FeedbackAbschluss-Umfrage

SteuergestaltungSteuern sparen mit dem Pkw-Ehegatten- Vorschaltmodell: Was geht und was nicht?

Abo-Inhalt30.03.20232922 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Matthias Ulbrich, Visselhövede

| Der Vorsteuerabzug ist bares Geld wert. Das lässt so manchen Steuerzahler kreativ werden. Nicht zu Unrecht, wie ein Gestaltungsmodell zeigt, bei dem ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer seine Ehefrau vorgeschaltet hatte, um doch noch an den Vorsteuerabzug aus seinem Pkw-Kauf zu gelangen. Sogar der BFH hat das Modell gebilligt. SSP macht Sie mit dem Urteil vertraut und zeigt, was es bei derartigen Vorschaltmodellen zu beachten gilt. |

Was ist ein Vorschaltmodell?

Ein Vorschaltmodell ist eine Gestaltung, in der ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer einen regelbesteuerten Unternehmer vorschaltet, der ein Wirtschaftsgut erwirbt und wiederum steuerpflichtig an ihn vermietet. So wird der Vorsteuerabzug beim „Vermieter-Unternehmer“ generiert. Geeignet für die Vermietung sind grundsätzlich alle Gegenstände, z. B.

  • Grundstücke,
  • Fahrzeuge,
  • Betriebsvorrichtungen oder
  • medizinische Geräte.

Das Ehegatten-Vorschaltmodell im Fall vor dem BFH

Im Fall vor dem BFH hatte ein Arzt zur Ausübung seiner Tätigkeit einen Pkw bestellt. Der Kaufvertrag lief aber auf seine Ehefrau. Der Hintergedanke: Der Ehemann hätte als Arzt wegen seiner steuerfreien Ausgangsumsätze keinen Vorsteuerabzug aus dem Kauf des Pkw gehabt. Strittig war die Frage, ob der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Vermietung an den freiberuflich tätigen Ehegatten eine unternehmerische, wirtschaftliche Tätigkeit begründen kann.

Arzt lässt Pkw von seiner Ehefrau kaufen

Die Ehefrau war von ihrem Ehemann finanziell unabhängig und bezahlte den Pkw mit eigenen Mitteln. Unmittelbar nach der Lieferung überließ sie den Pkw im Rahmen eines Leasingvertrags zu marktüblichen Leasingraten ihrem Ehemann zur Nutzung.

Der Ehemann verpflichtete sich, den Pkw in regelmäßigen Abständen warten zu lassen, alle Reparaturarbeiten durchzuführen und das Fahrzeug auf eigene Kosten angemessen zu versichern. Im Versicherungsschein war der Ehemann sowohl als Halter des Pkw als auch als Versicherungsnehmer eingetragen; die Ehefrau war als weitere Nutzerin vermerkt. Die Wartungsarbeiten am Pkw wurden tatsächlich aber von der Ehefrau beauftragt und bezahlt. Die Leasingraten unterwarf sie ordnungsgemäß der Umsatzsteuer; aus den Anschaffungskosten des Pkw machte sie den Vorsteuerabzug geltend.

Finanzamt verneint Unternehmereigenschaft und sieht Scheingeschäft

Das Finanzamt versagte der Ehefrau den Vorsteuerabzug. Es sah in ihr keine Unternehmerin im umsatzsteuerlichen Sinne, weil sie den Pkw nicht am allgemeinen Markt, sondern lediglich einem Endverbraucher angeboten hatte, zu dem eine enge persönliche Beziehung bestand. Leasinggeber seien üblicherweise gewerbliche Unternehmen mit entsprechenden Geschäftslokalen. Ein Leasinggeschäft mit einem einzelnen Pkw aber sei nur unter Angehörigen mit gleichgerichteten Interessen und ausschließlich zur Erlangung steuerlicher Vorteile denkbar.

Darüber hinaus handele es sich bei dem Leasingvertrag um ein steuerlich unbeachtliches Scheingeschäft, weil auch die Ehefrau als Nutzerin im Versicherungsschein eingetragen war. Diese Gestaltung sei obendrein missbräuchlich i. S. v. § 42 AO.

