag der komplette Betrag auf einmal versteuert. Der Vorteil: Das Finanzamt gewährt dann einen Abschlag von 30 Prozent (§ 22 Nr. 5 S. 5 EStG).

Der BFH hat bereits früher entschieden, dass Sie das geförderte Kapital im Fall der Tilgung von Anschaffungs- oder Herstellungsdarlehen „unmittelbar“ für den jeweils begünstigten wohnungswirtschaftlichen Zweck verwenden müssen (BFH, Urteile vom 16.02.2022, Az. X R 26/20, Abruf-Nr. 230349 und Az. X R 20/20, Abruf-Nr. 230350). Denn ohne eine unmittelbare – also enge – zeitliche Verbindung zwischen der Entnahme des geförderten Kapitals und der begünstigten Verwendung in Gestalt der Tilgung des Darlehens hätten Sie selbst es in der Hand, wann Sie das zunächst Ihrem allgemeinen Vermögen zugeführte Kapital zur Tilgung verwenden.

BFH legt „unmittelbar“ zum Wohle der Riester-Sparer aus

Offen blieb aber die Frage, ob ein Darlehen auch dann „unmittelbar“ für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung aufgenommen wurde, wenn es – siehe Musterfall – ursprünglich der Anschaffung oder Herstellung eines anderen Objekts diente und später für die Anschaffung oder Herstellung eines Zweitobjekts umgewidmet wurde.

Diesen Anwendungsfall hat der BFH jetzt zugunsten der Riester-Sparer entschieden. Zwar ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG, dass die Tilgung eines bereits umgewidmeten Darlehens durch das Riester-Kapital eine wohnungswirtschaftliche Verwendung darstellt. Allerdings ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm davon auszugehen, dass das Unmittelbarkeitserfordernis auch im Falle eines umgewidmeten Darlehens erfüllt sein kann – auch bei zwischenzeitlich erfolgter (mehrfachen) Umschuldung des ursprünglichen Darlehens (BFH, Urteil vom 27.11.2024, Az. X R 24/23, Abruf-Nr. 249399).

Fazit | Das Urteil erhöht die Flexibilität von Wohnriester-Verträgen. Der BFH hat aber auch klare Voraussetzungen für die Begünstigung definiert.

  • Zum einen muss das abzulösende Darlehen ursprünglich für die Anschaffung oder Herstellung einer selbst genutzten Wohnung i. S. v. § 92a Abs. 1 S. 5 EStG aufgenommen worden sein und später der Anschaffung oder Herstellung einer anderen Wohnung i. S. v. § 92a Abs. 1 S. 5 EStG gewidmet werden. Dieser „unmittelbare Zusammenhang“ liegt aber nur vor, wenn das mit den Darlehensmitteln angeschaffte ursprüngliche Objekt veräußert und mit dem Veräußerungserlös unter Aufrechterhaltung des Darlehens ein anderes Objekt angeschafft wurde.
  • Zum anderen muss das Riester-Kapital „ohne Zwischenschritt“ für die begünstigten Zwecke verwendet werden – und insbesondere die Zwischenschaltung eines Bankkontos des Riester-Sparers steht der Begünstigung entgegen (BFH, Urteil vom 27.01.2016, Az. X R 23/14, Abruf-Nr. 185788).

AUSGABE: SSP 9/2025, S. 16 · ID: 50504147

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte