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SBStiftungsBrief

VerbrauchsstiftungDie Facetten einer Verbrauchsstiftung: Für wen ist sie geeignet und was gilt es zu beachten?

Top-BeitragAbo-Inhalt12.05.20235491 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin und Dipl.-Kffr. (FH) Melanie Jakobs, Stiftungszentrum.law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

| Seit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 21.03.2013, mit dem die Verbrauchsstiftung in § 80 Abs. 2 BGB ausdrücklich zugelassen wurde, erfreut sie sich zunehmender Beliebtheit. Auch die in den vergangenen Jahren anhaltend niedrige Ertragssituation an den Kapitalmärkten hat den Trend zur Verbrauchsstiftung weiter beschleunigt. Wer sich mit seinem Vermögen für eine gute Sache einsetzen möchte, sollte die Verbrauchsstiftung einmal genauer betrachten. SB macht Sie damit vertraut. |

Was ist bei Errichtung einer Verbrauchsstiftung zu beachten?

Anders als bei der „Ewigkeitsstiftung“ werden bei der Verbrauchsstiftung nicht nur die Erträge des Vermögens für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet, sondern auch das Vermögen selbst.

Eine Verbrauchsstiftung kann in Form einer rechtlich selbstständigen Stiftung oder einer Treuhandstiftung errichtet werden.

Rechtsfähige Verbrauchsstiftung

Die Anerkennung einer rechtsfähigen Verbrauchsstiftung setzt voraus, dass sie für mindestens zehn Jahre besteht (§ 80 Abs. 2 S. 2 BGB). Dabei muss die Zweckverwirklichung über den gesamten Zeitraum gesichert erscheinen. Das Stiftungskapital kann somit nicht beliebig verbraucht werden. Vielmehr muss die Zweckverwirklichung auch im zehnten Jahr genauso gesichert sein wie im Jahr der Stiftungserrichtung. Dies kann, wie im nachfolgenden Beispiel gezeigt, durch einen degressiven Vermögensverbrauch erreicht werden.

Beispiel

Die A-Stiftung ist eine rechtsfähige Verbrauchsstiftung, die über ein Stiftungskapital von 500.000 Euro verfügt und über zehn Jahre bestehen soll. Sie fördert den Zweck der Kunst und Kultur. Zur Vergabe eines Kunstpreises an Nachwuchskünstler schüttet die Stiftung jährlich zehn Prozent des zu Beginn des jeweiligen Jahres noch vorhandenen Vermögens aus. Im zehnten Jahr kann das Vermögen dann vollständig aufgebraucht werden.

Bei einer rechtsfähigen Verbrauchsstiftung ist das Stiftungsvermögen einschließlich der Zuwendungen auch nach der Stiftungsrechtsreform, die am 01.07.2023 in Kraft getreten ist, innerhalb des festgelegten Zeitraums zu verbrauchen. Das bedeutet, dass die Stiftung ein festgelegtes Enddatum hat. Dies sollte bei der Entscheidung über die Laufzeit der Stiftung bedacht werden.

Die Fortführung der Stiftung über einen darüberhinausgehenden Zeitraum ist denkbar. Der Stifter muss die Voraussetzungen dafür aber so eindeutig definieren, dass künftige Entscheidungsträger keinen Ermessensspielraum mehr haben.

SATZUNGSKLAUSEL / Fortführung der Stiftung

Für den Fall, dass der ... Stiftung rechtzeitig vor Beendigung ein Vermögen von mindestens ... Euro vom Stifter oder Dritten zugewendet oder bindend zugesagt wurde, verlängert sich der Verbrauchszeitraum um weitere ... Jahre.

Treuhänderische Verbrauchsstiftung

Anders als bei der rechtsfähigen Verbrauchsstiftung kann bei der sogenannten Treuhandstiftung das Ende der Stiftung offenbleiben. Die Treuhandstiftung ist eine rechtlich nicht selbstständige Stiftung, die von einem Treuhänder verwaltet wird. Auf Treuhandstiftungen findet das Stiftungsrecht des BGB keine Anwendung. Hier gelten die Regelungen des Auftrags- bzw. Schenkungsrechts. Infolgedessen muss die treuhänderische Verbrauchsstiftung kein festgelegtes Enddatum haben. Dies bietet Stiftern eine deutlich höhere Flexibilität.

Bei der treuhänderischen Verbrauchsstiftung ist also eine optionale Verbrauchsregelung ohne Enddatum möglich, z. B.:

SATZUNGSKLAUSEL / Optionale Verbrauchsregelung

  • 1. Es können jährlich drei bis fünf Prozent des zu Beginn des jeweiligen Jahres noch vorhandenen Stiftungsvermögens verbraucht werden.
  • 2. Das nach 20 Jahren noch vorhandene Vermögen kann innerhalb von ... Jahren verbraucht werden.

Wie wird die Verbrauchsstiftung steuerlich behandelt?

Die Verbrauchsstiftung unterliegt grundsätzlich den gleichen steuerlichen Regelungen und Rahmenbedingungen wie die „klassische“ Stiftung. Der Stifter einer Verbrauchsstiftung hat allerdings nicht die gleichen steuerlichen Vergünstigungen wie der Stifter einer „Ewigkeitsstiftung“.

Zuwendungen an Verbrauchsstiftungen

Bei einer Verbrauchsstiftung kann der Stifter nur die allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträge des § 10b Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen. Nach dieser Regelung gilt:

  • Privatpersonen können jährlich bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke geltend machen.
  • Einzelunternehmen und Personengesellschaften können 20 Prozent des Gewinns bzw. vier Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Wirtschaftsjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter steuerlich geltend machen.

Wichtig | Der erhöhte Sonderausgabenabzug nach § 10b Abs. 1 a EStG für Vermögensstockspenden, wonach bis zu einer Mio. Euro innerhalb von zehn Jahren beliebig steuerlich geltend gemacht werden können, steht dem Stifter einer Verbrauchsstiftung nicht zu. Dieser kann nur für Zuwendungen in das Grundstockvermögen einer auf Dauer angelegten Stiftung in Anspruch genommen werden.

Die allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträge des § 10b Abs. 1 EStG gelten nicht nur für Zuwendungen anlässlich einer Stiftungserrichtung, sondern auch für nachträgliche Zuwendungen in das Verbrauchsvermögen.

Verbrauchsstiftung kann auch gemeinnützig sein

Soweit eine Verbrauchsstiftung steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, kann sie auch als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO anerkannt werden. Gemeinnützige Körperschaften sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Hiervon ausgenommen sind Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Diese unterliegen gemäß § 64 Abs. 3 AO der Körperschaft- und Gewerbesteuer, soweit die Einnahmen einschl. Umsatzsteuer 45.000 Euro pro Jahr übersteigen.

Wann ist eine Verbrauchsstiftung sinnvoll?

Es gibt mehrere Gründe, die für eine Verbrauchsstiftung sprechen können:

  • Der Stifter möchte die wohltätigen Effekte der Stiftung selbst mitverfolgen und die Besetzung der Organe selbst steuern; dabei ist der dauerhafte Bestand der Stiftung nicht von Bedeutung.
  • Bei einem anspruchsvollen Stiftungszweck sind für die laufende Stiftungsaktivität größere Ausgaben erforderlich, bspw. bei einer Stiftung zur Erforschung und Behandlung einer bisher unheilbaren Erkrankung. Der Stiftungszweck kann womöglich eher erreicht werden, wenn für die Entwicklung eines Medikaments nicht nur die Erträge, sondern auch das gesamte Stiftungsvermögen aufgebraucht werden darf.
  • Das Stiftungsvermögen ist zu niedrig, um den Stiftungszweck dauerhaft allein zu verwirklichen. Ein passender Kooperationspartner wurde auch nach längerer Suche nicht gefunden.
  • Die derzeitige Situation an den Finanzmärkten mit anhaltend niedrigem Zinsniveau führt dazu, dass auch bei größeren Stiftungsvermögen häufig nur geringe Erträge für den Stiftungszweck zur Verfügung stehen. Viele Stifter wünschen sich jedoch, dass möglichst viel von ihrem Vermögen unmittelbar in den Projekten ankommt.
  • Der Stifter ist sich bewusst, dass erwartete Spenden bzw. Zustiftungen nach dem eigenen Ausscheiden deutlich zurückgehen werden und eine dauerhaft errichtete Stiftung sehr schnell in Gefahr geraten könnte, ihre Stiftungszwecke nicht wie geplant realisieren zu können.
  • Der Stifter ist sich bewusst, dass die Besetzung der Stiftungsorgane mit geeigneten Nachfolgern problematisch sein wird.
  • Das Vorhaben ist von Anfang an zeitlich befristet. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche. Die eigens für diesen Zweck gegründete Stiftung wendete sowohl die Erträge als auch das Stiftungsvermögen für den Wiederaufbau der Kirche auf. In diesem Fall endet die Stiftung ausnahmsweise nicht durch Zeitablauf, sondern durch die vollständige Erfüllung des Stiftungszwecks.

Hybridstiftung als Alternative?

