FeedbackAbschluss-Umfrage

KostenentscheidungDas ist bei der Kostenentscheidung von Aussetzungsbeschwerden zu beachten

Abo-Inhalt23.06.20225307 Min. LesedauerVon RA Norbert Schneider, Neunkirchen

| Kontrovers wird derzeit die Frage diskutiert, ob in einem Beschwerde- bzw. Rechtsbeschwerdeverfahren gegen eine Entscheidung über die Aussetzung eine Kostenentscheidung zu treffen ist. |

1. Der BGH lehnt eine Kostenentscheidung ab

In der Zivilgerichtsbarkeit hat sich zuletzt der BGH mit dieser Frage befasst (AGS 22, 41). Er hat eine Rechtsbeschwerde gegen eine Aussetzungsentscheidung zurückgewiesen und eine Kostenentscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens getroffen. Auf die Gegenvorstellung hin hat der BGH die Kostenentscheidung aufgehoben. Er ist der Auffassung, dass in einem Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren über eine Aussetzungsentscheidung keine Kostenentscheidung getroffen werden dürfe.

Er begründet dies damit, dass die Aussetzungsentscheidung selbst noch mit zum Rechtszug gehört und hier auch nicht über die Kosten gesondert entschieden wird. Werde aber in der Ausgangsentscheidung nicht über die Kosten entschieden, dürfe auch in einem Rechtsmittelverfahren keine Kostenentscheidung vorgenommen werden. Die Kosten des Beschwerdeverfahren seien vielmehr als Kosten der Hauptsache zu behandeln und würden der dortigen Kostenregelung folgen.

2. Das sind die negativen Folgen der BGH-Ansicht

Die BGH-Rechtsprechung hat zur Folge, dass sowohl im Beschwerde- als auch im Rechtsbeschwerdeverfahren mangels Kostengrundentscheidung keine Kostenfestsetzung gegen die dort unterliegende Partei in Betracht kommt. Maßgeblich für eine solche Kostenerstattung und damit -festsetzung ist vielmehr die in der Hauptsache ergangene Kostenentscheidung.

Dies führt mitunter zu der unsäglichen Situation, dass die kostenmäßig in der Hauptsache unterlegene Partei auch die Kosten ihrer eigenen erfolgreichen Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde bzw. die Kosten der erfolglosen Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde der Gegenseite zu tragen hat (Hansens, AGS 22, 41). Hierüber sollte ein Rechtsanwalt zwecks Vermeidung eines Regresses unbedingt seinen Mandanten aufklären.

Die Ansicht des BGH widerspricht zudem der gerichtlichen Praxis. Folgt man nämlich der Ansicht des BGH, muss man diese auch auf andere Beschwerdeverfahren anwenden, z. B. auf Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines Richters. Auch hier dürfte das Gericht in den Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren keine Kostenentscheidung treffen, da im Ausgangsverfahren keine Kostenentscheidung zu treffen ist. Die Praxis verfährt aber gegenteilig und entscheidet in diesem Fall über die Kosten, was nach der Rechtsprechung des BGH nicht zulässig wäre. So hat z. B. das LSG Rheinland-Pfalz klargestellt, dass es sich bei einem Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren, das eine Aussetzungsentscheidung betrifft, um ein selbstständiges Verfahren handelt (20.1.22, L 3 U 202/21 B). Daher ist eine Kostenentscheidung zu treffen.

3. Das spricht gegen die BGH-Rechtsprechung

Die Rechtsprechung des BGH ist aus den folgenden Gründen nicht nachvollziehbar:

  • Bei einem Beschwerdeverfahren handelt es sich – wie das LSG Rheinland-Pfalz zu Recht ausführt – um ein eigenes selbstständiges Verfahren. Der Rechtsanwalt erhält gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG im Beschwerdeverfahren gesonderte Gebühren nach den Nrn. 3500 ff. VV RVG und im Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß § 17 Nr. 1 RVG Gebühren nach den Nrn. 3502 ff. VV RVG.
  • Außerdem fallen gesonderte Gerichtsgebühren an, wenn die Beschwerde oder Rechtsbeschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird (Nrn. 1812, 1826 GKG-KV).
  • Es widerspricht zudem jeglichen Grundsätzen der Kostenerstattung, dass eine in der Hauptsache unterlegene Partei gleichzeitig die Kosten eines Beschwerdeverfahrens tragen soll, in dem der Gegner unterliegt.

4. Handlungsempfehlungen: Das können Sie tun!

Soweit das Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdegericht eine Kostenentscheidung unter Berufung auf den BGH ablehnt, müssen Sie als Rechtsanwalt darauf achten, dass Sie später – nach Abschluss des Verfahrens – diese Kosten zusammen mit der Hauptsache zur Festsetzung anmelden. Denn dass nach der Rechtsprechung des BGH keine gesonderte Kostenentscheidung zu treffen ist, besagt ja nicht, dass gar keine Kostenerstattung stattfindet. Sie ist lediglich bis zur Kostenentscheidung in der Hauptsache aufgehoben.

Unabhängig von der Kostenentscheidung sollten Sie darauf achten, dass der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens schon einmal festgesetzt wird. Da dort keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen, ist die Wertfestsetzung nach § 33 RVG vorzunehmen und gesondert zu beantragen. I. d. R. wird hier gem. § 23 Abs. 2 RVG ein Bruchteil von 20 Prozent der Hauptsache angenommen (KG AGS 03, 81).

AUSGABE: RVGprof 7/2022, S. 118 · ID: 48263842

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2022

Bildrechte