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SBStiftungsBrief

Stiftungsvermögen Das Stiftungsvermögen nach dem neuen Stiftungsrecht: Die Eckpunkte beim Grundstockvermögen

Top-BeitragAbo-Inhalt15.01.2024869 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin und Dipl.-Kffr. (FH) Melanie Jakobs, Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

| Die im BGB verankerte Stiftungsrechtsreform, die am 01.07.2023 in Kraft getreten ist, hat eine Reihe von Neuregelungen zum Stiftungsvermögen hervorgebracht. Es wird nun differenziert zwischen dem Grundstockvermögen und dem sonstigen Vermögen. Zudem finden sich erstmalig bundeseinheitliche Regelungen zur Verwaltung des Stiftungsvermögens im Gesetz. Grund für SB, die Neuerungen zum Stiftungsvermögen in einer zweiteiligen Serie zu beleuchten. Teil 1 erläutert die Zusammensetzung des Grundstockvermögens sowie die Anforderungen an die Verwaltung dieses Vermögens. |

So setzt sich das Grundstockvermögen zusammen

Mit der Reform des Stiftungsrechts unterscheidet der Gesetzgeber in § 83b Abs. 1 BGB erstmalig zwischen dem Grundstockvermögen und dem sonstigen Vermögen. Weiterhin wurden die einzelnen Komponenten des Grundstockvermögens klar definiert. Nach § 83b Abs. 2 BGB besteht das Grundstockvermögen einer Stiftung aus

  • dem gewidmeten Vermögen,
  • dem der Stiftung zugewendeten Vermögen, das vom Zuwendenden dazu bestimmt wurde, Teil des Grundstockvermögens zu werden (Zustiftung) und
  • dem Vermögen, das von der Stiftung zu Grundstockvermögen bestimmt wurde.

Gewidmetes Vermögen

Unter dem gewidmeten Vermögen einer „Ewigkeitsstiftung“ ist die Erstdotation nach § 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu verstehen, die bei Stiftungserrichtung zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu widmen ist. Mit diesem gewidmeten Vermögen wird das Grundstockvermögen einer auf Dauer errichteten Stiftung begründet.

Grundstockvermögen durch Zustiftungen

Das Grundstockvermögen kann im Laufe der Zeit durch spätere Zuwendungen, sog. Zustiftungen, erhöht werden; dies gilt unabhängig davon, ob die Zustiftung vom Stifter stammt oder von Seiten Dritter.

Von der Stiftung zu Grundstockvermögen bestimmtes Vermögen

Darüber hinaus kann die Stiftung bereits vorhandene Vermögenswerte nachträglich zu Grundstockvermögen bestimmen. Hierzu gehören insbesondere die freie Rücklage oder Umschichtungsgewinne.

Beispiel

Der A-Stiftung hat Stifter B bei Errichtung im Jahr 2010 ein Vermögen in Höhe von zwei Mio. Euro gewidmet. Im Jahr 2015 erfolgte eine Zustiftung, die ein Freund des

Stifters in Höhe von 500.000 Euro für das Grundstockvermögen bestimmt hat. Die A-Stiftung hat im Jahr 2023 eine freie Rücklage in Höhe von 50.000 Euro aufgelöst und sie dem Grundstockvermögen zugewendet.

Ergebnis: Das Grundstockvermögen weist eine Höhe von 2.550.000 Euro auf.

Die Verwaltung des Grundstockvermögens

Bis zur Reform des Stiftungsrechts fanden sich Ausführungen zur Verwaltung des Stiftungsvermögens ausschließlich in den Landesstiftungsgesetzen. Mit der Einführung des § 83c Abs. 1 BGB ist eine bundeseinheitliche abschließende Regelung getroffen worden. Somit haben sich die Regelungen in den Landesstiftungsgesetzen erübrigt.

Grundsatz der Vermögenserhaltung ist in § 83c Abs. 1 S. 1 BGB geregelt

Nach § 83c Abs. 1 S. 1 BGB ist das Grundstockvermögen einer Stiftung ungeschmälert zu erhalten. Hieraus kann ein grundsätzliches Verbot zum Verbrauch des Grundstockvermögens abgeleitet werden. Ausnahmsweise kann die Stiftung nach § 83c Abs. 2 BGB einen Teil des Grundstockvermögens für die Zweckverwirklichung verbrauchen, wenn dies durch die Satzung erlaubt und das Grundstockvermögen in absehbarer Zeit wieder aufgestockt wird. Nach der Gesetzesbegründung muss die Aufstockung in den Folgejahren erfolgen (BT-Drs. 19/28173, Seite 58, Abruf-Nr. 222161). Enthält die Satzung keine Ermächtigung, kann die zuständige Stiftungsbehörde nach § 83c Abs. 3 BGB auf Antrag eine Ausnahme vom Gebot der Erhaltung des Grundstockvermögens zeitlich befristet zulassen, sofern die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Wichtig | Der Wortlaut des Gesetzes gibt keine eindeutige Antwort auf die Frage, was unter dem ungeschmälerten Erhalt des Grundstockvermögens zu verstehen ist. Es gibt weder Vorgaben für die Verwaltung des Stiftungsvermögens noch finden sich Regelungen dazu, ob das Vermögen nominal oder real zu erhalten ist. Diese Frage ist jedoch von großer Bedeutung, weil eine nominale Werterhaltung bereits erfüllt ist, wenn sich der zu einem Stichtag festgestellte Wert des Vermögens nicht verändert hat. Dagegen fordert die reale Werterhaltung, dass zusätzlich ein Inflationsausgleich zur Erhaltung der Kaufkraft erwirtschaftet werden muss.

