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BürosteuerungKennzahlenvergleich im Architektur- und Ingenieurbüro: Was ist wirklich sinnvoll?
| Die Frage, wie wirtschaftlich das eigene Architektur- oder Ingenieurbüro im Vergleich zur Branche arbeitet, beschäftigt viele Büroleitungen. Ein Kennzahlenvergleich scheint hier auf den ersten Blick eine einfache und aufschlussreiche Methode zu sein, um die eigene Leistungsfähigkeit einzuordnen. Doch wie vergleichbar sind die Kennzahlen tatsächlich? Welche Kennzahlen eignen sich für einen Vergleich und wie kann man aus den Zahlen den größten Nutzen ziehen? PBP gibt eine Antwort. |
Die Tücken der Vergleichbarkeit
Kennzahlen bieten prinzipiell eine solide Grundlage, um Aussagen über die Effizienz, Produktivität oder Kostenstruktur eines Büros zu treffen.
Prinzipiell hilfreiche Kennzahlen
Hilfreiche Kennzahlen auf Unternehmensebene sind dabei u. a.
- Umsatzrendite (Gewinn/Umsatz),
- Umsatz pro Mitarbeiter (Jahresumsatz/Anzahl Mitarbeiter),
- Projektstundenanteil von Projektmitarbeitern (Projektstunden Projektmitarbeiter/Gesamtstunden Projektmitarbeiter),
- Projektstundenanteil aller Mitarbeiter (Projektstunden/Gesamtstunden alle Mitarbeiter),
- (Mittlerer) Bürostundensatz (Gesamtkosten/Projektstunden) oder besser: differenzierte Stundensätze für verschiedene Mitarbeitergruppen,
- Personalkostenanteil (Personalkosten/Gesamtkosten),
- Gemeinkostenanteil (Gemeinkosten/Gesamtkosten),
- Gemeinkostenfaktor (Gesamtkosten/Einzelkosten),
- Auftragsreichweite in Monaten (Auftragsbestand*12/Umsatz der letzten zwölf Monate) und
- Anteil Projektmitarbeiter (Anzahl Projektmitarbeiter/Gesamtzahl der Mitarbeiter).
Definitionsunterschiede und Ermessensspielräume als Praxisproblem
Allerdings verdeutlicht die praktische Anwendung schnell, dass Definitionsunterschiede und Ermessensspielräume die Vergleichbarkeit der Kennzahlen erheblich erschweren:
- Gewinn: Jahresüberschuss vor oder nach (Ertrags-)Steuern? Der Jahresüberschuss kann darüber hinaus das Ergebnis der im Zuge einer Bilanzpolitik möglichen Bewertungsspielräume sein, was einen Ergebnisvergleich verfälschen kann.
- Umsatz: Als Umsatzerlöse (Schlussrechnungen) + Veränderung des Bestands an unfertigen Leistungen oder als gestellte Rechnungen?
- Mitarbeiteranzahl:... führt das zu einer eingeschränkten Vergleichbarkeit
- Zählen Auszubildende, Aushilfen und Studenten, freie Mitarbeiter, Reinigungskräfte mit?
- Wie werden Mitarbeiter berücksichtigt, die sowohl in Projekten mitarbeiten, als auch Verwaltungsaufgaben wie z. B. QM, Bibliotheksverwaltung, Mitarbeiterausbildung, EDV-Betreuung übernehmen?
- Wie werden unterjährige Ein- und Austritte sowie Elternzeit oder Langzeitkrankheiten verarbeitet?
- Projektstunden:
- Beinhalten sie Zeiten für Angebotsbearbeitung, Recherchearbeiten, Dokumentenverwaltung oder werden diese als allgemeine Bürostunden behandelt?
- Sind Projektzeiten der Geschäftsführung enthalten oder erfassen Geschäftsführer keine Projektzeiten?
- Gesamtkosten: Mit oder ohne Subunternehmer? Mit oder ohne Kosten für freie Mitarbeiter? Mit oder ohne Steuern?
Offensichtlich ist nicht automatisch sichergestellt, dass eine gleichlautende Kennzahl verschiedener Büros auch inhaltlich identisch ist. Auch die PeP-7-Kennzahlen des Vereins „Praxisinitiative erfolgreiches Planungsbüro e. V.“ können diese Schwierigkeiten nicht gänzlich ausräumen. Individuelle Interpretationen und interne Anforderungen führen zu unterschiedlichen Ausprägungen.
Taugen Branchenrichtwerte als Maßstab?
Die Erhebung von Branchenrichtwerten kann durch Befragung verschiedener Büros mit freiwilliger Beteiligung erfolgen, wie sie bspw. der AHO jährlich durchführen lässt. Die Ergebnisse sind allerdings stark beeinflusst von der Zusammensetzung der teilnehmenden Büros hinsichtlich Bürogröße, Leistungsangebot, Kundenkreis, Mitarbeiterstruktur, Rechtsform sowie der Datenqualität. Sie können daher lediglich eine grobe Orientierung geben und sind kaum für ein Benchmarking geeignet.
Die Vergleichbarkeit von Kennzahlen unterliegt außerdem dem Einfluss verschiedener Unternehmensziele. Hieraus leitet sich ab, welche Kennzahlen besondere Bedeutung für ein Büro haben und welche Werte als gut und erstrebenswert angesehen werden. Der Hauptfokus liegt dabei nicht zwangsläufig auf wirtschaftlichen Zielen wie Gewinnmaximierung oder Wachstum, sondern er kann auch – ggf. temporär – auf Markt-, Produkt- oder Prestigezielen, auf sozialen oder auf ökologischen Zielen liegen.
Ein Beispiel |
Ein Büro, das Prestigeziele oder die Erschließung neuer Märkte verfolgt, könnte bewusst unrentable Projekte annehmen – eine strategische Entscheidung, die in einer rein wirtschaftlichen Analyse als Schwäche interpretiert werden würde, im Hinblick auf die eigenen Ziele läge das Büro jedoch genau im Plan. |
Ein besserer Ansatz: Der interne Vergleich
Der Nutzen eines Vergleichs mit anderen Büros ist somit begrenzt. Letztlich bleibt aber die Frage: Wie stehen wir mit unserem Büro insgesamt da? Was läuft gut und wo haben wir Optimierungspotenzial? Die Lösung lautet: Vergleichen Sie sich nicht mit anderen, sondern mit sich selbst. Gehen Sie dazu wie folgt vor:
Checkliste / Neun Schritte zur Bürosteuerung mittels eigener Kennzahlenvergleiche | |
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Fazit | Kennzahlenvergleiche mit anderen Büros sind meist weder aussagekräftig noch hilfreich, da ihnen die erforderliche Vergleichbarkeit fehlt. Der eigene Erfolg bemisst sich nicht daran, wie andere arbeiten, sondern daran, wie gut man die eigenen Ziele erreicht. Ein konsequentes, unternehmensspezifisches Controlling ist der Schlüssel dazu, kontinuierlich zu wachsen und gezielt Verbesserungen umzusetzen. Machen Sie Controlling zur Regelmäßigkeit und bleiben Sie Ihrem individuellen Kurs treu – so schaffen Sie nachhaltigen Erfolg. |
- Vgl. hierzu auch die PeP-7-Kennzahlen des Vereins „Praxisinitiative erfolgreiches Planungsbüro“ → https://www.pep-7.de/
- AHO-Umfrage zur wirtschaftlichen Lage der Ingenieur- und Architekturbüros im Jahr 2023 → https://www.aho.de/umfrage/umfragearchiv/
AUSGABE: PBP 2/2025, S. 30 · ID: 50281884