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SteuerhinterziehungErkenntnismöglichkeiten des FG sind auf die Verfahrensakte begrenzt

Abo-Inhalt18.11.2024613 Min. LesedauerVon RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin

| Wenn weder Steuerfahndung noch FA zum vermeintlichen Vorsatz weitere Ermittlungen anstellen, ist nach Ansicht des FG Sachsen-Anhalt nichts da, was sich das FG insoweit zunutze machen könnte oder müsste. |

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten, ob der ESt-Bescheid für das Veranlagungsjahr noch änderbar war und ob Kapitalerträge aus der Aufrechnung von Forderungen zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter der Kapitalertragsteuer und dem Kapitalertragsteuereinbehalt unterlagen. Im September 11 reichten die – von dem Anwalt, von dem sie die Forderung erworben hatten – steuerlich beratenen Kläger (K) ihre ESt-Erklärung für 2010 beim FA ein. Einkünfte aus der Beteiligung an der GmbH erklärten sie nicht. Eine Anlage KAP gaben sie nicht ab. Aufgrund einer Betriebsprüfung bei der GmbH erging im Juni 17 eine Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen für Gesellschafter an Kapitalgesellschaften über die aufgerechneten Forderungen an das beklagte FA. Von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen sah die Steuerfahndung aufgrund des Eintritts strafrechtlicher Verjährung ab. Die Klage gegen geänderte Bescheide war erfolgreich.

Entscheidungsgründe

Die Festsetzungsverjährung ist eingetreten (FG Sachsen-Anhalt 18.4.23, 5 K 819/18, Abruf-Nr. 243709). Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nicht gehemmt gewesen. Die Festsetzungsfrist hat sich auch nicht auf zehn Jahre verlängert.

Merke | Gem. 169 Abs. 1 S. 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese beträgt vier Jahre, § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO. Sie beginnt, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO.

Das FG vermochte aus den ihm vorliegenden Unterlagen und Aufzeichnungen nicht die hinreichende Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) zu gewinnen, dass die K zumindest bedingt vorsätzlich handelten und damit den subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung verwirklicht haben.

Relevanz für die Praxis

Ob eine Steuerhinterziehung vorliegt, stellt das FG in eigener Verantwortlichkeit fest. Es ist nicht an Feststellungen der Strafgerichte oder Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden gebunden. Wenn aber in der behördlichen Verfahrensakte nichts vermerkt ist, was einen Schluss darauf zulässt, dass die Steuerpflichtigen wussten oder zumindest billigend den tatbestandlichen Erfolg der Steuerhinterziehung in Kauf genommen haben, ist auch das FG in seinen Erkenntnismöglichkeiten beschränkt. Dies geht verjährungsrechtlich i. d. R. zum Nachteil des FA.

AUSGABE: PStR 12/2024, S. 275 · ID: 49634331

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