BFH billigt das Modell und gewährt den Vorsteuerabzug

Das sah der BFH anders. Er entkräftete die Vorwürfe des Finanzamts bezüglich fehlender Unternehmertätigkeit, Scheingeschäft und Gestaltungsmissbrauch wie folgt (BFH, Urteil vom 29.09.2022, Az. V R 29/20, Abruf-Nr. 233198):

Vorwurf 1: Fehlende Unternehmertätigkeit

Die Ehefrau sei durch die vertragliche Nutzungsüberlassung des Pkw an ihren Ehemann sehr wohl als Unternehmerin tätig geworden. Sie habe schließlich nachhaltig eine Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt. Da sie den Pkw mit eigenen Mitteln angeschafft habe, habe sie auch das für die Selbstständigkeit charakteristische unternehmerische Risiko getragen. Obendrein müsse weder eine Leistung am allgemeinen Markt angeboten werden, um steuerbar zu sein, noch sei ein Geschäftslokal erforderlich, um wirtschaftlich tätig zu sein.

Vorwurf 2: Scheingeschäft

Entgegen der Auffassung des Finanzamts lag auch kein nach § 41 Abs. 2 S. 1 AO für die Besteuerung unerhebliches Scheingeschäft vor, weil der Leasingvertrag hinsichtlich seiner Hauptpflichten und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt wurde. Dass die Ehefrau – abweichend vom Leasingvertrag – die Wartungsarbeiten am Pkw selbst bezahlt hatte, reichte dem BFH nicht aus, um den Leasingvertrag als Scheingeschäft zu qualifizieren. Vielmehr hätten die Eheleute durch den Abschluss des Leasingvertrags die Pkw-Überlassung auf eine besondere schuldrechtliche Grundlage gestellt und sie damit aus der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft herausgehoben.

Vorwurf 3: Gestaltungsmissbrauch

Die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs war auch nicht systemwidrig oder missbräuchlich i. S. v. § 42 AO. Das macht der BFH daran fest, ob der Vermieter-Ehegatte die Mittel für den Erwerb und den Unterhalt des Mietobjekts in einem überschaubaren Zeitraum aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen leisten kann (BFH, Urteil vom 04.05.1994, Az. XI R 67/93). Nur dann kann er aufgrund finanzieller Unabhängigkeit seine wirtschaftlichen Entscheidungen frei treffen und trägt auch ein Unternehmerrisiko.

Wichtig | Eine rechtsmißbräuchliche Gestaltung liegt selbst dann nicht vor, wenn der Mieter-Ehegatte dem Vermieter-Ehegatten beim Erwerb des Gegenstands finanzielle Mittel in ausreichender Höhe (z. B. durch Schenkung) überlässt, die dem Vermieter-Ehegatten die Lastentragung (Zins und Tilgung sowie Bewirtschaftungskosten) aus eigener wirtschaftlicher Kraft ermöglichen (BFH, Urteil vom 15.04.1999, Az. V R 85/98). Anders ist es allerdings, wenn der geschenkte Geldbetrag nur durch die Aufnahme eines Kredits erfüllt werden konnte und der vom Vermieter-Ehegatten erworbene Gegenstand die Rückzahlung des Kredits sichert.

Im konkreten Fall hatte die Ehefrau ihre Vermieterstellung unstreitig aus eigener finanzieller Kraft wahrgenommen, da sie finanziell von ihrem Ehemann unabhängig war und den Pkw mit eigenen Mitteln bezahlt hatte. Somit lag kein Rechtsmissbrauch vor. Unerheblich war auch, ob der Zweck des Leasingvertrags ein Steuervorteil sei, so der BFH.

Aber: Private Nutzung durch die Ehefrau ist zu versteuern

Gleichwohl hat der BFH den Fall an die Vorinstanz (FG Baden-Württemberg) zurückverwiesen. Nach den Feststellungen des FG hatte nämlich auch die Ehefrau den Pkw genutzt. Dabei war es davon ausgegangen, dass dies als eigene Nutzung durch den Ehemann anzusehen sei, wenn er seiner Ehefrau erlaube, den von ihm geleasten Pkw zu nutzen. Entscheidend für diese Sichtweise war, dass im Leasingvertrag eine Vollvermietung vereinbart war und die Ehefrau sich vertraglich keine Eigennutzung vorbehalten hatte. Dem widersprach der BFH aber: Dass eine Vollvermietung vereinbart war, ist steuerlich unbeachtlich, wenn der Vertrag nicht tatsächlich entsprechend gelebt worden ist. Die Ehefrau war aber ja im Versicherungsschein auch als Fahrerin genannt, somit ist bei ihr eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu besteuern.

