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PlanerrechtAufbewahrungsfristen von Unterlagen: Muss das bleiben oder kann das weg?

Abo-Inhalt29.01.202510 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Dr. Felix Pause, München

| Für Architekten und Ingenieure stellt sich vor allem am Anfang jeden neuen Jahres die Frage, welche Unterlagen wie lange aufbewahrt werden müssen. Schließlich platzen bei den meisten Büros die Archive aus allen Nähten und es besteht dringender Bedarf nach Reduzierung. Dieser Beitrag soll Sie bei Ihrem Frühjahrsputz unterstützen, indem nachfolgend die Aufbewahrungsfristen für verschiedene Dokumentenarten dargestellt werden. |

Der rechtliche Hintergrund

Für Architekten und Ingenieure gibt es keine eigene gesetzliche Regelung, die die Aufbewahrung von Unterlagen definiert. Die Aufbewahrungspflicht ergibt sich aus verschiedenen Normen und Gesetzen sowie aus dem Vertrag. Zunächst ist dabei zu unterscheiden, ob die Unterlagen

  • aus steuerlichen Gründen,
  • zur Absicherung der eigenen Rechtsansprüche (z. B. Abwehr von Gewährleistungs- oder Mängelansprüchen) oder
  • in Bezug auf die Herausgabeansprüche des Auftraggebers aufbewahrt werden.

Steuerliche Aufbewahrungsfristen

Die Aufbewahrungspflicht von Verträgen, Rechnungen und Schriftverkehr ist Teil der steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht gegenüber dem Finanzamt, die in der Abgabenordnung (AO) geregelt wird. Für Aufbewahrungsfristen sind § 147 AO und § 257 Handelsgesetzbuch (HGB) maßgebend. Diese Vorschriften betreffen die Aufbewahrung von folgenden Dokumenten:

  • Handelsbücher, Jahresabschlüsse etc.
  • Handels- und Geschäftsbriefe
  • Buchungsbelege
  • Weitere steuerlich relevante Unterlagen

Handelsbücher und Buchungsbelege für den Zeitraum vor dem 01.01.2025 müssen zehn Jahre aufbewahrt werden. Ab dem 01.01.2025 beträgt die Aufbewahrungsfrist für (neue) Handelsbücher und Buchungsbelege nur noch acht Jahre. Bei Handels- und Geschäftsbriefen beträgt die Aufbewahrungsfrist jedoch nur sechs Jahre.

Praxistipp | Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem das letzte relevante Dokument entstanden ist. Das ist z. B. der Fall, wenn der letzte Handelsbrief verschickt oder die letzte Buchung eingetragen wurde.

Auch als Freiberufler müssen Sie kaufmännische, handelsrechtliche und steuerrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten beachten, einschl. der Aufbewahrung von Unterlagen. Für Architekten und Ingenieure ergibt sich vor diesem Hintergrund folgende Empfehlung für die Aufbewahrung von steuerrechtlich relevanten Unterlagen:

Zehn bzw. acht Jahre Aufbewahrung von

  • Architekten-/Ingenieurverträgen, sowie Nachtragsvereinbarungen und
  • Abschlags- und Schlussrechnungen.

Sechs Jahre Aufbewahrung von

  • Angeboten, Bewerbungen, Auftragsbestätigungen, sowie
  • Schriftverkehr zu Planungsfreigaben und zu Änderungen im Bauablauf, sowie Nachträgen.

Absicherung der eigenen Rechtsansprüche

Es gibt noch weitere Unterlagen, deren Aufbewahrung für Architekten und Ingenieure zumindest sinnvoll sein kann. Dazu gehören z. B. Planungsunterlagen, Vergabeunterlagen bei Vergaben nach VOB/A und VgV oder Unterlagen für die Beantragung von Fördermitteln.

Planungsunterlagen zur Abwehr von Mängelansprüchen

Für Architekten und Ingenieure ist die Aufbewahrung von Planungsunterlagen im Hinblick auf etwaige Mängelvorwürfe durch den Auftraggeber relevant. Wenn Auftraggeber den Architekten oder Ingenieuren Planungs- oder Beratungsfehler vorwerfen, können diese ggf. die Vorwürfe durch die Vorlage von Planungsunterlagen entkräften.

Praxistipp | Planungsunterlagen in diesem Sinne umfassen vor allem auch (statische) Berechnungen und Prüfberichte. Gerade Mängelvorwürfe im Zusammenhang mit der Statik werden üblicherweise erst Jahre nach der Abnahme erhoben.

