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Grenzüberschreitendes Kindergeld: an Pflichtverteidigung denken
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KIDie Evolution der Steuerstrafverteidigung (Teil 2): Erstellung eines AStBV-Chatbots mit GPT-4
| Das Unternehmen OpenAI ermöglicht es seit Ende 2023 im Zusammenhang mit GPT-4, sog. „Custom GPT“ zu erstellen. Der Beitrag erläutert, wie Sie einen AStBV-Chatbot erstellen können. |
Inhaltsverzeichnis
1. Technischer Überblick über Custom GPT
Künstliche Intelligenz (KI) kann im Rahmen der Steuerstrafverteidigung genutzt werden (dazu Figatowski, PStR 24, 11).
a) Was ist ein Custom GPT?
Ein „Custom GPT“ ist eine spezielle Anpassung des allgemeinen GPT-Modells (Generative Pre-trained Transformer) für spezifische Anwendungsgebiete. Das Grundprinzip eines GPT-Modells wie GPT-4 basiert auf einem großen, mit vielen Daten trainierten neuronalen Netzwerk, das fähig ist, menschenähnliche Texte zu generieren (Text-Generator). Ein Custom GPT geht darüber hinaus und bietet die Funktion, GPT-4 entsprechend seinen Bedürfnissen mit weiteren Textdokumenten zu „füttern“ und so das Antwortverhalten des Modells stärker zu beeinflussen. Denkbar ist z. B., einen Custom GPT mit juristischen Texten wie Gesetzestexten, Urteilen, Fachartikeln anzureichern. Dadurch verbessert sich die Fähigkeit von GPT-4, relevante und spezifische Informationen in diesem Bereich zu verstehen wie auch zu generieren. Konkret kann ein Custom GPT so programmiert werden, dass er speziell auf die Bedürfnisse und Anfragen von Juristen reagiert, z. B. dadurch, dass er Fragen zu bestimmten Rechtsgebieten versteht und beantwortet oder rechtliche Dokumente erstellt.
b) Use-Case: Erstellung eines AStBV-Chatbots
Nachfolgend soll der Bau eines Custom GPT (Arbeitstitel: „AStBV-Chatbot“) dargestellt werden. Der übergebene Datensatz sind die Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) – AStBV (St) 2020 – gleich lautende Erlasse. Ist der AStBV-Chatbot finalisiert, kann er Fragen im Zusammenhang mit der AStBV explizit beantworten. Ein solcher Custom GPT könnte insbesondere für Rechtsanwälte und Steuerberater nützlich sein, die regelmäßig keine Steuerstrafverfahren betreuen und sich kurzfristig einen Überblick über die maßgeblichen Verwaltungsanweisungen sowie strafprozessualen Vorgaben im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens verschaffen möchten.
aa) Workflow zur Erstellung des AStBV-Chatbots
Voraussetzung für den Bau eines Custom GPT ist zunächst ein Zugang zu GPT-4, der kostenpflichtig ist. Der kostenlose Zugang zu GPT 3.5 beinhaltet derzeit nicht die Funktion, um einen Custom GPT zu erstellen. Der GPT-Store von OpenAI wird über die Menü-Leiste „Explore GPTs“ geöffnet. Über den Button „Erstellen Sie einen GPT“ kann die Erstellung eines Custom GPT initialisiert werden.
Im nächsten Schritt ist es möglich, über den GPT Builder oder über eine direkte Eingabe u. a. den Namen, die Funktion, ein Bild sowie eine Handlungsanweisung für den GPT („instructions“) zu hinterlegen.
Sehr wichtig ist im Schritt 3 die Übergabe von weiteren Daten an das GPT-4- Modell. Für den hier beschriebenen Use-Case wurde die gesamte AStBV als Text-Dokument an den AStBV-Chatbot übergeben und hochgeladen. Ferner wurde der AStBV-Chatbot in den „instructions“ angewiesen, vor jeder Beantwortung zunächst das übergebene Dokument zu lesen und im Rahmen der Antwort auf die jeweilige Ziffer in der AStBV Bezug zu nehmen.
Abschließend wird der AStBV-Chatbot gespeichert. Dabei ist zu entscheiden, ob der Custom GPT privat oder öffentlich genutzt werden soll. Alternativ ist eine Weitergabe des Custom GPT über einen Link möglich. Bei einer Nutzung des GPT-4-Modells für eigene Zwecke bietet sich die Auswahl „privat“ an.
bb) Vorstellung und Beispielprompts des AStBV-Chatbot
Sobald der Custom GPT fertiggestellt ist, kann dieser wie ein „normaler“ GPT-4-Agent genutzt werden. Nachfolgend sollen einige kurze Prompts (Aufforderung für eine Eingabe) für den AStBV-Chatbot dargestellt werden:
2. Fazit
Die neu von OpenAI eingeführte Funktion, nun selbst eigene GPT-4-Agenten (Custom GPT) erstellen zu können, bietet auch im Bereich der Steuerstrafverteidigung vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Konkret ist es denkbar, zu verschiedenen Bereichen eigene Custom GPT zu bauen (z. B. zur Betriebsprüfungsordnung, AEAO etc.). Voraussetzung für den Bau eines „guten“ Custom GPT ist ein strukturierter Datensatz. Es hat sich gezeigt, dass zu viele Datensätze tendenziell zu schlechteren Ergebnissen führen, da diese die Latenz des Modells deutlich erhöhen. Derzeit scheint es daher sinnvoller zu sein, viele kleine Custom GPT mit wenigen Dokumenten zu bauen, anstatt einen großen Custom GPT mit vielen Dokumenten.
Die weitere Entwicklung der generativen künstlichen Intelligenz bleibt mit Spannung abzuwarten. Jüngst hat der CEO von OpenAI Sam Altmann im Rahmen eines Interviews in Davos sogar hingewiesen, dass man am Beginn einer exponentiellen Entwicklung sei und GPT-4 lediglich ein Preview auf zukünftige Modelle wie GPT-5 und GPT-6. Sollte dies zutreffend sein, dürfte eine frühzeitige Auseinandersetzung mit diesen Modellen für Rechtsanwälte und Steuerberater sicherlich von Vorteil sein.
AUSGABE: PStR 4/2024, S. 87 · ID: 49878402