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Kinder und SteuernSteuerliche Erleichterungen für Kinder (Teil 6): Der Abzug von Kinderbetreuungskosten
| Kinder werden im Steuerrecht besonders gefördert. Da Gesetzgebung und Rechtsprechung sich laufend mit dem Thema „Kinder und Steuern“ befassen, ist es schier unmöglich, bei allen Abzugsmöglichkeiten up-to-date zu sein. SSP hat deshalb eine Beitragsreihe erarbeitet, deren Teil 6 sich mit dem Abzug von Kinderbetreuungskosten befasst. |
Die Grundsätze zum Sonderausgabenabzug
Betreuen Sie Ihre Kinder nicht nur selbst, sondern beauftragen Sie damit auch weitere Personen, können Sie die Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten geltend machen. Das regelt § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG.
Vier Voraussetzungen
Damit das Finanzamt Ihre Kinderbetreuungskosten anerkennt, müssen Sie folgende Voraussetzungen erfüllen (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG):
- 1. Es muss sich um Dienstleistungen zur Betreuung handeln.
- 2. Das Kind muss zu Ihrem Haushalt gehören.
- 3. Das Kind darf das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
- 4. Sie müssen eine Rechnung erhalten und diese unbar bezahlt haben.
Liegen die Voraussetzungen vor, können Sie die Aufwendungen als Sonderausgaben absetzen. Jedoch nicht in voller Höhe, sondern lediglich zu 2/3 und höchstens mit 4.000 Euro pro Jahr und Kind (nicht pro Elternteil). Die Kürzung auf 2/3 der Aufwendungen und Deckelung des Abzugs auf 4.000 Euro jährlich ist dabei aus Sicht des BFH verfassungsgemäß (BFH, Urteil vom 09.02.2012, Az. III R 67/09, Abruf-Nr. 121894). Dafür unterliegt der Höchstbetrag keiner zeitanteiligen Kürzung, wenn das Kind nicht ganzjährig betreut wird. Weitere Anwendungsfragen hat das BMF im Schreiben vom 14.03.2012 (Az. IV C 4 – S 2221/07/0012 :012, Abruf-Nr. 121317) geregelt.
Beispiel |
So gelingt der Sonderausgaben-abzug in der Praxis Frank und Maren haben einen zweijährigen Sohn. Für den Besuch der Kinderkrippe haben sie lt. Rechnung für fünf Monate 1.800 Euro durch Überweisung bezahlt. In der anderen Zeit haben die Eltern das Kind selbst betreut. Lösung: Die Aufwendungen von 1.800 Euro zur Kinderbetreuung sind mit 2/3, also 1.200 Euro, als Sonderausgabe abzugsfähig. Da die 1.200 Euro den Höchstbetrag von 4.000 Euro nicht überschreiten, ergibt sich in voller Höhe ein Abzug. Eine zeitanteilige Kürzung des Höchstbetrags ist nicht vorzunehmen. Frank und Maren tragen die Kinderbetreuungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung auf der Anlage Kind in den Zeilen 76 bis 82 mit 1.800 Euro ein. Die Kürzung auf 2/3 der Aufwendungen berücksichtigt das Finanzamt automatisch. |
Kinder im Ausland
Ist das Kind nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, weil es z. B. im Ausland wohnt, wird der Höchstbetrag gekürzt (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 EStG). Er reduziert sich auf den Betrag, der nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates des Kindes notwendig und angemessen ist. Es ist dabei die Ländergruppeneinteilung des BMF (Schreiben vom 11.11.2020, Az. IV C 8 – S 2285/19/10001 :002, Abruf-Nr. 219267) zu beachten. Für in Griechenland wohnende Kinder reduziert sich der Höchstbetrag z. B. auf 3/4 von 4.000 Euro. Maximal sind dann 3.000 Euro als Sonderausgabe abzugsfähig. Wichtig: Es wird der Höchstbetrag und nicht die Höhe der Aufwendungen gekürzt.