Die Hybridstiftung verfügt über zwei unterschiedliche Vermögen:

  • Ein zu erhaltendes Grundstockvermögen
  • Ein verbrauchbares sonstiges Vermögen

Dem Grunde nach ist die Hybridstiftung eine „Ewigkeitsstiftung“, deren Vorzüge (erhöhter Spendenabzug nach § 10 Abs. 1a EStG) mit den Vorteilen eines verbrauchbaren Vermögens kombiniert werden können. So können Stifter mit dem zum Verbrauch festgelegten Teil des Vermögens, z. B. aufgrund niedriger Kapitalerträge, flexibel auf einen erhöhten Finanzierungsbedarf in einem Projekt reagieren.

Satzungsklausel / Vermögensregelung für Hybridstiftung

  • 1. Das der Stiftung zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung ihres Stiftungszwecks zugewendete Vermögen (Grundstockvermögen) besteht im Zeitpunkt der Errichtung aus einem Barkapital von ... Euro.
  • 2. Daneben erhält die Stiftung ein für den Stiftungszweck verbrauchbares sonstiges Vermögen, das aus einem Barkapital in Höhe von ... Euro besteht.

Wichtig | Dem Verbrauch des Vermögens muss bei einer Hybridstiftung kein satzungsmäßiger Verbrauchsplan zugrunde liegen. Er erfolgt flexibel durch Beschluss der handelnden Organe.

Welche Steuervorteile hat die Hybridstiftung?

Die Kombination aus „klassischer“ und Verbrauchsstiftung führt bei der Hybridstiftung dazu, dass beim Sonderausgabenabzug zu unterscheiden ist:

  • Der erhöhte Sonderausgabenabzug nach § 10b Abs. 1a EStG kann nur für den zum dauerhaften Erhalt bestimmten Vermögensteil (Grundstockvermögen) in Anspruch genommen werden.
  • Der zum Verbrauch bestimmte Teil unterliegt, wie bei einer reinen Verbrauchsstiftung, den allgemeinen spendenrechtlichen Abzugsbeträgen des § 10b Abs. 1 EStG.

Umwandlung von „Ewigkeitsstiftung“ in Verbrauchsstiftung?

Auch wenn sich der Stifter im Zeitpunkt der Errichtung für eine auf Dauer angelegte rechtsfähige Stiftung entscheidet, kann er den Stiftungsorganen in der Satzung doch die Befugnis zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung einräumen, um auf künftige Entwicklungen reagieren zu können.

Die Voraussetzungen für die Umwandlung einer rechtsfähigen „Ewigkeitsstiftung“ in eine Verbrauchsstiftung müssen jedoch hinreichend bestimmt festgelegt werden; dabei darf der Eintritt dieser Voraussetzungen nicht bereits im Zeitpunkt der Stiftungserrichtung als sicher feststehen. Sowohl der Tatbestand als auch die Rechtsfolgen müssen sich eindeutig aus der Satzung ergeben.

SATZUNGSKLAUSEL / Befugnis zur Umwandlung in Verbrauchsstiftung

Nach dem Ableben des Stifters und dem Ablauf von zehn Jahren seit Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig hat der Stiftungsvorstand die Umwandlung der Stiftung in eine Verbrauchsstiftung zu beschließen, wenn das Grundstockvermögen zu diesem Zeitpunkt nicht durch testamentarische Zuwendungen des Stifters um mindestens eine Million Euro erhöht wurde. Der Beschluss umfasst den gleichmäßigen Verbrauch des Stiftungsvermögens innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren.

Umwandlung auch ohne Satzungsregelung?

Es ist unwahrscheinlich, dass die Satzung von Stiftungen, die bereits vor der gesetzlichen Regelung der Verbrauchsstiftung errichtet worden sind, eine Ermächtigung für die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung vorsehen.

Praxistipp | Die Verantwortlichen der Stiftung sollten in diesem Fall mit der Stiftungsaufsicht prüfen, ob eine entsprechende Satzungsänderung sinnvoll ist. Die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung ist insbesondere bei niedrigen Erträgen häufig im Sinne der Stiftungsaufsicht. Auch eine finanzielle Schieflage der Stiftung kann für eine Umwandlung sprechen.

Was gilt für die Umwandlung von Treuhandstiftungen?

Die Umwandlung einer Treuhandstiftung in eine Verbrauchsstiftung ist erheblich leichter, denn die Stiftungsaufsicht muss an diesem Vorgang nicht beteiligt werden. In der Regel stimmt die zuständige Finanzbehörde einer Umwandlung zu, wenn sich die Verhältnisse im Vergleich zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung wesentlich geändert haben.

Fazit | Die Verbrauchsstiftung ist in vielen Fällen eine geeignete Alternative zur „Ewigkeitsstiftung“. Durch eine eindeutige Satzungsermächtigung kann eine dauerhaft angelegte Stiftung auch nachträglich bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse noch in eine Verbrauchsstiftung umgewandelt werden.

AUSGABE: SB 7/2023, S. 127 · ID: 49432428

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