Nach der Gesetzesbegründung sind die Anforderungen an die Vermögenserhaltung abhängig vom Zweck der Stiftung, von der Zusammensetzung des Grundstockvermögens sowie von der Nutzung des Stiftungsvermögens für den Stiftungszweck (BT-Drs. 19/28173, Seite 57, Abruf-Nr. 222161).

Beispiel

Die Stifterin hat bei Stiftungserrichtung eine denkmalgeschützte Immobilie in das Grundstockvermögen eingebracht. Zur nachhaltigen Verwirklichung des Stiftungszwecks sollen in dieser Immobilie die ebenfalls in das Grundstockvermögen eingebrachten Kunstgegenstände ausgestellt werden.

Die Zweckverwirklichung erfolgt hier durch den Einsatz des Grundstockvermögens. Die Anforderungen, die der Stiftungsvorstand aus dem Erhaltungsgebot zu erfüllen hat, bedeuten, die Immobilie nicht zu veräußern und in ihrem Zustand zu erhalten (Substanzerhaltung). Gleiches gilt für die zu erhaltenden Kunstgegenstände. Die Wertentwicklung spielt in diesem Fall eine untergeordnete Rolle.

Bei einer Kapitalstiftung, deren Zwecke aus den Erträgen des Grundstockvermögens zu erfüllen sind, verhält es sich jedoch anders. Nach der Gesetzesbegründung bedeutet der ungeschmälerte Erhalt des Grundstockvermögens, „dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks durch die Nutzungen aus dem Vermögen sowohl gegenwärtig als auch langfristig gewährleistet wird“ (BT-Drs. 19/28173, Seite 57, Abruf-Nr. 222161). Diese Begründung deutet zumindest daraufhin, dass der Gesetzgeber eine reale Kapitalerhaltung im Blick hatte.

Primat des Stifterwillens zur Vermögensverwaltung

Entscheidend im Hinblick auf die Vermögensverwaltung sind die Vorgaben des Stifters in der Satzung. Sofern für die Vermögenserhaltungspflicht keine besonderen Anordnungen in der Satzung getroffen wurden, kann hilfsweise auch auf den mutmaßlichen Stifterwillen abgestellt werden (§ 83 Abs. 2 BGB). Dem Stifter steht es frei, Vorgaben für die Vermögensverwaltung sowie für den Erhalt des Grundstockvermögens in der Satzung festzulegen.

Nach herrschender Meinung kann die Stiftung sowohl zur nominalen als auch zur realen Vermögenserhaltung verpflichtet werden (Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht Fritz/Werner Rz. 7ff zu § 83c BGB). Diese Sichtweise vertreten auch die Stiftungsanerkennungsbehörden nach unseren Erfahrungen.

Wie kann Nachweis der Vermögenserhaltung erbracht werden?

Sofern einzelne Vermögensgegenstände des Grundstockvermögens eine tatsächliche Wertsteigerung erfahren, trägt dieser Zuwachs (stille Reserve) zum Kapitalerhalt bei. Daneben können nach § 83b Abs. 2 BGB Vermögenswerte, die nicht zum Verbrauch für die Stiftungszwecke bestimmt sind, in den Nachweis des Kapitalerhalts einbezogen werden. Denn es besteht jederzeit die Option, freie Rücklagen oder realisierte Umschichtungsgewinne nachträglich als Grundstockvermögen zu bestimmen.

Fazit | Die neuen Regelungen zur Struktur des Stiftungsvermögens im BGB haben zur Vereinheitlichung und Klarstellung in der Terminologie und Definition der einzelnen Vermögenskomponenten geführt. Für die Verwaltung des Stiftungsvermögens sowie für den Erhalt des Grundstockvermögens werden sowohl dem Stifter als auch den verantwortlichen Organen etliche Handlungsoptionen eingeräumt.

Weiterführender Hinweis
  • Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe fortgesetzt. Dort wird das Thema „Sonstiges Vermögen“ behandelt.

AUSGABE: SB 2/2024, S. 23 · ID: 49865198

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