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EhrenamtEinkommensteuerliche Behandlung von Aufwandsentschädigungen: FinMin Thüringen mit Update

Top-BeitragAbo-Inhalt23.06.2023272 Min. LesedauerVon RAin und Fachanwältin für Steuer- und Sozialrecht Gabriele Ritter, Ritter&Partner mbB, Rechtsanwälte und Steuerberater, Wittlich

| Ehrenamtlich Tätige sind aus gemeinnützigen Einrichtungen kaum wegzudenken. Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts haben sich zum 01.01.2023 zum Teil grundlegende Änderungen für ehrenamtliche Betreuer ergeben. Das FinMin Thüringen hat den Änderungen im BGB Rechnung getragen und zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigungen Stellung genommen. SB gibt einen Überblick, was nun bei Aufwandsentschädigungen steuerlich gilt. |

Änderungen im Betreuungsrecht zum 01.01.2023

Ehrenamtliche Betreuer sind diejenigen, die eine rechtliche Betreuung außerhalb einer Berufstätigkeit übernommen haben. Durch die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 01.01.2023 hat sich die Systematik der Vergütungsregeln geändert. Unterschieden wird zwischen berufsmäßig und nicht berufsmäßig tätigen Vormündern und Betreuern.

  • Im BGB werden jetzt nur die Ansprüche des nicht beruflich tätigen Vormunds und des ehrenamtlichen Betreuers geregelt. Eine Vergütung im engeren Sinne erhalten ehrenamtliche Betreuer nicht. Sie können aber eine jährliche Aufwandspauschale geltend machen. Seit dem 01.01.2023 beträgt diese 425 Euro (§ 1878 Abs. 1 BGB i. V. m. § 22 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz [JVEG]).
  • Die Vergütungsansprüche der beruflich tätigen Vormünder und Betreuer sind im VBVG (Vormund- und Betreuervergütungsgesetz) geregelt, § 1875 Abs. 2 BGB.

FinMin fasst steuerliche Spielregeln zusammen

Durch die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts haben sich Änderungen hinsichtlich der BGB-Verweise ergeben. Das FinMin Thüringen hat diese Änderungen zum Anlass genommen, die grundlegende einkommensteuerliche Behandlung der Aufwandsentschädigungen mit den entsprechenden Verweisen auf die Neuregelungen im BGB zusammenzufassen (FinMin Thüringen, Verfügung vom 09.01.2023, Az. 1040-21 – S 2121/18-2-2898/2023, Abruf-Nr. 233919). Die Verfügung verweist dazu auf zurückliegende Rechtsprechung wie das grundlegende BFH-Urteil vom 17.10.2012 (Az. VIII R 57/09, Abruf-Nr. 130041). Es gilt Folgendes:

Aufwandsentschädigung als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit

Die Aufwandsentschädigung, jetzt geregelt in § 1878 BGB (vorher § 1835a BGB), ist den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit als vermögensverwaltende Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen.

§ 3 Nr. 26b EStG ist Spezialnorm

Seit dem Veranlagungszeitraum 2011 ist § 3 Nr. 26b EStG als spezielle und alleinige Steuerbefreiungsvorschrift für Aufwandsentschädigungen im Betreuungsrecht (jetzt geregelt in § 1878 BGB, vorher in § 1835a BGB) anzuwenden.

Ein Freibetrag für alle in § 3 Nr. 26 und Nr. 26b EStG genannten Tätigkeiten

Nach § 3 Nr. 26b EStG sind entsprechende Vergütungen (Aufwandsentschädigungen) steuerfrei, soweit sie zusammen mit steuerfreien Einnahmen i. S. d. § 3 Nr. 26 EStG den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 S. 1 EStG (ab VZ 2021: 3.000 Euro) nicht überschreiten. Folglich gilt für alle in § 3 Nr. 26 und Nr. 26b EStG genannten Tätigkeiten nur ein Freibetrag von 3.000 Euro.

Beispiel

Ein ehrenamtlich Tätiger einer gemeinnützigen Einrichtung erhält 425 Euro als ehrenamtlicher Betreuer. Zusätzlich erhält er noch eine Übungsleiterpauschale von 2.400 Euro.

Ergebnis: Für alle in § 3 Nr. 26 und Nr. 26b EStG genannten Tätigkeiten gilt nur ein Freibetrag i.H.v. 3.000 Euro. Dieser wird eingehalten mit 2.400 Euro jährlich steuerfrei nach § 3 Nr. 26 EStG und 425 Euro jährlich steuerfrei nach § 3 Nr. 26b EStG.

Ein Verbrauch des Freibetrags z. B. durch eine Übungsleitertätigkeit führt zur Steuerpflicht der gezahlten Aufwandsentschädigung als ehrenamtlicher Betreuer.

Beispiel

Ein ehrenamtlich Tätiger einer gemeinnützigen Einrichtung erhält aus zwei Betreuungen je 425 Euro (zusammen 850 Euro). Zusätzlich erhält er noch eine Übungsleiterpauschale von 3.000 Euro von einer gemeinnützigen Stiftung.

Ergebnis: Durch die Übungsleitertätigkeit ist der Freibetrag von 3.000 Euro bereits aufgebraucht. Die 850 Euro jährlich aus der Betreuertätigkeit sind als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig.

Des Weiteren ist der Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG ausgeschlossen, wenn die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG in Anspruch genommen wurde (BMF, Schreiben vom 21.11.2014, Az. IV C 4 – S 2121/07/0010 :032, Tz. 5, Abruf-Nr. 187572).

Allgemeine Betriebsausgabenpauschale nicht mehr möglich

Die Berücksichtigung einer allgemeinen Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 25 Prozent der erhaltenen Aufwandsentschädigung ist – so die Verfügung – seit dem Veranlagungszeitraum 2015 nicht mehr möglich.

Ein Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben ist abweichend von § 3c EStG nur insoweit möglich, als die Einnahmen des ehrenamtlichen Betreuers und gleichzeitig auch die berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben die steuerfreien Einnahmen übersteigen (§ 3 Nr. 26b S. 2 i. V. m. Nr. 26 S. 2 EStG). Dazu ein Beispiel:

Beispiel

Ein ehrenamtlich Tätiger einer gemeinnützigen Einrichtung erzielt aus einer nach § 3 Nr. 26b EStG begünstigten Übungsleitertätigkeit Einnahmen in Höhe von 4.000 Euro. Seine Kosten in Zusammenhang mit dieser Tätigkeit belaufen sich auf 3.300 Euro.

Ergebnis: Die Einnahmen des ehrenamtlich Tätigen sind teilweise steuerfrei und teilweise steuerpflichtig. Die Kosten können nur abgezogen werden, soweit sie die 3.000 Euro übersteigen. Es sind somit 300 Euro abziehbar. Zu versteuern sind demnach Einkünfte in Höhe von 700 Euro (1.000 Euro ./. 300 Euro).

Betreuungen für bis zu sieben Personen steuerfrei möglich

Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG hat zur Folge, dass Betreuungen für bis zu sieben Personen „steuerfrei übernommen“ werden können (7 x 425 Euro = 2.975 Euro), wenn keine anderen steuerfreien Einkünfte im Rahmen der Übungsleiterpauschale vorliegen. Diese Steuerbefreiung soll in Anbetracht der alternden Gesellschaft, die künftig vermehrt auf ehrenamtliche Betreuer usw. angewiesen sein wird, deren Tätigkeit dadurch aufwerten, dass sie eine gleich hohe Steuerbefreiung erhalten wie z. B. Übungsleiter in gemeinnützigen Vereinen.

Einnahmen nach § 3 Nr. 26, 26a, 26b EStG und die EÜR

Was die Anlage EÜR angeht, gilt für die ehrenamtlich Tätigen je nach Fallgestaltung Folgendes:

  • Bleiben die Einnahmen nach § 3 Nr. 26, 26a, 26b EStG insgesamt steuerfrei, sind die ehrenamtlich Tätigen nicht verpflichtet, eine Anlage EÜR (weder in Papierform noch als Datensatz) an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
  • Übersteigen die Einnahmen die Freibeträge oder werden anstelle der Freibeträge bzw. zusätzlich zu den Freibeträgen die tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben abgezogen, muss zwar zwingend die Anlage EÜR genutzt werden. Eine Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Anlage EÜR ergibt sich hier jedoch nur, wenn die ermittelten Einkünfte (Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und/oder Betriebsausgaben) die Grenze von 410 Euro überschreiten.

AUSGABE: SB 7/2023, S. 138 · ID: 49552085

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