Die Frage, wie lange Planungsunterlagen aufbewahrt werden müssen, hängt insofern von dem Ablauf der Verjährungsfrist ab. Diese ist für Planungs- und Beratungsmängel in § 634a BGB geregelt. Gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB beträgt die Verjährungsfrist für solche Mängel fünf Jahre. Sie beginnt zum Zeitpunkt der Abnahme (§ 634a Abs. 2 BGB).

Beispiel

Ein Architekt erstellt im Jahr 2020 einen Bauplan für ein Einfamilienhaus. Im Dezember 2021 wird das Haus nach diesem Plan fertiggestellt, an den Bauherren übergeben und am 15.12.2021 von diesem abgenommen. Später stellt sich heraus, dass die Statik des Hauses fehlerhaft ist, weil der Architekt bei der Planung eine unzureichende Tragfähigkeit des Bodens berücksichtigt hat. Die Verjährung dieses Planungsfehlers hat am 16.12.2021 zu laufen begonnen und endet mit Ablauf des 15.12.2026.

Verschweigt der Planer jedoch den Planungs- oder Beratungsfehler arglistig, gilt die in § 634a Abs. 3 BGB geregelte dreijährige Verjährungsfrist. Entscheidend ist, dass diese Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn der Auftraggeber von dem Mangel Kenntnis erlangt. Das kann u. U. auch erst Jahre nach der Abnahme der vertraglich vereinbarten Leistungen sein.

Beispiel

Ein Architekt wird 2016 mit der Planung und Bauüberwachung eines Einfamilienhauses beauftragt. Während der Bauarbeiten stellt der Architekt fest, dass die Wärmedämmung der Außenwände nicht den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) entspricht. Diesen Mangel meldet er jedoch weder dem Bauherrn noch weist er die ausführende Baufirma an, die Arbeiten korrekt auszuführen. Der Architekt hofft, dass der Mangel unbemerkt bleibt, um Verzögerungen und Kostensteigerungen zu vermeiden. Der Bauherr übernimmt das Haus im Dezember 2017. Erst im Jahr 2023 wird bei einer Energieberatung festgestellt, dass die Wärmedämmung mangelhaft ist, was zu erheblichen Heizkosten führt. Ein Gutachten deckt auf, dass der Architekt den Mangel während der Bauphase kannte und diesen arglistig verschwiegen hat. Hier beginnt die Verjährungsfrist für den arglistig verschwiegenen Mangel (unzureichende Wärmedämmung der Außenwände) mit Ablauf des Jahres 2023, d. h. am 01.01.2024 zu laufen. Die Verjährungsfrist endet drei Jahre später und somit am 31.12.2026.

Vor diesem Hintergrund sollten Architekten und Ingenieure die Planungsunterlagen mindestens fünf Jahre aufbewahren. Könnte der Vorwurf eines arglistigen Verschweigens im Raum stehen, ist allerdings eine Aufbewahrung von mindestens zehn Jahren zu empfehlen. Spätestens nach zehn Jahren sind jedoch auch diese Ansprüche endgültig verjährt.

Um Gewährleistungsansprüche erfolgreich abwehren zu können, wird empfohlen, alle Unterlagen aufzubewahren, die geeignet sind, eine ordnungsgemäße Vertragsausführung nachzuweisen. Dazu zählen folgende Unterlagen:

  • Planzeichnungen
  • Schriftverkehr
  • Dokumentation von (Baustellen-)Terminen
  • Anmeldung von Bedenken
  • Telefonnotizen sowie Besprechungsprotokolle (auch dann, wenn diese nicht vom Bauherrn oder Auftraggeber unterzeichnet oder bestätigt wurden)

Vergabeunterlagen nach VOB/A und VgV

Aufbewahrungsfristen für Vergabeunterlagen sind in der VOB/A nicht enthalten. Aus § 73 der Bundeshaushaltsordnung und den zugehörigen Verwaltungsvorschriften ergibt sich allerdings, dass öffentliche Auftraggeber die Vergabeunterlagen mindestens sechs Jahre aufbewahren müssen.

Praxistipp | Die Pflicht zur Aufbewahrung von Vergabeunterlagen trifft den öffentlichen Auftraggeber und nicht Sie. In Ihrer beratenden Funktion im Rahmen der Lph 6 und 7 könnten und sollten Sie den Auftraggeber aber auf diese Aufbewahrungsfristen hinweisen.