Bewährt sich das Ehegatten-Vorschaltmodell in der Praxis?

So toll das vom BFH gebilligte Ehegatten-Vorschaltmodell auf den ersten Blick klingen mag – man sollte nicht außer Acht lassen, dass die Frage, ob die unternehmerische Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird, stark einzelfallabhängig und in der Praxis oft alles andere als klar ist. Auch die Missbrauchsrechtsprechung ist einzelfallgeprägt und hängt entscheidend davon ab, ob das Geschäft tatsächlich so durchgeführt wird wie es nach außen vereinbart ist.

Das BFH-Urteil ist folglich kein Freifahrtschein für Vorschalt-Konstellationen. Wenn Sie ein entsprechendes oder vergleichbares Gestaltungsmodell in Erwägung ziehen, sollten Sie deshalb folgende fünf Punkte beachten:

1. Steuerpflichtige Vermietung ist nicht generell möglich

Die Vermietung ist nicht generell umsatzsteuerpflichtig möglich. Das gilt insbesondere für Grundstücke. Deren Vermietung ist nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG grundsätzlich steuerfrei; der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht immer möglich. Es kann z. B. dann nicht nach § 9 Abs. 1 UStG optiert werden, wenn der „Mieter-Unternehmer“ das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen oder er das Grundstück für Umsätze verwendet, die der Besteuerung nach Durchschnittssätzen i. S. v. §§ 23, 23a, 24 UStG unterliegen. Somit ermöglicht eine Vorschaltung den Vorsteuerabzug nicht.

2. Bei nahestehenden Personen ist Mindest-BMG zu berücksichtigen

Bei der Vermietung an nahestehende Personen muss die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG berücksichtigt werden. Deren Höhe orientiert sich dabei nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG an der für die Verwendung eines dem „Mieter-Unternehmer“ zugeordneten Gegenstands. Sie umfasst auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten. Betragen diese mindestens 500 Euro, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum von fünf Jahren (bei Grundstücken: zehn Jahre) zu verteilen.

Wichtig | Mit nahestehenden Personen sind in dem Zusammenhang nicht nur Angehörige i. S. v. § 15 AO gemeint, sondern auch Personen und Gesellschaften, zu denen eine enge rechtliche wirtschaftliche oder persönliche Beziehung besteht (Abschn. 10.7 Abs. 1 S. 2 UStAE).

3. Umsatz ist nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen

Auch nach oben gibt es eine Grenze: Der Umsatz ist nach § 10 Abs. 5 S. 1 2. Hs. UStG höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. Das ist der Betrag, den ein Dritter am Markt für die betreffende Leistung bezahlen würde.

Wichtig | Sofern vom „Vermieter-Unternehmer“ Aufwendungen für Wartungs- und Reparaturarbeiten etc. übernommen werden, erhöhen diese die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 Nr. 2 UStG.

4. Nebenleistungen teilen das Schicksal der Hauptleistung

Übernimmt der „Vermieter-Unternehmer“ weitere Leistungen wie z. B. die Kfz-Versicherung oder die Kfz-Steuer, handelt es sich um umsatzsteuerliche Nebenleistungen, die nach ständiger Rechtsprechung das Schicksal der Hauptleistung teilen und somit der Umsatzbesteuerung unterliegen (Abschn. 3.10 Abs. 5 UStAE). Bei der Mindestbemessungsgrundlage bleiben sie aber als Ausgaben, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, außer Acht.

5. Unternehmereigenschaft zieht Konsequenzen nach sich

Zu guter letzt gilt es zu bedenken, dass jede Unternehmereigenschaft auch „belastende“ (außer)steuerliche Folgen wie z. B. die regelmäßige, fristgerechte Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen nach sich zieht.

Fazit | Das Vorschaltmodell ist grundsätzlich geeignet, mittelbar einen Vorsteuerabzug und dadurch einen finanziellen Vorteil zu erlangen. Im Streitfall war das ein geringer vierstelliger Betrag bei einem Bruttokaufpreis von 78.000 Euro. Bei der Überlegung, eine solche Gestaltung zu wählen, sollte jedoch bedacht werden, dass deren Anerkennung nicht sicher und wie auch die Höhe des Vorteils stark einzelfallabhängig ist. Zudem schmälern Aufwendungen z.B. für Voranmeldung den wirtschaftlichen Erfolg.

AUSGABE: SSP 4/2023, S. 21 · ID: 49198806

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2023

Bildrechte