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Honorarkürzungen vermeidenKG legt Finger in die Wunde: So gehen Sie mit je Lph vereinbarten Teilleistungen optimal um
| Häufig wird darüber gestritten, ob alle (vereinbarten) Teilleistungen der jeweiligen Lph erbracht werden müssen, um das volle Honorar je Lph abrechnen zu können. Die Diskussion ist althergebracht und für Planer nicht zu empfehlen. Das liegt nicht nur an einer aktuellen Entscheidung des KG Berlin, sondern auch an der technischen Entwicklung bei Planungsprozessen. Ziehen Sie daraus sowohl für Ihre vertraglichen Vereinbarungen als auch die konkrete Projektabwicklung die richtigen Schlüsse. |
Der Teilleistungs-Kürzungsfall vor dem KG Berlin
Im konkreten Fall hatte ein Bauherr den Vertrag nach der Lph 4 außerordentlich gekündigt. Er hatte das damit begründet, dass er kein Vertrauen mehr in den Planer habe und es ihm deshalb unzumutbar sei, am Vertrag festzuhalten. Im Honorarprozess vertrat er darüber hinaus die Auffassung, dass der Planer eine Reihe von Teilleistungen aus den Grundleistungen der Lph 1 bis 3 nicht erbracht habe und er das Honorar insoweit anteilig kürzen dürfe. Dabei ging es um folgende Teilleistungen bzw. sonstige Leistungen:
- Lph 1
- Zusammenfassende Dokumentation und Erläuterung der Ergebnisse der Grundlagenermittlung
- Hinweise auf ggf. bestehende städtebaurechtliche Probleme im Hinblick auf die Bebaubarkeit des Grundstücks
- Lph 2
- Klärung der wesentlichen Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen hinsichtlich des Projekts... der Lph 1 bis 3 wegen Nicht- erbringung kürzen ...
- Planerische Auseinandersetzung mit der Lage des Projekts in Bezug auf die städtebaulichen Vorgaben
- Risikoaufklärung und Dokumentation der Arbeitsergebnisse
- Kostenschätzung mit Vergleich zu ursprünglichen Rahmenbedingungen
- Lph 3
- Erstellung eines Terminplans mit den wesentlichen Vorgängen des Planungs- und Bauablaufs... und zieht damit bis vor das Kammergericht
- Dokumentation der Ergebnisse mit den entsprechenden Erläuterungen
- Fehlen einer Entwurf- und Genehmigungsplanung
Die Entscheidung des KG Berlin
Eine Schwierigkeit in dem Fall war, dass im Vertrag nicht eindeutig geregelt war, ob die Teilleistungen konkret zu erbringen waren. Im Planungsvertrag war nur Bezug genommen worden
- auf die Begriffe und jeweiligen Prozent-Punkte der Lph 1 bis 4 und
- auf das Leistungsbild gemäß § 33 HOAI.
Allgemein gehaltene Formulierungen sind auszulegen
Die Richter mussten also zunächst den Vertragsinhalt auslegen, um festzustellen, was denn mit den allgemein gehaltenen Formulierungen geschuldet war. Das Ergebnis der Prüfung war, dass der Planer die einzelnen Teilleistungen der Lph 1 bis 4 konkret zu erbringen hatte (KG Berlin, Urteil vom 03.03.2023, Az. 7 U 158/21, Abruf-Nr. 235860).
Kürzungen bei nicht erbrachten Teilleistungen berechtigt
Im zweiten Schritt haben die Richter dann klargestellt, dass bei Nichterbringung einzelner Teilleistungen eine verhältnisgerechte Honorarkürzung berechtigt sei. Das bedeutet für Sie, dass auch durchaus allgemein gehaltene vertragliche Formulierungen erhebliche Honorarrisiken beinhalten.
Die Konsequenz für die Praxis
Um diese Risiken zu vermeiden, lohnt sich ein Blick in die jeweiligen Teilleistungen und die Erkenntnis, dass es häufig gar nicht aufwendig ist, alle Teilleistungen nachweisbar zu erbringen. Nutzen Sie die Teilleistungen, um
- die Projektdurchführungsgeschwindigkeit hochzuhalten (Verzögerungen sind für Planer finanziell schwer zu verkraften),
- das eigene Haftungsrisiko zu minimieren,
- Planernachträge deutlich zu erleichtern (das wird immer wichtiger) und
- sonst zähflüssige Vor- und Entwurfsplanungen besser zu steuern.
Im Ergebnis geht es darum, alle ohnehin zu erbringenden Leistungen in einer systematischen Struktur (z. B. anhand der Teilleistungen) zu erbringen und ohne Zusatzaufwand auch zu dokumentieren.
1. Schritt: Stufenweise Vertiefung respektieren
Die stufenweise Planungsvertiefung ist effektiv, sollte aber modern organisiert ablaufen. Das bedeutet nicht, dass die vorangehenden Lph jeweils insgesamt fertiggestellt werden, um erst dann mit der darauffolgenden Lph zu starten. Das ist „old school“ der 70-er Jahre. Heute können sich die Lph selbstverständlich auch terminlich überlappen, wie nachfolgend am Beispiel des Leistungsbilds Gebäude für die Lph 1 bis 4 abgebildet ist.
Schnelle Planungsabwicklung und strukturierte Abfolge stehen dabei nicht im Widerspruch. Dabei kommt es als Steuerungsmethode auf das jeweilige Ende jeder Lph, insbesondere der Lph 1 bis 3 an. Diese Endpunkte der Lph 1, 2 und 3 sollten von vorneherein als jeweiliger Meilenstein im Terminplan geregelt werden. So erzeugen Sie Termindruck und gewinnen Planungssicherheit.