Der Aufwendungsbegriff näher definiert
Es ist egal, ob Sie die Aufwendungen in Geld oder – eher untypisch – in Geldeswert leisten. Auch wenn Sie eine Person zur Kinderbetreuung bei sich im Haushalt einstellen und diese bei Ihnen wohnen darf, sind Sie mit Aufwendungen belastet. Zum einen mit deren Vergütung (Geld) und zum zweiten mit der kostenlos gestellten Wohnung (Geldeswert). Auch Fahrtkosten, die Sie der Betreuungsperson ersetzen, sind abzugsfähig. Anders sieht es aus, wenn Sie Fahrtkosten für die Fahrt zu einer Betreuungsperson selbst tragen. Da diese Kosten nicht mit der Betreuung in Zusammenhang stehen, können sie nicht berücksichtigt werden (BFH, Urteil vom 29.08.1986, Az. III R 209/82).
Wichtig | Übt die Betreuungsperson mehrere Tätigkeiten aus (z. B. Au-pair, betreut Kinder und führt den Haushalt), können Sie nur den Anteil der Kinderbetreuung geltend machen. Diesen Anteil müssen Sie z. B. durch eine vertragliche Aufteilung der Tätigkeiten und eine Aufteilung des Entgelts nachweisen. Ohne Nachweis erkennt das Finanzamt 50 Prozent der Aufwendungen an (BMF, 14.03.2012, Rz. 7). Denken Sie aber daran, für den restlichen Anteil die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu beantragen (mehr dazu unten).
Die vier Abzugsvoraussetzungen im Detail
Zu den vier oben genannten Abzugsvoraussetzungen gibt es noch reichlich Detailfragen und -informationen:
1. Dienstleistungen zur Kinderbetreuung
Begünstigt sind sämtliche Aufwendungen für Dienstleistungen zur Kinderbetreuung – nicht die für die Kindesverpflegung. Der Dienstleistung muss also die behütende oder beaufsichtigende Betreuung, die persönliche Fürsorge für das Kind, erkennbar zugrunde liegen. Begünstigt sind deshalb z. B.
Beispiele |
In diesen Fällen ... Vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen sind (weil hier nicht die Betreuung Ihres Kindes im Vordergrund steht)
Ein Sonderausgabenabzug ist hingegen möglich, wenn das Kind einen bilingualen (zweisprachigen) Kindergarten besucht. Denn hier steht die Betreuung und nicht eine zweisprachige Erziehung im Vordergrund. |
- die Unterbringung von Kindern in Kindergärten, -tagesstätten, -horten, -heimen und -krippen sowie bei Tagesmüttern Wochenmüttern und in Ganztagespflegestellen,
- die Beschäftigung von Kinderpflegern und Erziehern,
- die Beschäftigung von Hilfen im Haushalt, soweit sie ein Kind betreuen (z. B. auch Nanny, Au-pair, Babysitter),
- die Beaufsichtigung des Kindes bei Erledigung seiner häuslichen Schulaufgaben (BFH, Urteil vom 17.11.1978, Az. VI R 116/78),
- die Kinderbetreuung durch Angehörige, wenn den Leistungen klare und eindeutige Vereinbarungen zu Grunde liegen, die zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen, tatsächlich so wie vereinbart durchgeführt werden und die Leistungen nicht üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage unentgeltlich erbracht werden (BMF, 14.03.2012, Rz. 4),Auch Familien- mitglieder können begünstigt sein
- die Kinderbetreuung durch Angehörige des Kindes, wenn diese lediglich für die Fahrten zum Kind eine Fahrtkostenentschädigung erhalten (z. B. 30 Cent je km – FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2012, Az. 4 K 3278/11, Abruf-Nr. 121877, SSP 1/2019, Seite 12 → Abruf-Nr. 45654272 und SSP 7/2012, Seite 1 → Abruf-Nr. 34148380). Vorteil: Während Sie den Fahrtkostenersatz absetzen können, brauchen die betreuenden Angehörigen den Ersatz nicht versteuern, da es sich um eine Entschädigung für tatsächliche Aufwendungen handelt.
