Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Apr. 2025 abgeschlossen.
Steufa-PraxisGastronomen hinterziehen Steuern in Millionenhöhe
| Ein Zufallsfund brachte ein millionenschweres Schwarzgeldversteck ans Licht: Zwei Gastronomen aus Niedersachsen betrieben als gleichberechtigte Gesellschafter und Geschäftsführer Restaurants in NRW. Sie verschleierten systematisch Einnahmen. Durch geheime Schließfächer, manipulierte Abrechnungen und gezielte Steuerhinterziehung entstand ein hoher Schaden. Die Steuerfahndung konnte das komplexe System aufdecken. Erfahren Sie, wie die Ermittler vorgingen und welche Lehren sich daraus ziehen lassen. |
1. Schwarzgeldversteck zufällig gefunden
Im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme in einem anderen Ermittlungsverfahren wurde festgestellt, dass auf den Namen der Ehefrau F des Beschuldigten B zwei Bankschließfächer angemietet wurden. Es wurde mitgeteilt, dass der B und F diese beiden Schließfächer jedoch nicht selbst nutzen würden, sondern die Anmietung sei als „Freundschaftsdienst“ für eine andere Person erfolgt. Es stellte sich heraus, dass der B als Betriebsleiter eines der Gastronomiebetriebe im Ruhrgebiet für die beiden Gastronomen tätig war. Die weiteren Ermittlungen führten zu dem Ergebnis, dass es sich bei den beiden Bankschließfächern um das „Schwarzgeldversteck“ eines der beiden Haupttäter handelte. Dieser war im Besitz der Zugangsmedien für die beiden Schließfächer. Eine anonyme Nutzung war möglich, da das örtliche Kreditinstitut über eine moderne, automatisierte Schließfachanlage verfügte, bei der der Kunde sich nicht mehr gegenüber dem Bankmitarbeiter ausweisen muss. Der Kunde hat mit den Zugangsmedien (Karte, PIN und Schlüssel) direkten Zugang und muss nicht durch Bankmitarbeiter unterstützt werden, wobei die Nutzung oft auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten möglich ist.
2. Durchsuchungen
Dieser Zufallsfund und eine vorliegende anonyme Anzeige führten dazu, dass sofort steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die beiden Gastronomen eingeleitet wurden. Nach Abschluss der Durchsuchungsmaßnahme bei dem B wurden auf Grundlage mündlicher richterlicher Durchsuchungsbeschlüsse direkt folgend Durchsuchungsmaßnahmen bei den Gastronomen durchgeführt. Die Schließfächer wurden versiegelt und ca. eine Woche später im Beisein der Beschuldigten und eines Anwalts geöffnet. In den beiden Schließfächern befand sich eine Bargeldsumme i. H. v. ca. 2,6 Mio. EUR. Da der Verdacht bestand, dass die Gastronomen gemeinschaftlich handeln in großem Ausmaß und über einen längeren Zeitraum Steuern hinterzogen haben, wurden die Steuerstrafverfahren erweitert, und einige Monate später erfolgten weitere Durchsuchungsmaßnahmen, u. a. in den Gastronomiebetrieben im Ruhrgebiet.
3. Modus operandi
In den Gastronomiebetrieben der Haupttäter war im gesamten Ermittlungszeitraum ausschließlich Barzahlung möglich. Es wurden nur nicht nummerierte Verzehrkarten verwendet. Die Betriebsleiter haben die Verzehrkarten gezählt, 50er-Pakete gebildet und in den jeweiligen Büros vor Ort im Rahmen des Tagesabschlusses auf Anweisung einen Tippstreifen mit den Gesamterlösen sowie weitere Tippstreifen generiert. Dies diente der Kontrolle des eingesetzten Personals.
Im Rahmen der sonntäglichen Abrechnung haben die Gastronomen
- a) einzelne Pakete der abgerechneten Verzehrkarten ausgesondert und vernichtet,
- b) den entsprechenden Teil der vereinnahmten Erlöse „abgezweigt“ und untereinander aufgeteilt,
- c) anschließend die Gesamtsummen-Tippstreifen mit geringeren Bareinnahmen neu erstellt und die originalen Gesamtsummen-Tippstreifen sowie die Saldo-Tippstreifen sämtlicher Bareinnahmen und Barausgaben vernichtet,
- d) die geringeren Bareinnahmen in die Kassenbücher der jeweiligen Gastro GmbH eingetragen,
sodass diese Beträge die Grundlage für die Gewinnermittlungen und die Steuererklärungen der Kapitalgesellschaften wurden.
Die Einnahmeverkürzungen konnten u. a. durch die Überprüfung und Auswertung von über einen Messenger-Dienst gesendeten Nachrichten nachgewiesen werden.
4. Ermittlungsergebnis
Durch die Ermittlungen der Steuerfahndung Oldenburg konnte festgestellt werden, dass die Beschuldigten mit einigem Aufwand Erlöse nur unvollständig in den Buchführungen der einzelnen Unternehmen erfassten bzw. erfassen ließen und diese sodann zur Grundlage der von ihnen eingereichten Steuererklärungen machten. Durch ein gut organisiertes, planvolles und über einen langen Zeitraum praktiziertes System kam es zu erheblichen Steuerverkürzungen.
Die Beschuldigten mussten Mehrsteuern und Zinsen i. H. v. etwa 6,3 Mio. EUR nachzahlen.
Die Gastronomen erreichten mithilfe ihrer Verteidiger unter Berücksichtigung ihres straflosen Vorlebens, der vollständigen Schadenswiedergutmachung und eines vollumfänglichen Geständnisses, dass das AG eine Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und zehn Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, als tat- und schuldangemessen erachtete.
AUSGABE: PStR 4/2025, S. 92 · ID: 50316945