FeedbackAbschluss-Umfrage

LeserforumZwangsvollstreckung: Sind die Kosten für die Offenlegung einer Lohnabtretung erstattungsfähig?

Abo-Inhalt17.06.20226348 Min. Lesedauer

| Frage: Was passiert gebührenrechtlich bei einer Lohnabtretung, wenn der Schuldner seinen Ratenzahlungen nicht nachkommt und der Gläubiger daraufhin dem Arbeitgeber die zunächst stille Lohnabtretung anzeigt? Kann ich als Gläubigervertreter die Kosten für die Offenlegung einer Lohnabtretung im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO geltend machen? |

Antwort von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock (Koblenz): Hierbei müssen Sie zwischen dem Entstehen und der Erstattungsfähigkeit unterscheiden.

1. Entstehen von Gebühren

Ob für die Anzeige der Lohnabtretung gegenüber dem Drittschuldner für den Gläubigervertreter eine RVG-Vergütung entsteht, ist streitig:

  • Einer Auffassung nach entsteht hier eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (LG Fulda Rpfleger 84, 36; LG Kassel AnwBl. 80, 263; LG Heidelberg Rpfleger 84, 36).
  • Nach dem LG Bremen stellen die Kosten der Offenlegung zusammen mit der sich anschließenden Vollstreckungshandlung (PfÜB, GV-Vollstreckung) eine Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 2 RVG dar (24.11.21, 4 T 119/21). Somit kann die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nur einmal verlangt werden.

Beachten Sie | Das LG Bremen verkennt m. E., dass hier nicht § 15 Abs. 2 RVG, sondern § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG als vorrangige Regelung greift. Hiernach ist jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den dadurch vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers eine besondere Angelegenheit der Zwangsvollstreckung. Ob im Umkehrschluss dieselbe Angelegenheit vorliegt und daher nur einmal eine Gebühr entsteht, richtet sich danach, ob die Vollstreckungsmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang stehen. Das ist nur für Einzelmaßnahmen zu bejahen, die die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen (LG Bonn RPfleger 90, 226; BeckOK RVG/v. Seltmann, 55. Ed. 1.9.21, RVG § 18 Rn. 2, 3). Insofern muss der Gläubiger darlegen, weshalb die Lohnabtretungsanzeige zur Vollstreckungshandlung (PfÜB, GV-Vollstreckung) gehört.

2. Erstattungsfähigkeit der Gebühren

Bejaht man für die Offenlegung der Lohnabtretung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, muss das jeweilige Vollstreckungsorgan im Vollstreckungsverfahren deren Notwendigkeit nach § 788 Abs. 1 ZPO prüfen. Auch hierzu werden unterschiedliche Ansichten vertreten:

Praxistipp | Nach dem BGH sind die von dem Schuldner in einem Ratenzahlungsvergleich übernommenen Kosten regelmäßig notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung (VE 06, 91). Diese Entscheidung lässt sich auf die Kosten der Offenlegung einer Lohnabtretung übertragen, wenn dies im Rahmen eines Vergleichs in der bereits laufenden Vollstreckung vereinbart wird. So erlangt der Gläubigeranwalt den Vorteil, dass der Mandant einen direkten Erstattungsanspruch gegen den Schuldner hat. Diesen kann er u. a. dadurch realisieren, dass er sich nach § 788 ZPO die Kosten der Vereinbarung verzinslich gegen den Schuldner mittels Beschluss festsetzen lässt. Er erhält einen Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Achten Sie deshalb in Lohnabtretungsfällen darauf, die Erstattungsfähigkeit der Gebühren ausdrücklich zu vereinbaren.

  • Grundsätzliche Erstattungsfähigkeit bejahen das LG Fulda, das LG Kassel und das LG Heidelberg (alle a. a. O.).
  • Erstattungsfähigkeit bis zur Höhe der Kosten eines PfÜB sieht das LG Köln (JurBüro 83, 1038).
  • Einige Gerichte stellen auf den Zeitpunkt der Abtretungsanzeige ab. Liegt diese vor der Titulierung, ist keine Erstattungsfähigkeit gegeben (LG Köln RPfleger 90, 183).
  • Keine notwendigen Zwangsvollstreckungskosten nimmt die Literatur an (Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, ZPO, 4. Aufl., § 788 Rn. 35).

AUSGABE: RVGprof 7/2022, S. 109 · ID: 48407594

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte