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BGHNachzuzahlende USt wirkt bei EÜR nicht hinterziehungsmindernd
| Ermittelt der Angeklagte seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG, „EÜR“) sind bei Bestimmung der verkürzten ESt und GewSt zugleich hinterzogene und noch nachzuzahlende USt-Beträge nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen. Das hat der BGH aktuell entschieden (5.10.23, 1 StR 328/23, Abruf-Nr. 239190; 5.9.23, 1 StR 207/23, Abruf-Nr. 238494). |
Das Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 S. 3 AO) steht dem nicht entgegen. Denn die USt als Betriebsausgabe ist bei EÜR-Rechnern erst abziehbar, wenn sie geleistet worden ist, § 11 EStG. Schon deshalb fehlt es an der in § 370 Abs. 4 S. 3 AO normierten Voraussetzung des „anderen Ermäßigungsgrundes“ (zweifelnd noch BGH 1.6.21, 1 StR 127/21, juris).
Das Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG) der EÜR beinhaltet mit der Ausgabe/Zahlung eine weitere Abzugsvoraussetzung. Diese kann nicht fingiert werden, erst recht nicht über § 370 Abs. 4 S. 3 AO. Auf die weitere Frage nach einem „engen wirtschaftlichen Zusammenhang“ i. S. d. Kompensationsverbotes kommt es damit nicht mehr an.
Beachten Sie | Nachzuentrichtende USt kann daher nur bei der Gewinnermittlung mittels Bilanz abgezogen werden, und zwar bereits auf der Tatbestandsebene sowie im jeweiligen Jahr, in dem die Ertrag- und USt verkürzt worden sind.
USt-Forderungen sind bilanziell (anders als bei EÜR-Rechnern) hier unabhängig von der tatsächlichen Zahlung unmittelbar zu buchen, sodass sich bereits Forderungen in der Buchführung auswirken. Wegen dieser abweichenden Buchungsvorgaben sind (hinterzogene) USt-Beträge nur bei Bilanzierenden hinterziehungsmindernd (Betriebsausgabenseite) zu beachten.
Merke | Hinsichtlich der zuvor erfolgten Vereinnahmung der USt (Einnahmenseite) beim Hinterziehenden stellt der BGH allerdings klar, dass nicht erklärte Umsätze grundsätzlich unabhängig von der Art der Gewinnermittlung als Bruttoumsätze zu behandeln sind. Dies hat zur Folge, dass die USt auf die erhaltene Gegenleistung (die Umsatzentgelte) nicht aufzuschlagen, sondern herauszurechnen ist. Einnahmetechnisch werden EÜR-Rechner und Bilanzierender (anders als auf Betriebsausgabenseite) daher gleich behandelt. (DR) |
- Valder, Einnahme-Überschuss-Rechnung: Keine Pflicht zur Vergabe lückenlos fortlaufender Rechnungsnummern, PStR 18, 112
AUSGABE: PStR 4/2024, S. 74 · ID: 49855481