Wichtig | Aufwendungen für den anderen Elternteil zur Betreuung Ihres gemeinsamen Kindes können nicht berücksichtigt werden, wenn Sie mit dem anderen Elternteil zusammen in einem gemeinsamen Haushalt leben (BFH, Urteil vom 06.11.1997, Az. III R 27/91). Gleiches git bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder einer Lebenspartnerschaft mit der Betreuungsperson. Der Abzug von Kinderbetreuungskosten scheidet – drittens – auch dann aus, wenn die die Leistung erbringende Person für das betreute Kind einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld hat.
2. Ein zum Haushalt gehörendes Kind
Sie können nicht für jedes Kind Kinderbetreuungskosen absetzen. Es muss sich für Sie zunächst um ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG handeln (also z. B. kein Stief- oder Enkelkind). Und das Kind muss auch zu Ihrem Haushalt gehören, also in Ihrem Haushalt leben. Sollte das Kind nur vorübergehend auswärtig untergebracht sein (z. B. Klassenfahrt) ist dies unschädlich. Für Ihren Haushalt ist es zudem nicht erforderlich, dass Sie selbst Mieter oder Eigentümer des Haushalts sind. Der Haushaltsbegriff ist auch dann erfüllt, wenn Sie mit Ihrem Kind noch in Ihrem eigenen Elternhaushalt oder in einer WG wohnen.
Praxistipp | Ist Ihr Kind in einem Heim untergebracht, gehen Sie nicht zwangsläufig leer aus. Die Heimunterbringung ist unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in Ihrer Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse Ihres Kindes berücksichtigen und Ihr Kind sich in Ihrem Haushalt regelmäßig aufhält (BFH, Urteil vom 14.11.2001, Az. X R 24/99, Abruf-Nr. 020141). |
3. Altersgrenze von 14 Jahren
Grundsätzlich können Sie nur Kinderbetreuungskosten für die Kinder geltend machen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Lassen Sie Ihre Kinder auch nach dem 14. Geburtstag noch betreuen, können Sie ab diesem Zeitpunkt keine Sonderausgaben mehr absetzen. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Ist Ihr Kind wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sich selbst zu unterhalten, können Sie ohne Beachtung dieser Altersgrenze Kinderbetreuungskosten absetzen. Also auch über das 25. Lebensjahr hinaus. Diese Abzugsmöglichkeit wird in der Praxis in vielen Fällen schlichtweg übersehen.
4. Rechnung und unbare Zahlung
Um den Sonderausgabenabzug beanspruchen zu können, müssen Sie für die Kinderbetreuungskosten eine Rechnung (nicht zwingend eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG) erhalten haben und diese muss unbar bezahlt worden sein. Die Rechnung sowie die Zahlungsnachweise sind jedoch nur auf Verlangen des Finanzamts vorzulegen („Belegvorhaltepflicht“). Barzahlungen berechtigen nicht zum Sonderausgabenabzug. Das gilt selbst dann, wenn die Barzahlung von der Betreuungsperson tatsächlich ordnungsgemäß verbucht und versteuert worden ist. Der Abzugszeitpunkt richtet sich ebenfalls nach dem Zeitpunkt der Zahlung, der für den Sonderausgabenabzug § 11 EStG gilt.
Das zählt als Rechnung Praxistipp | Einer Rechnung stehen gleich (BMF, 14.03.2012, Rz. 21):
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Abzugsbegehren mehrerer Elternteile
Besonderheiten gelten, wenn mehrere Elternteile die Kinderbetreuungskosten steuerlich absetzen wollen.
Die Eltern können eine Zusammenveranlagung beantragen
Entscheiden sich die Eltern für die Zusammenveranlagung, kommt es für den Sonderausgabenabzug nicht darauf an, welcher Elternteil die Aufwendungen geleistet hat. Die Aufwendungen werden pro Kind addiert, mit 2/3 angesetzt und mit dem Höchstbetrag von 4.000 Euro je Kind verglichen.
