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BilanzMitarbeiter-Boni: Wann dürfen Sie eine Rückstellung bilden?
| Die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung setzt u. a. voraus, dass es wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr Gründe für das Entstehen der Verbindlichkeit sprechen als dagegen („51 Prozent“). Diese Voraussetzung erfüllt ein Architektur- oder Ingenieurbüro, das seit vielen Jahren bei positivem Jahresüberschuss Mitarbeiter-Boni auszahlt. Es kann für die Mitarbeiter-Boni eine Rückstellung bilden, entschied das Finanzgericht (FG) Münster. |
Darum ging es im konkreten Fall
Im konkreten Fall ging es um eine GmbH, die nach Ablauf des Geschäftsjahrs unter Berücksichtigung des Erfolgs dieses Geschäftsjahrs Boni auszahlte. Die Mitarbeiter hatten auf die Boni keinen Anspruch. Sie wurden immer erst auf Grund einer im Folgejahr getroffenen Entscheidung der Geschäftsführung ausgezahlt. Diese berücksichtigten dabei u. a. auch die zukünftige Gewinnsituation der GmbH. Das Finanzamt meinte, der fehlende Anspruch der Mitarbeiter verhindere eine Rückstellungsbildung, zudem fehle es an einer wirtschaftlichen Verursachung im Geschäftsjahr.
Mit diesen Argumenten bejaht das FG die Rückstellungsbildung
Dagegen klagte die GmbH vor dem FG Münster – und gewann. Die Mitarbeiter hätten – so das FG – zwar keinen Rechtsanspruch auf die Boni, weil sich ein Anspruch weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus einer betrieblichen Übung im arbeitsrechtlichen Sinne ergab. Jedoch könne eine Rückstellung auch dann gebildet werden, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verbindlichkeit dem Grunde nach künftig entstehe, wobei deren Höhe ungewiss sein könne. Die „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ habe sich hier daraus ergeben, dass die GmbH schon seit vielen Jahren immer dann einen Mitarbeiter-Bonus ausgezahlt habe, wenn sie einen Jahresüberschuss erzielt habe. Diese Praxis wurde den Mitarbeitern zudem seit dem Jahr 2007 bei ihrer Einstellung in einer „Information“ angekündigt. Damit lag die Wahrscheinlichkeit für die Auszahlung der Mitarbeiter-Boni bei mehr als „51 Prozent“ (FG Münster, Urteil vom 16.11.2022, Az. 13 K 3467/19 F, Abruf-Nr. 233626).
Die Verbindlichkeitsrückstellung war auch deswegen gerechtfertigt, weil die Verbindlichkeit wirtschaftlich in der Zeit vor dem Bilanzstichtag verursacht worden war. Denn die Mitarbeiter-Boni sollten in der Hauptsache die Leistungen abgelten, die die Mitarbeiter im abgelaufenen Geschäftsjahr erbracht hatten. Dass der genaue Betrag der Mitarbeiter-Boni am Bilanzstichtag noch nicht vom Geschäftsführer festgelegt worden war, hinderte die Rückstellungsbildung nicht; denn es handelte sich um wertaufhellende Tatsachen, so das FG. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien als „wertaufhellend“ die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung, lediglich bekannt oder erkennbar wurden.
AUSGABE: PBP 7/2023, S. 28 · ID: 49056599