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KostenerstattungKlagerücknahme: Materiell-rechtliche Ansprüche sind kein anderer Grund

Abo-Inhalt17.11.202210016 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| § 269 Abs. 3 S. 2 HS Alt. 2 ZPO lässt nach Ansicht des BGH nicht zu, dass materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche berücksichtigt werden, soweit sie nicht auf einer Einigung zwischen den Parteien über die Tragung der prozessualen Kostenlast (Vergleich oder Kostenverzicht) beruhen. Der Kläger kann insofern vertragliches bzw. deliktisches Fehlverhalten des Beklagten nicht als „anderen Grund“ geltend machen. Dem Kläger werden wegen der Klagerücknahme die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Im Streitfall hatte die Klägerin PKH beantragt, um mietrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Erst nach Klagezustellung legten die Beklagten ihre fehlende Passivlegitimation offen. Der BGH verneinte den Ausnahmetatbestand des § 269 Abs. 3 S. 2 HS 2 Alt. 2 ZPO; den Beklagten seien die Kosten des Rechtsstreits nicht aus anderen Gründen aufzuerlegen (11.1.22, VIII ZB 44/21, Abruf-Nr. 227866).

Ein weiterreichendes Verständnis dieser Vorschrift ist trotz der gemäß der BGH-Rechtsprechung bestehenden Schranken für die nachfolgende Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs des (ehemaligen) Klägers gegen den (ehemaligen) Beklagten nicht geboten, auch wenn der Klägeranspruch gegenläufig zu der zuvor ergangenen prozessualen Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist.

Relevanz für die Praxis

Steht dem Kläger ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu, kann er die Klage zurückzunehmen. Er kann aber auch an der Klage festhalten und seinen Antrag auf Erstattung der durch die Klageerhebung entstandenen Kosten umstellen. Die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO hindert zudem eine Kostenerstattungsklage nicht. Erledigt sich die Klage vor Rechtshängigkeit und wird sie daraufhin zurückgenommen, hat die Klägerpartei die Wahl:

  • Sie kann den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO verfolgen.
  • Sie kann eine Kostenerstattungsklage erheben (BGH 18.4.13, III ZR 156/12).

Beachten Sie | Wegen der Schwierigkeit, diese Kosten zu beziffern, ist ein entsprechender Feststellungsantrag zulässig (Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 269 Rn. 18e). Ein Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO empfiehlt sich in einfach gelagerten Fällen, in denen etwa der in Verzug befindliche Beklagte seine Zahlungspflicht erst zwischen Einreichung und Zustellung der Klage erfüllt. Geht es hingegen um schwierige Rechtsfragen, ist eine Kostenerstattungsklage vorzuziehen (Geisler, jurisPR-BGH ZivilR 12/2013 Anm. 2).

AUSGABE: RVGprof 12/2022, S. 205 · ID: 48712457

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