Entscheiden sich die Eltern für die Einzelveranlagung, sind Sonderausgaben dem Elternteil zuzurechnen, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat (§ 26a Abs. 2 S. 1 EStG). Deshalb kann jeder seine tatsächlichen Aufwendungen bis zur Höhe des hälftigen Abzugshöchstbetrags (also bis zu 2.000 Euro) geltend machen.
Aufteilung des Höchstbetrags ... Praxistipp | Die Eltern können einvernehmlich eine andere Aufteilung des Höchstbetrags beantragen (z. B. 1.000 Euro Ehemann und 3.000 Euro Ehefrau) und so einen größeren Sonderausgabenabzug generieren. Zudem können die Kinderbetreuungskosten auf übereinstimmenden Antrag von jedem Elternteil zur Hälfte abgezogen werden, also unabhängig davon, wer die Aufwendungen tatsächlich getragen hat. In diesem Fall ist aber auch der Höchstbetrag auf jeden Elternteil zur Hälfte zu verteilen (§ 26a Abs. 2 S. 2 EStG). |
Die Eltern können keine Zusammenveranlagung beantragen
Hier ist derjenige Elternteil zum Abzug der Aufwendungen berechtigt, der die Aufwendungen getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört. Die Aufwendungen können nicht dem anderen Elternteil zugeordnet werden, auch wenn sich dieses steuerlich besser auswirken sollten (BFH, Urteil vom 25.11.2010, Az. III R 79/09, Abruf-Nr. 111183).
... zum Steuern sparen möglich Praxistipp | Daher ist bereits bei Zahlung der Aufwendungen vorausschauend zu planen, bei welchem Partner sich der Sonderausgabenabzug mehr lohnt. Können beide Elternteile Aufwendungen geltend machen (z. B. bei in einer gemeinsamen Wohnung lebenden Partnern bei denen jeder Partner Aufwendungen trägt), kann jeder seine Aufwendungen bis zum hälftigen Höchstbetrag (also jeweils bis zu 2.000 Euro) absetzen. Kann nur ein Partner Aufwendungen absetzen, gilt bei ihm der volle Höchstbetrag von 4.000 Euro Auch hier können die Eltern einvernehmlich eine andere Aufteilung des Höchstbetrags beantragen (z. B. 1.000 Euro Vater und 3.000 Euro Mutter). Das Wahlrecht sollte insbesondere dann ausgeübt werden, wenn bei einem Elternteil der Höchstbetrag über- und beim anderen Elternteil der Höchstbetrag unterschritten wird. Andernfalls gehen Sonderausgaben verloren. Das Wahlrecht wird auf der Anlage Kind ausgeübt. |
Die Abzugskonkurrenz zu § 35a EStG
Erfolgt die Kinderbetreuung in Ihrem Haushalt, fallen die Aufwendungen einerseits unter § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG und andererseits unter § 35a EStG (direkte Steuerermäßigung in Höhe von 20 Prozent der Aufwendungen). Sie können aber weder doppelt profitieren noch sich für eine Abzugsmöglichkeit entscheiden. Denn der Sonderausgabenabzug geht der Steuerermäßigung vor (§ 35a Abs. 5 S. 1 EStG). Das gilt gemäß dem BMF-Schreiben vom 14.03.2012 nicht nur für die tatsächlich abgezogenen Sonderausgaben, sondern auch für die zu 1/3 nicht abzugsfähigen Beträge sowie für alle Aufwendungen, die den Höchstbetrag von 4.000 Euro je Kind übersteigen.
- Die Teile 1 bis 5 der Beitragsserie „Kinder und Steuern“ finden Sie auf ssp.iww.de.Teile 1-5 der Serie auf www.ssp.iww.de
AUSGABE: SSP 4/2023, S. 8 · ID: 48660833