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StrafrechtZusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG bei Einziehung des Führerscheindokuments?
| Die Frage, ob bei Einziehung des Führerscheinformulars in den Fällen der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB ggf. die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG anfällt, dürfte in vielen verkehrsstrafrechtlichen Verfahren eine Rolle spielen. Das AG Amberg hat dies – mit Einschränkungen – bejaht. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
. 226972
Grundsätzlich ist die Einziehung des Führerscheindokuments eine gesetzliche Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis. Dafür kann keine Verfahrensgebühr entstehen. Denn nach der gesetzgeberischen Wertung soll die Entziehung der Fahrerlaubnis keine Einziehung i. S. v. Nr. 4142 VV RVG sein. Damit kann die bloße anwaltliche Beratung darüber, dass im Falle der Wiedererteilung ein neues Führerscheindokument ausgegeben wird und dass mit Rechtskraftentziehung der Fahrerlaubnis das Führerscheindokument abzuliefern ist, noch kein Gebührentatbestand begründet werden. Auch eine Beratung über MPU-Maßnahmen bezieht sich in erster Linie auf die Fahrerlaubnis als solche und höchstens mittelbar auf das Führerscheindokument (AG Amberg 4.12.21, 7 Cs 114 Js 5614/18 [2], Abruf-Nr. 226972).
Etwas anderes gilt, wenn sich die anwaltliche Tätigkeit und Beratung spezifisch auf Fragen im Zusammenhang mit dem Führerscheindokument richtet. Dies ist hier der Fall gewesen, weil die Frage der Übersendung des Führerscheindokuments in die Tschechische Republik aufgrund einer Sonderkonstellation und anlässlich eines gerichtlichen Schreibens erörtert worden sei.
Relevanz für die Praxis
Wohlgemerkt: Es geht um die Einziehung des Führerscheinformulars, nicht um die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB. Insoweit sind sich Rechtsprechung und Literatur weitgehend einig, dass dafür keine Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG anfällt (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, 6. Aufl., Nr. 4142 VV Rn. 9). Der Anfall der Gebühr für die Einziehung ergibt sich schon aus der klaren Formulierung „Einziehung“ in Nr. 4142 VV RVG. Insoweit werden keinerlei Einschränkungen gemacht. Eine Einschränkung widerspricht auch den allgemeinen Regeln. Denn die Nr. 4142 VV RVG ist eine Verfahrensgebühr, die für jede anwaltliche Tätigkeit im Hinblick auf die Einziehung des Führerscheindokuments und – anders als es das AG meint – nicht nur für spezifische Fragen im Zusammenhang mit dem Führerscheindokument entsteht (s. auch AG Freiburg RVG prof. 21, 3).
Beachten Sie | Das AG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage die Beschwerde zugelassen. Man darf gespannt sein, wie das LG entscheiden wird. Dies gilt auch im Hinblick auf den Gegenstandswert, den der Verteidiger nach Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 5.000 EUR ansetzen wollte. Das AG hat aber nur 300 EUR zugrunde gelegt.
AUSGABE: RVGprof 2/2022, S. 26 · ID: 47887249