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EinkommensteuerDie Entschädigung von Schöffen: Steuerfrei oder steuerpflichtig?

Abo-Inhalt08.03.20233445 Min. LesedauerVon Diplom-Finanzwirt (FH) Michael Heine, LL.M., Stauchitz

| 2023 ist das Jahr der Schöffenwahl: Ca. 60.000 ehrenamtliche Richter an Amts- und Land- sowie Finanzgerichten werden für die Amtszeit von 2024 bis 2028 neu gewählt. Anlass genug für SSP, einen Blick darauf zu werfen, inwieweit Schöffen Vergütungen (korrekter Entschädigungen) versteuern müssen und, ob Sie Aufwendungen dagegen rechnen können. |

So werden Schöffen „bezahlt“

Schöffen erhalten für ihre Tätigkeit kein Entgelt. Sie haben aber nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) Anspruch auf die Entschädigung von Nachteilen, die ihnen durch ihre Heranziehung als Schöffe entstanden sind. So erhalten sie

  • Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG),
  • Tagegeld (§ 6 JVEG),
  • Aufwandsersatz (z. B. Kopierkosten; § 7 JVEG),
  • eine Entschädigung für ihre Zeitversäumnis (§ 16 JVEG),
  • eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 17 JVEG) und
  • eine Entschädigung für Verdienstausfall (§ 18 JVEG).

Die Steuerpflicht ist für jede Entschädigung gesondert zu beurteilen.

Bestandteile der Entschädigung werden einzeln betrachtet

Die einzelnen Entschädigungsbestandteile sind steuerlich unterschiedlich zu behandeln – teilweise unterliegen sie der Einkommensteuer, teilweise sind sie steuerfrei (BFH, Urteil vom 31.01.2017, Az. IX R 10/16, Abruf-Nr. 192767):

Fahrtkostenersatz und Tagegeld

Die Erstattung der Fahrtkosten und das Tagegeld unterfallen der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG und sind in voller Höhe steuerfrei.

Aufwandsersatz

Die Aufwandsentschädigung wird bis zu einem Betrag von 250 Euro monatlich von der Finanzverwaltung als steuerfrei behandelt (R 3.12 Abs. 3 S. 2 LStR). Dieser Höchstbetrag wird von den Schöffen regelmäßig nicht überschritten.

Entschädigung für Zeitversäumnis

Die Entschädigung für Zeitversäumnis entsteht unabhängig von einem Einkommensverlust oder einem sonstigen Nachteil. Sie wird auch nicht nach der Einkommenshöhe des Schöffen errechnet. Damit tritt sie nicht an die Stelle entgangener Einnahmen aus dem Hauptberuf und kann keiner Einkunftsart zugeordnet werden. Sie ist folglich nicht steuerbar.

Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung

Diesen Entschädigungsbestandteil erhalten nur Schöffen, die nicht (mehr) erwerbstätig sind (z. B. Rentner, Studenten) und Teilzeitbeschäftigte, die außerhalb ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitszeit zum Schöffendienst herangezogen werden. Die Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung ist nicht steuerpflichtig, da sie nicht als Ersatz für entgehende Einnahmen im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG gewährt wird.

Entschädigung für Verdienstausfall

Die Entschädigung nach § 18 JVEG stellt eine steuerpflichtige Einnahme dar, da sie als konkreter Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen aus dem Hauptberuf gewährt wird. § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG ordnet die Einnahmen der jeweiligen Einkunftsart des Hauptberufs zu.

Der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug

Aufwendungen, die nach dem JVEG nicht gesondert entschädigt werden, dem Schöffen aber im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit erwachsen, sind als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten vom steuerpflichtigen Teil der Entschädigungen abzugsfähig. Die Details zeigt das Beispiel.

Zusammenfassendes Beispiel

Der angestellte Ingenieur A wird zum Schöffen am Amtsgericht bestellt. Er ist fortan als ehrenamtlicher Richter in einer Strafkammer tätig. Im Kalenderjahr 2022 hat A von der Justizhauptkasse eine Entschädigung für Verdienstausfall in Höhe von 3.500 Euro (bemessen nach seinem Einkommen), für Zeitversäumnis in Höhe von 700 Euro (100 Stunden x sieben Euro/Stunde), Fahrtkostenersatz in Höhe von 500 Euro (1.000 km mit eigenem Pkw x 0,42 Euro/km + 80 Euro Parkgebühren) und Tagegelder in Höhe von 420 Euro (30 Tage x 14 Euro) ausgezahlt bekommen – in Summe waren das 5.120 Euro. Auf die Gerichtsverfahren hat sich A in seiner eigenen Wohnung an 50 Tagen nach der Arbeit vorbereitet und sich dafür Fachliteratur für insgesamt 300 Euro beschafft.

Lösung:

  • Entschädigung für Verdienstausfall: Die Entschädigung für Verdienstausfall muss A in voller Höhe (= 3.500 Euro) bei seinen Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit nach § 19 EStG erfassen.
  • Entschädigung für Zeitversäumnis: Die Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 700 Euro ist nicht steuerbar. A muss sie folglich nicht in seiner Einkommensteuererklärung angeben.
  • Fahrtkostenersatz und Tagegelder: Der Ersatz der Fahrtkosten und die Tagegelder bleiben nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG in voller Höhe, also in Höhe von 920 Euro (500 Euro + 420 Euro) steuerfrei.
  • Abzug von Werbungskosten für weitere Aufwendungen: Durch die Nutzung einer Wohnung zur Vorbereitung auf die Sitzungstage sind A anteilig Raumkosten entstanden. Dafür kann er die Home-Office-Pauschale in Höhe von fünf Euro pro Tag (ab 2023: sechs Euro pro Tag) beanspruchen und seine Kosten für die erworbene Literatur geltend machen. Insgesamt kann A also von den steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Schöffenamt (3.500 Euro) Werbungskosten in Höhe von 550 Euro (50 Tage x fünf Euro = 250 Euro + 300 Euro für Literatur) abziehen.

AUSGABE: SSP 4/2023, S. 6 · ID: 49228205

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