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Öffentliche AufträgeDie Vergabe von Planungsleistungen nach der Neuregelung der VgV: Was Bieter wissen müssen
| Am 16.06.2023 hat der Bundesrat letztinstanzlich die „Verordnung der Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen ...“ abgesegnet. Sie tritt am Tag nach Veröffentlichung im BGBl in Kraft. In der Verordnung ist u. a. geregelt, dass die Auftragswertermittlung von Planungsleistungen in § 3 Abs. 7 S. 2 VgV gestrichen wird. Was hat das für Folgen? PBP klärt auf. |
Inhaltsverzeichnis
Die vergaberechtlichen Grundsätze
Bei der ganzen Diskussion geht es um die Frage, wann Planungsleistungen EU-weit ausgeschrieben werden müssen. Bei der Vergabe von Planungsaufträgen spielen das „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die VgV zusammen.
Die Regelung im GWB
In § 97 Abs. 4 GWB steht Folgendes:
§ 97 Abs. 4 GWB / Losvergabe |
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. |
Es besteht also die gesetzliche Pflicht, (auch) Planungsleistungen losweise zu vergeben. Generalplaner-Vergaben sind die zu begründende Ausnahme.
Die Regelungen in der VgV alt und VgV neu
Dann spielt noch das Vergaberecht eine Rolle. Kann das Projekt national ausgeschrieben und vergeben werden oder muss eine EU-weite Ausschreibung (VgV-Verfahren) erfolgen? Letzteres war bisher – einfach gesagt – nur dann erforderlich, wenn bei einem Projekt beim betreffenden Leistungsbild das Honorar den Schwellenwert in Höhe von 215.000 Euro netto überstiegen hatte. Diesen einschränkenden Charakter hatte S. 2 in § 3 Abs 7 VgV.
VgV § 3 Abs. 7 alte Fassung / Schätzung des Auftragswerts |
Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Bei Planungsleistungen gilt dies nur für Lose über gleichartige Leistungen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses. |
Nach der Veröffentlichung im BGBl (zu Redaktionsschluss am 26.06. war das noch nicht erfolgt) gilt die Neufassung von § 3 Abs. 7 VgV. Und darin gibt es den alten S. 2 nicht mehr.
VgV § 3 Abs. 7 Neufassung / Schätzung des Auftragswerts |
Kann das beabsichtigte Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung einer Dienstleistung zu einem Auftrag führen, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, gilt diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses. |
Die Folgen für die Praxis
Ein kleines Beispiel aus dem Skript zum Lehrgang „Vertrags- und Nachtragsmanagement in der Infrastrukturplanung“, den Dipl.-Ing. Ulrich Welter exklusiv für PBP konzipiert hat, macht die Folgen plastisch:
Beispiel |
Der Auftraggeber saniert eine Schule mit Anbau. Es sind Leistungen der Objekt-, der TA-, und der Tragwerksplanung erforderlich. Diese Honorare werden geschätzt. ... führt zu viel mehr EU-weiten VgV-
Ausschreibungen Folge: In keinem Leistungsbild würde das Honorar den Schwellenwert überschreiten, in der Summe aller drei Leistungsbilder tut es aber sehr wohl. In der alten VgV-Zeit konnten alle drei Leistungsbilder nach UVgO ausgeschrieben und vergeben werden. Ab sofort müssen alle Leistungsbilder EU-weit ausgeschrieben werden. Und zwar in drei getrennten Losen bzw. Verfahren. |
Auf Anfrage hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass sie mit 10.000 mehr VgV-Verfahren rechnet. Ulrich Welter prognostiziert, dass
- kleinere und mittlere Büros sich immer größeren Einheiten mit unendlichen Referenzprojekten als Mitbewerber gegenübersehen,
- es künftig viel mehr Generalplaner-Ausschreibungen geben wird. An denen können Sie sich prinzipiell
- als Generalplaner oder
- Sub-Planer
- beteiligen.
- Der nächste Lehrgang findet im Dezember statt: https://www.nachtragsmanagement-infrastrukturplanung.de/. Die Debütveranstaltung erhielt die Traumnote 1,1.
AUSGABE: PBP 7/2023, S. 15 · ID: 49433769