Im Rahmen der VgV müssen die Vergabeunterlagen drei Jahre ab dem Tag des Zuschlags aufbewahrt werden. Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 4 VgV.

Praxistipp | § 8 Abs. 4 VgV richtet sich ebenfalls an die öffentlichen Auftraggeber und nicht an Sie. D. h., Sie sollten den Auftraggeber auf diese Aufbewahrungsfristen hinweisen. Einhalten müssen Sie diese jedoch nicht.

Auch wenn sich aus der VOB/A und der VgV keine Aufbewahrungsfristen für Sie ergeben, sollten Sie sich die von Ihnen vorbereiteten Vergabeunterlagen dennoch aufbewahren. Schließlich könnte seitens des Auftraggebers der Vorwurf einer mangelhaften Beratung oder mangelhaften Erstellung von Unterlagen erhoben werden. In diesem Fall benötigen Sie die Vergabeunterlagen, um die Vorwürfe ausräumen zu können.

Vor diesem Hintergrund ist zu empfehlen, die Vergabeunterlagen bis zum Ablauf der Verjährungsfrist – und somit fünf Jahre – aufzubewahren. Sollte der Vorwurf eines arglistigen Verschweigens im Raum stehen, sollten Sie die Vergabeunterlagen wie oben beschrieben mindestens zehn Jahre aufbewahren.

Fördermittelunterlagen

Bei öffentlichen Fördermitteln sind Aufbewahrungsfristen in aller Regel in den Förderrichtlinien festgelegt. Diese Fristen im Einzelnen darzustellen, würde im Hinblick auf die Vielzahl an Förderrichtlinien diesen Beitrag sprengen.

Pauschal kann man sagen, dass bei nationalen und europäischen öffentlichen Fördermitteln die Aufbewahrungsfristen fünf bis zehn Jahre ab Abschluss des Projekts betragen. Bei Förderungen durch private Stiftungen und Organisationen beträgt die Aufbewahrungsfrist in der Regel weniger als zehn Jahre. Aber auch hier ist es wichtig, die Förderrichtlinien genau zu studieren.

Hier gilt jedoch: Die Aufbewahrungsfristen richten sich nicht an Sie, sondern an den, der die Förderung für sich beantragt. Im Hinblick auf mögliche Mängelvorwürfe durch den Auftraggeber sollten Sie die Förderunterlagen aber bis zum Ablauf der Verjährungsfrist – und somit fünf Jahre oder sogar zehn Jahre – aufbewahren.

Unterlagen zur Sicherung der urheberrechtlichen Ansprüche des Planers

Falls aus einem Auftrag ein Gebäude entstanden ist, das gemäß § 2 Abs. 1 Nr.  4 UrhG als Werk der Baukunst unter den Schutz des Urheberrechts fällt, ist es ratsam, entsprechende Unterlagen aufzubewahren, die später erforderlich sein könnten, um z. B. bei Veränderungen des Gebäudes urheberrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Dazu gehören:

  • Wettbewerbs- und Architekturpreise
  • Planzeichnungen
  • Bilder
  • Zeitungsberichte
  • Ähnliche Dokumente

Ansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz verjähren nach § 64 UrhG erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers und können ggf. auch von den Erben des Architekten geltend gemacht werden.

Herausgabeansprüche des Auftraggebers

Herausgabeansprüche von Seiten Ihres Auftraggebers können sich entweder aus dem Gesetz (Eigentum des Auftraggebers) oder aus dem Vertragsverhältnis selbst ergeben.

Unterlagen im Eigentum des Auftraggebers

Alle Unterlagen im Eigentum des Bauherrn, die Sie als Planer zur Ausführung des Auftrags erhalten haben, sind innerhalb der Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 197 BGB an diesen herauszugeben. Dazu zählen u. a.:

  • Bestandspläne, Bauakten, Dokumentationen oder vorliegende Planungen.
  • Von Behörden und Ämtern erstellte Unterlagen (z. B. Katasterpläne, Grundbuchauszüge oder amtliche Vermessungspläne, die im Namen des Auftraggebers beschafft wurden).
  • Urkunden über behördliche Entscheidungen, wie Baugenehmigung, Widerspruchsbescheid oder Auflagen etc.
  • Gutachten, wenn diese im Auftrag Ihres Auftraggebers beauftragt wurden.
  • Von Dritten angefertigte Berechnungen und Planungsbeiträge wie Statik, Lageplan des Vermessungsingenieurs, Energiebedarfsnachweis, Prüfbescheide des Prüfingenieurs etc.
  • Angebote der Unternehmen und Vertragsurkunden mit den beauftragten Firmen inkl. des zugehörigen Schriftverkehrs, die vom Auftraggeber dem Planer übergeben wurden oder die er von Dritten im Auftrag des Auftraggebers erhalten hat. Dazu zählen auch Originalrechnungen der Bauunternehmen.
Praxistipp | Um eine derartige lange Aufbewahrung zu vermeiden, sollten Sie Unterlagen, die Eigentum Ihres Auftraggebers sind, möglichst umgehend und nachweislich an Ihren Auftraggeber übergeben und lediglich Kopien zur weiteren Bearbeitung behalten.

Unterlagen im Eigentum des Planers

Es gibt aber auch Unterlagen, die Ihr Eigentum sind, es sei denn, Sie regeln vertraglich etwas anderes. Zu Ihren Unterlagen zählen z. B.

  • die Bestandsaufnahme als beauftragte Besondere Leistung,
  • von Ihnen erstellte Berechnungen,
  • von Ihnen angefertigte Pläne und zeichnerische Darstellungen,
  • Ihre Kostenermittlungen sowie
  • Ihre eigene Korrespondenz.

Bei diesen Unterlagen regelt der Vertrag die Aufbewahrungsfristen. Meist werden Sie Ihre Planungsergebnisse nach Fertigstellung ohnehin an Ihren Auftraggeber übergeben, um die vertraglichen Leistungspflichten zu erbringen sowie abzunehmen und das vereinbarte Honorar nach Rechnungsstellung fällig werden zu lassen. Die Herausgeberansprüche aus dem Vertragsverhältnis verjähren in drei Jahren ab Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs, spätestens jedoch nach zehn Jahren.

Praxistipp | Im Bezug auf Ihre Unterlagen kann der Auftraggeber entsprechend Ihres Vertragsverhältnisses nur die Herausgabe von Ausfertigungen oder Fotokopien verlangen, nicht aber die Herausgabe von Originalunterlagen.

Zurückbehaltungsrecht

Evtl. kann Ihnen auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zustehen. Das kann der Fall sein, wenn Honoraransprüche aus Abschlagsrechnungen für schon erbrachte Leistungen noch nicht beglichen sind. Bevor Sie dieses Recht ausüben, sollten Sie sich jedoch rechtlich beraten lassen.

Elektronisch oder Papier?

In Zusammenhang mit der Aufbewahrung wichtiger Unterlagen stellt sich die Frage, ob diese in Papierform oder elektronisch aufbewahrt werden müssen. Unproblematisch ist die Papierform, denkbar ist jedoch auch die Aufbewahrung in elektronischer Form. Gemäß § 147 Abs. 5 AO und § 257 Abs. 3 HGB können Unterlagen einem Datenträger aufbewahrt werden, wenn die Daten

  • mit den Papierunterlagen inhaltlich übereinstimmen,
  • bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und
  • jederzeit innerhalb einer angemessenen Frist lesbar gemacht werden können.

Davon ausgenommen sind Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse. Diese können nicht in elektronischer Form aufbewahrt werden, die Papierform ist hier zwingend.

Wichtig | Die wohl wichtigste Anforderung an die Aufbewahrung elektronischer Unterlagen ist deren Unveränderbarkeit. Da die Originale in der Regel vernichtet werden, kann später die Übereinstimmung der elektronischen Unterlagen mit den Originalen nicht mehr nachgewiesen werden. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass die elektronischen Unterlagen entweder unveränderbar sind, oder etwaige Änderungen lückenlos dokumentiert werden. Es reicht daher nicht aus, wenn die Unterlagen einfach „nur“ eingescannt werden. Solche PDF-Dokumente können später verändert werden und sind daher nicht revisionssicher.

Fazit | Jetzt sollten Sie in der Lage sein, die konkreten Aufbewahrungsfristen für die jeweiligen Dokumente in Ihrem Büro zu identifizieren – und können entsprechend Ihre Organisation anpassen. So kann Ihr Frühjahrsputz gut gelingen.

AUSGABE: PBP 2/2025, S. 13 · ID: 50275580

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