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FG HessenIst der Handel mit Scheinrechnungen doch umsatzsteuerbar?

Abo-Inhalt10.03.20252 Min. Lesedauer

| Das FG Hessen hat – abweichend von höchstrichterlicher BGH-Rechtsprechung – entschieden, dass der Handel mit Schein- bzw. Abdeckrechnungen als sonstige Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterfallen kann (7.10.24, 6 K 443/22, Abruf-Nr. 245117). |

Vorliegend wurden mehrfach Beträge aus Scheinrechnungen an den Rechnungsschreiber (Schein-Subunternehmer) überwiesen. Die Rechnung wurde als angeblicher Fremdleistungsbezug beim Rechnungskunden verbucht. Hinterleute des Rechnungsschreibers hoben den Rechnungsbetrag sofort beim Rechnungsschreiber ab. Das abgehobene Bargeld (abzüglich einer Provision) wurde anschließend unmittelbar wieder an den Rechnungskunden zurückgegeben, um dessen Schwarzarbeiter zu entlohnen. Diese Leistungen (in Form eines „kompletten Serviceangebots“) wurden für mehrere „Kunden“ über mehrere Jahre angeboten und durchgeführt.

Nach Ansicht des FG erschöpfte sich die Leistung daher nicht im bloßen „Handel mit Schein- bzw. Abdeckrechnungen“ bzw. der bloßen Beteiligung an einer (Lohn-)Steuerhinterziehung des Rechnungskunden. Vielmehr beinhaltete sie ein mehrteiliges, umsatzsteuerrechtlich als einheitliche Leistung eigener Art zu bewertendes Leistungspaket („komplettes Servicepaket“). Bei diesem war aus Sicht des Kunden die Vereinnahmung, Abhebung und Rückführung des bestellten Abdeckvolumens an den Rechnungskunden durch die Hinterleute des hierbei formal eingeschalteten Schein-Subunternehmers mindestens gleichwertig. Deshalb konnte sie nicht als unselbstständige Nebenleistung zu den Verrichtungen beurteilt werden, die nur darauf abzielten, die Scheinrechnung zu erstellen und zu übermitteln.

Die Leistungen erschöpften sich deshalb nicht in einem verbotenen, wettbewerbsfernen und deshalb der USt nicht unterliegenden bloßen „Handel mit Scheinrechnungen“ oder der bloßen Beihilfe zur Umsatz- und Lohnsteuerhinterziehung nebst Veruntreuung von Sozialabgaben durch die (Rechnungs-) Kunden.

Beachten Sie | Der BGH sieht den bloßen Handel mit Schein-/Abdeckrechnungen demgegenüber als nicht marktfähigen Vorgang an, der (ähnlich wie der Handel mit illegalen Drogen oder Falschgeld) keinen steuerbaren Umsatz darstellt (12.1.22, 1 StR 436/21, wistra 22, 299; a. A. BGH 29.11.06, 5 StR 324/06, juris).

Ob dies auch im Fall eines „kompletten Servicepakets“ eines Schein-/Abdeckrechnungs-„Unternehmens“ gilt, das seine „Leistungen“ am freien (Schwarz-)Markt anbietet, ist höchstrichterlich noch nicht eindeutig entschieden (in diese Richtung wohl BGH 7.6.21, 1 StR 314/20: neben Abdeckrechnungshandel auch Übernahme von Lohnbuchhaltungstätigkeiten i. S. e. „kompletten Servicepakets“ durch die Scheinrechnungsfirma).

Das FG hat Revision zum BFH (V R 21/24) zugelassen. (DR)

AUSGABE: PStR 4/2025, S. 74 · ID: 50252271

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