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GesellschaftsrechtKann ein Nichtgesellschafter als „Geschäftsführer“ einer Partnerschaftsgesellschaft fungieren?

Abo-Inhalt15.06.2023907 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Tina Bieniek, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg

| Ein Leser fragt: Unser Büro hat die Form einer Partnerschaftsgesellschaft mit zwei gleichberechtigten Partnern. Nun möchten wir einen Mitarbeiter zum Geschäftsführer ernennen, ohne dass er Partner wird. Der Titel des Geschäftsführers ist ihm wichtig. Ist das möglich? Von Dritten haben wir jetzt gehört, dass das gesellschaftsrechtliche Probleme aufwerfen könnte. Wie ist Ihre Meinung dazu? |

Die Besonderheiten bei Partnerschaftsgesellschaften

Wer mit einer Partnerschaftsgesellschaft in rechtsgeschäftliche Beziehungen tritt, wird (und kann) im Regelfall erwarten, mit Partnern dieser Gesellschaft zu tun zu haben. Denn bei Partnerschaftsgesellschaften – wie auch bei allen Personengesellschaften – gilt das sog. Prinzip der Selbstorganschaft.

D. h.: Nur die Gesellschafter sind für die Geschäftsführung (= Entscheidungen im Innenverhältnis) und Vertretung (= Erwerb von Rechten und Pflichten im Außenverhältnis) der Gesellschaft zuständig. Da die Partner diese Befugnisse unmittelbar aus ihrer Stellung als Gesellschafter ableiten, spricht man von organschaftlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen.

Die Rechte von Nichtgesellschaftern

Nichtgesellschafter haben in Personengesellschaften keine organschaftlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse. Diese können ihnen auch nicht (z. B. durch den Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschlüsse) übertragen werden. Bei Kapitalgesellschaften (insbesondere bei der GmbH und der AG) ist das anders: Dort ist der Einsatz von Fremdgeschäftsführern oder externen Vorständen weit verbreitet.

Nichtgesellschafter kann mit Befugnissen ausgestattet werden

Das bedeutet aber nicht, dass Nichtgesellschafter in Partnerschaftsgesellschaften von jeder Mitwirkung ausgeschlossen sind. Die Partner können ihnen rechtsgeschäftliche Befugnisse und Vollmachten übertragen (z. B. im Rahmen eines Anstellungs- oder Auftragsverhältnisses). Auf dieser Grundlage können auch Nichtgesellschafter Aufgaben für die Partnerschaftsgesellschaft übernehmen. Allerdings sind diese Befugnisse widerruflich und können von den Partnern ohne ihr Zutun wieder entzogen werden.

Die Übernahme von Aufgaben der Geschäftsführung

Übernimmt der Nichtgesellschafter auf rechtsgeschäftlicher Basis Geschäftsführungsaufgaben, sollte die Bezeichnung als „Geschäftsführer“ (z. B. auf der Website, der Visitenkarte oder Geschäftsbriefen möglichst unterbleiben oder zumindest sorgfältig geprüft werden. Die Bezeichnung ist zwar nicht geschützt bzw. besonderen Personengruppen vorbehalten. Der Rechtsverkehr erwartet hinter einem „Geschäftsführer“ jedoch im Regelfall eine Kapitalgesellschaft (i. d. R. eine GmbH) oder – wenn die Gesellschaft als Personengesellschaft erkennbar ist – zumindest, dass die als Geschäftsführer auftretende Person zugleich Gesellschafter ist.

Praxistipp | Um Missverständnisse zu vermeiden, ist die Bezeichnung als „Leitender Angestellter“ oder „Geschäftsführender Mitarbeiter“ im Regelfall die bessere Wahl.

Die Umsetzung im Leserfall

Wollen Sie Ihrem Mitarbeiter trotzdem den Wunsch erfüllen und ihn als Geschäftsführer Ihrer Partnerschaftsgesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (die bei den planenden Berufen immer beliebter wird) etablieren, empfiehlt PBP folgendes Vorgehen:

  • Überlegen Sie sich vorab, welche Kompetenzen Ihr Mitarbeiter – ganz unabhängig von der Bezeichnung als „Geschäftsführer“– haben soll.
    • Soll er Geschäftsführungsaufgaben nur im Innenverhältnis übernehmen oder die Partnerschaftsgesellschaft auch nach außen vertreten können?
    • Auf welche Bereiche sollen sich die Kompetenzen erstrecken (z. B. auf ein bestimmtes Geschäftsfeld oder auf Maßnahmen nur bis zu einer bestimmten Größenordnung)?
  • Kommunizieren Sie Ihrem Mitarbeiter offen, welche Kompetenzen mit der Stellung als „Geschäftsführer“ einhergehen – und welche nicht. Besprechen Sie auch, ob andere Bezeichnungen (z. B. „Leitender Angestellter“ oder „Angestellter Geschäftsführer“) eine Option darstellen.
  • Gestalten Sie den (Anstellungs-)Vertrag entsprechend. Klare Regelungen helfen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter. Falls Ihr Mitarbeiter die Partnerschaftsgesellschaft im Außenverhältnis vertreten soll, bietet sich auch die Erstellung einer Vollmachtsurkunde an. Mit dieser kann er seine Vertretungsmacht gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und allgemein im Rechtsverkehr nachweisen.
  • Achten Sie darauf, dass im täglichen Geschäft kein falscher Eindruck entsteht. Tritt Ihr Mitarbeiter als Geschäftsführer auf, sollte immer deutlich sein, dass er kein Partner ist. Vor diesem Hintergrund kann es – vor allem bei einer geringen Anzahl an Gesellschaftern – sinnvoll sein, die Partner/ Gesellschafter auf Briefkopf, Visitenkarten oder anderen Dokumenten im Rechtsverkehr exakt zu benennen. Der Empfänger kann daraus ableiten, dass der „Geschäftsführer“ kein Partner ist.
Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Partnerschaft kann sich jetzt wie GmbH besteuern lassen: Lohnt sich der Wechsel?“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 47262992

AUSGABE: PBP 7/2023, S. 22 · ID: 48656973

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