Hält der Auftraggeber diese Termine nicht ein, weil er z. B. seiner Mitwirkungspflicht unzureichend nachkommt, sollten Sie eingreifen. Dazu sind nachstehend Formulierungsvorschläge zu beispielhaft genannten Teilleistungen aufgeführt.
Wichtig | Das Druckmittel zur Durchsetzung der Beendigung der jeweiligen Lph finden Sie im Wortlaut der jeweiligen Einzelleistung der HOAI. Denn die jeweiligen Endpunkte der vorhergehenden Lph sind als fachliche Basis für den nächsten Planungsvertiefungsschritt (Lph) die wichtigste Voraussetzung. Das geht aus den jeweiligen Teilleistungsbeschreibungen hervor. Das heißt, lassen Sie sich immer das „Go“ für die nächsten Arbeitsschritte geben.
Beispiel |
Lassen Sie sich stets das „Go“ für die nächsten Arbeits-
schritte geben Sie benötigen im Zweifel keine formell „freigegebene Lph 2 – Pläne mit Unterschriften“ usw. Das Einverständnis des Auftraggebers zur Beendigung der Lph 2 als Basis für die Lph 3 reicht. Das kann anhand von einzelnen Teilleistungen erreicht werden (siehe nachstehende Musterkorrespondenz). Dazu müssen Sie aber auch die jeweils letzte Teilleistung der LPH 1, 2 und 3 erbringen. Die Grafik verdeutlicht die Zusammenhänge. Bild vergrößern © IWW Institut |
2. Schritt: Erbringung der Teilleistungen nachvollziehbar machen
Jetzt fehlt nur noch die begleitende Dokumentation der jeweiligen Teilleistungen, also wie die jeweiligen Teilleistungen ohne Zusatzaufwand nachvollziehbar als erbracht dargelegt werden können.
Beispiel 1: (Planungsschritte Lph 1 bis 3) |
Ordnen Sie alle Leistungen, Pläne, Berechnungen oder Beschreibungen den jeweiligen Teilleistungen (bzw. deren Bezeichnungen) zu. Vergessen Sie nicht, jedes Dokument mit einem Erstellungsdatum auszustatten (damit die Zuordnung zur jeweiligen Lph auch erkennbar ist). |
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Beispiel 2: Kommunikation und Teilleistungen |
Eine ganze Reihe von Teilleistungen werden (automatisch) im Zuge der üblichen Kommunikation erbracht. Verwenden Sie deshalb in Mails oder Briefen im Betreff als Untertitel immer die jeweilige Lph und die dortigen Teilleistungsbegriffe. So wird deren Erbringung zweifelsfrei erkennbar, für Honorarkürzungen ist kein Raum. Nachfolgend stellt Ihnen PBP Musterkorrespondenzen für den Inhalt von E-Mails oder Briefen bzgl. der Teilleistungen 2a, 2b und 2c vor. Es handelt sich um das Leistungsbild Gebäude und dort um einen Um- bzw. Erweiterungsbau: Lph 2 a) Analysieren der Grundlagen
Lph 2 b) Abstimmen der Zielvorstellungen, Hinweisen auf Zielkonflikte
Lph 2 c) Varianten mit gleichen Anforderungen
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- Regeln Sie bürointern, dass und wie die an den Teilleistungen und ihren Bezeichnungen ausgerichtete Kommunikation und Dokumentation aussehen soll (z. B. durch Verwendung der Begriffe aus den jeweiligen Lph).Bürointern klare Regeln festlegen
- Benutzen Sie die Teilleistungen als Steuerungsinstrument, um die gewünschten Synergieeffekte zu erzielen; nämlich Verzögerungen und Honorarrisiken zu vermeiden.Teilleistungen als Steuerungs- instrument nutzen
Last but not least ergibt sich aus dieser Vorgehensweise, dass Planungsänderungen honorartechnisch wesentlich leichter durchsetzbar sind. Varianten nach gleichen Anforderungen sind z. B. nur in der Lph 2 geschuldet. Fordert Ihr Auftraggeber aber nach Abschluss der Lph 2 (wenn die letzte Grundleistung von Ihnen abgeschlossen ist), Änderungen, können Sie ein entsprechendes Änderungshonorar beanspruchen.
Alle Teilleistungen erbringen und so ein Höchstmaß an Synergien schöpfen fazit | Der ewige Streit um die Teilleistungen und deren Kürzung lässt sich mit überschaubaren Planungsstrukturen und passgerechter Kommunikation zur Steuerung des Ablaufs nicht nur vermeiden, sondern zu Ihrem Vorteil einsetzen. Mit systematischem Vorgehen erfüllen Sie nämlich nicht nur die Beratungspflichten. Sie erbringen auch den Nachweis, die jeweiligen Teilleistungen tatsächlich erbracht zu haben. Darüberhinaus steuern Sie das Projekt in Bezug auf die Termine proaktiv. Da die HOAI-Berechnungshonorare unberührt von Terminen oder Terminverzögerungen ermittelt werden, leisten Sie so noch einen Beitrag zur Auskömmlichkeit Ihres eigenen Honorars. Und es fällt Ihnen auch leichter, Zusatzhonorare für Planungsänderungen abzurechnen. |
AUSGABE: PBP 7/2023, S. 6 · ID: 49551676