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WerkvertragsrechtGenehmigungsrisiken in der Lph 4: Gerichte verschärfen Anforderungen an Ihre Beratung

Abo-Inhalt30.03.20232837 Min. Lesedauer

| Auftraggeber stellen an die Wirtschaftlichkeit von Planungslösungen höhere Anforderungen. Grenzabstände, Gebäudehöhen, Art und Umfang der Grundstücksausnutzung werden risikoreich geplant, es wird auf Kante genäht. Auch Anträge auf Ausnahme kommen vor. Im Zuge der gemeinsamen Abstimmungen in den Lph 2 und 3 wird aber oft nicht klar vereinbart, wer das Risiko übernimmt, wenn der Bauantrag abgelehnt wird. Das kann leicht auf Sie zurückschlagen. PBP zeigt Ihnen deshalb, wie Sie Genehmigungsrisiken aus solchen Planungsvorgaben dem richtigen Adressaten zuordnen. |

Der aktuelle Fall vor dem OLG Köln und dem BGH

Im konkreten Fall war ein Architekt mit der Planung von zehn Doppelhaushälften beauftragt Der Bebauungsplan sah jedoch nur drei Viererblocks vor. Obwohl während des Planungsprozesses mehrfach mit der Genehmigungsbehörde verhandelt worden war, wurde die Baugenehmigung wegen Abweichung vom Bebauungsplan verweigert. (Grund: Baugrenzüberschreitung)

Auftraggeber fordert Schadenersatz

Der Bauherr verklagte den Planer auf Schadenersatz. Er behauptete, dass er über das Genehmigungsrisiko und dessen Tragweite nicht hinreichend informiert gewesen war. Der Planer wiederum trug vor, dass der Bauherr über alle Einzelheiten im Bereich des Genehmigungsrisikos informiert war und damit das Genehmigungsrisiko unmittelbar selbst abgewogen und übernommen hatte. Die Parteien seien so verblieben, dass sich der Auftraggeber selbst darum kümmern wollte, eine Änderung des Bebauungsplans zu erwirken, damit die Planung genehmigungsfähig sei. Das bestritt der Bauherr.

Gerichte geben dem Auftraggeber Recht

Das OLG Köln gab dem Auftraggeber Recht und verurteilte den Planer zu Schadenersatz. Es kam zum Ergebnis, dass der Auftraggeber üblicherweise – und auch hier – umfassend zu Genehmigungsrisiken beraten werden muss; auch im Hinblick auf die Tragweite des einzugehenden Risikos. Selbst wenn der Auftraggeber über das Risiko informiert war, war die Beratung durch den Planer unzureichend. Er hätte intensiv und umfassend beraten müssen (OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2021, Az. 16 U 20/21, Abruf-Nr. 233719; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 07.09.2022, Az. VII ZR 849/21 B).

So reagieren Sie auf verschärfte Beratungsanforderungen

Die Kölner Entscheidung ist deshalb von großer Bedeutung, weil in den letzten Jahren verschiedentlich geurteilt wurde, dass es ausreicht, wenn der Auftraggeber über die Genehmigungsrisiken und die damit zusammenhängenden Folgen informiert ist. Das ist ein Stück weit überholt.

Eigeninitiative des Planers ist wichtig

Da der Auftraggeber im Regelfall Vorteile erlangen will, die das Genehmigungsrisiko auslösen, ist es angemessen und verhältnisgerecht, dass derjenige, der von den Vorteilen profitiert, auch das Genehmigungsrisiko übernehmen muss. Damit das passiert – und der Auftraggeber die Tragweite seiner Entscheidung wahrnimmt –, müssen Sie ihn intensiv und proaktiv beraten. Aus dieser Beratung muss mindestens Folgendes hervorgehen:

  • Der Auftraggeber muss über das Genehmigungsrisiko und die jeweiligen riskanten Einzelheiten der Planung umfassend informiert sein.
  • Er muss selbst abwägen können, welche der unterschiedlichen Vorgehensweisen für ihn am sinnvollsten ist (möglichst durch Hinweise auf alternative Lösungen).
  • Er muss umfassend über etwaige terminliche Risiken informiert sein, die
    • eine Nichterteilung der Genehmigung oder
    • eine Erteilung der Baugenehmigung nach Abarbeitung behördlicher Änderungsauflagen
  • mit sich bringen.
  • Er muss über Kostenrisiken informiert sein, die es zu bewältigen gilt, wenn sich das Genehmigungsrisiko realisiert (z. B. Änderungshonorare, Terminverschiebungen etc.).

Wichtig | Erbringen Sie diese umfassende Beratung nicht nur, sondern dokumentieren Sie sie auch. Der Auftraggeber muss durch Ihre Beratung in die Lage gesetzt werden, seine Entscheidung in Kenntnis aller Risiken zu treffen.Somit sind Sie haftungsmäßig außen vor, wenn das Projekt nicht genehmigt wird.

Abstimmungen und Beratungen frühzeitig in Angriff nehmen

Diese Abstimmungen und Beratungen müssen bereits in der Lph 2 und 3 erfolgen, d. h. unmittelbar immer dann, wenn sich Risiken offenbaren – also lange bevor die Genehmigungsunterlagen fertiggestellt werden; Ergeben sich im Rahmen der Planungsvertiefung und gemeinsamen Abstimmungen wirtschaftliche, gestalterische, funktionale sowie energetische Vorteile, die ein etwaiges Genehmigungsrisiko mit sich bringen, ist vom Auftraggeber zu entscheiden, ob er dieses Genehmigungsrisiko tragen wird.

PBP-Musterschreiben einsetzen

Um Sie bei genehmigungskritischen Projekten zu unterstützen, hat PBP ein Musterschreiben erarbeitet, das Sie in solchen Fällen einsetzen können. Sie finden das Schreiben auch im Download-Bereich, um es auf die konkreten Projektbedingungen zuschneiden zu können.

Fazit | Legen Sie mit einer umfassenden und die Tragweite erläuternden Beratung das Fundament, damit die terminlichen und finanziellen Folgen beim Auftraggeber liegen, falls die Behörde die Genehmigung verweigert.

Musterschreiben / Information und Beratung über Genehmigungsrisiken

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zuge der derzeit laufenden Vorentwurfsplanung haben wir mit Ihnen mehrfach über das bestehende Genehmigungsrisiko der von uns auf Ihre Veranlassung geplanten Gebäudehöhen und Grenzabstände gesprochen. Wir möchten Sie an dieser Stelle noch einmal auf die Genehmigungsrisiken hinweisen, die mit den von Ihnen vorgegebenen Dachkonstruktionen und der Gebäudehöhe ... einhergehen, im Einzelnen:

  • 1. Es ist nicht sicher und kann von uns auch nicht eingeschätzt werden, ob die von Ihnen geforderte Planungslösung ... als genehmigungsfähig eingestuft wird.
  • 2. Die zurückliegenden Erörterungen bei der Baugenehmigungsbehörde, über die wir Sie regelmäßig (siehe: ... ) unterrichtet hatten, stellen zwar die Möglichkeit der Erteilung einer Baugenehmigung in Aussicht. Allerdings sind die erörterten Abweichungen vom geltenden Bauordnungsrecht und Bebauungsplan relevant. Im Rahmen des Ermessensspielraums der Behörde ist es deshalb nicht unrealistisch, dass sie die Baugenehmigung letztlich doch verweigert.
  • 3. Sollte die Baugenehmigung abgelehnt werden, ist davon auszugehen, dass erhebliche Planungsänderungen nötig sein werden, die sowohl bei uns als auch bei den weiteren Planungsbeteiligten eine zusätzliche Bearbeitungszeit von ca. zwei Monaten auslösen. Nur mit diesen Änderungen könnte die Genehmigungsfähigkeit nachträglich erreicht werden.
  • 4. Darüber hinaus lösen diese in Rede stehenden Planungsänderungen zusätzliche Honorare in Höhe von ca. 85.000 Euro aus. Diese Mehrkosten begründen sich in den Architektenleistungen sowie den Leistungen der weiteren Planungsbeteiligten. Der Betrag kann von uns nur grob eingeschätzt werden. Hier müssten Sie mit allen Beteiligten entsprechende Vereinbarungen treffen.

Sie haben entschieden, dass die Genehmigungsfähigkeit der erarbeiteten Planungslösung in Bezug auf die o.g. Planungseinzelheiten nicht zum Anforderungsprofil der Planung gehört und damit nicht von uns geschuldet wird. In verschiedenen Gesprächen haben Sie uns mitgeteilt, dass Sie sich auf Grundlage der jetzigen Planungslösung (Stand: ...) persönlich um die Genehmigung durch die Baubehörde kümmern wollen. Gern unterstützen wir Sie dabei mit baufachlichen Argumenten und Hinweisen. Verstehen Sie unsere Hinweise bitte als vorsorgliche Dispositionsgrundlage für die von Ihnen zu treffenden Entscheidungen. Die vorliegende Planung stellt die von Ihnen bewusst gewollte Planungslösung dar, unberührt von der Frage der Genehmigungsfähigkeit.

Wir bitten Sie, oben beschriebene Risiken bei Ihren weiteren Dispositionen zu würdigen. Soweit wir die Planung doch noch vor Einreichung des Bauantrags ändern sollen, bitten wir um entsprechende Nachricht.

Ihrer Antwort sehen wir gern entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

Weiterführende Hinweise
  • Das Musterschreiben finden Sie zum Download und weiteren Bearbeitung auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 49249842
  • Beitrag „Änderungen und Nachträge zum Bauantrag: Zusatzhonorar sichern und Risiken vermeiden“, PBP 3/2023, Seite 4 → Abruf-Nr. 49191110
  • Checkliste „Klärung der Genehmigungsfähigkeit im Leistungsbild Technische Ausrüstung“, PBP 1/2022, Seite 12 → Abruf-Nr. 47850190
  • Beitrag „Bauen im Bestand: Checkliste nutzen und Planungsvoraussetzungen in den Lph 1 bis 4 im Leistungsbild Gebäude klären“, PBP 12/2021, Seite 12 → Abruf-Nr. 47810080

AUSGABE: PBP 4/2023, S. 12 · ID: 49190779

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