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BerufsrechtGegenüber Rechtsschutzversicherung trifft den Anwalt keine Abrechnungspflicht

Abo-Inhalt21.05.20235165 Min. LesedauerVon OStA a. D. Raimund Weyand, St. Ingbert

| Der Berufsangehörige ist nur seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, nicht aber einem Rechtsschutzversicherer. Fremdgeld ist daher laut Hamburgischem AnwG nur im Verhältnis zum Mandanten anvertraut. Die Pflicht zur Abrechnung nach § 23 BORA betrifft ebenfalls nur dieses. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Im Zusammenhang mit zwei Mandaten hatte ein Rechtsanwalt eine Gerichtskostenerstattung bzw. die Zahlung des Prozessgegners vereinnahmt und mit eigenen Ansprüchen verrechnet. Dem Rechtsschutzversicherer übersandte er lediglich eine Kopie der dem Mandanten erteilten Abrechnung. Erst nach Klageerhebung kehrte der Berufsangehörige die Beträge an das Versicherungsunternehmen aus. Verstöße gegen seine Berufspflichten sind ihm aber deswegen nicht vorzuwerfen (Hamburgisches AnwG 17.11.22, III 3/21 EV 125/20, Abruf-Nr. 235371). Außerdem sind Versicherungsunternehmen nicht Teil des Justizwesens, dessen Schutz- und Funktionsfähigkeit der Rechtsanwalt stets beachten muss.

Spätestens mit Beendigung eines Mandats muss der Anwalt eine Abrechnung erteilen (§ 23 BORA). Diese Pflicht existiert aber allein im Verhältnis zu seinem Auftraggeber, nicht jedoch gegenüber einer Rechtschutzversicherung. Vor allem besteht mit dem Versicherer keine vertragliche Beziehung, weshalb auch die gesetzlichen Regelungen zur Behandlung von Fremdgeld (§ 43a Abs. 7 BRAO, § 4 Abs. 2 S. 1 BORA) hier keine Anwendung finden.

Auch in sachlicher Hinsicht ist der Schutz einer Rechtsschutzversicherung nicht geboten. Fremdgelder sind nur im Verhältnis zum Mandanten des Rechtsanwalts anvertraut, nicht im Verhältnis zu Dritten, auch und gerade nicht zu in die Sache involvierten Versicherungen. Hier bestehen zwar möglicherweise zivilrechtliche Obliegenheiten aus übergegangenem Recht (§§ 675, 667 BGB, § 86 Abs. 1 VVG) bzw. aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Ein Verstoß gegen diese allein zivilrechtlich verankerten Pflichten kann aber keine berufsrechtliche Sanktion nach sich ziehen.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des BGH. Nach dessen Auffassung ist § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO in Beziehung zum Versicherer kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB (BGH 23.7.19, VI ZR 307/18). Auch treffen einen Anwalt keine Auskunftspflichten gegenüber diesen Unternehmen. Die berufsrechtlich bestehende Unterrichtungspflicht (§ 11 BORA) betrifft ausschließlich das Verhältnis zum Mandanten (Anwaltsgericht Frankfurt 23.11.11, IV AG 69/11, 4 EV 231/11). Nur dessen Anfragen zum Mandatsverlauf muss der Rechtsanwalt beantworten.

AUSGABE: RVGprof 6/2023, S. 99 · ID: 49414996

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