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LeserforumSicherheitsaudits von Straßen und daraus resultierende Leistungen: Grundleistung?
| Die Planer von Straßen beobachten, dass zunehmend Sicherheitsaudits durchgeführt werden, in denen ihre Planung kritisch geprüft wird und sie aufgefordert werden, die Planung ggf. anzupassen. PBP macht Sie mit der Sachlage vertraut und zeigt Ihnen anhand eines Falls aus der PBP-Leserschaft, wie Sie mit den Audits zusammenhängende Leistungen richtig abrechnen. |
Die fachlich-rechtliche Ausgangslage
Die Bundesanstalt für Straßenwesen BASt schreibt auf ihrer Homepage www.bast.de (Fachthemen → Verkehrstechnik → Sicherheitsaudit von Straßen):
Der Fall aus der Praxis
Ein Leser hat uns dazu folgenden Fall geschildert: Es geht um eine Straßenplanung. In den Lph 3 und 5 hat ein vom Bauherrn beauftragter externer Sicherheitsauditor die Planung bezüglich der Verkehrssicherheit geprüft. Er hat die Planung bemängelt. Aus seiner Sicht war die erforderliche Verkehrssicherheit nicht gewährleistet. Er hat Vorschläge gemacht, einzelne Dinge anders zu lösen und stellt Fragen, warum etwas so oder so geplant wurde.
Das Problem
Der Auftraggeber (Bauherr) fordert im Anschluss an das Sicherheitsaudit vom Planer eine ausführliche und vollständige Ausarbeitung einer Stellungnahme zum Bericht des Auditors. Im Nachgang fordert er auch eine Änderung der Planung gemäß dessen Empfehlungen.
Die Fragen
Der Planer fragt, ob
- die Ausarbeitung von Stellungnahmen zum Sicherheitsaudit eine Grundleistung der Lph 3 und/oder Lph 5 ist,
- die vom Auftraggeber gewünschten Planungsänderungen aufgrund der Vorschläge im Audit Grundleistungen und damit nicht honorarfähig sind?
Das System der Audits
Nach Darstellung der BASt enthalten die Richtlinien für das Sicherheitsaudit von Straßen (RSAS) anders als bisher die Empfehlungen für das Sicherheitsaudit von Straßen (ESAS) keine Checklisten mehr zur Unterstützung bei der Durchführung eines Audits. Stattdessen sollen zukünftig Defizitlisten für Planungs- und Bestandsaudit in einem bereitgestellt werden.
Aktueller Stand der Defizitlisten | |
Der aktuelle Stand der Defizitlisten ist vom 13.03.2019. Sie stehen zur Verfügung für | |
Autobahnen | Planungsaudit |
Bestandsaudit | |
Landstraßen | Planungsaudit |
Bestandsaudit | |
Stadtstraßen | Planungsaudit |
Bestandsaudit | |
... Defizitlisten
aufgestellt Die Defizitlisten für ein Planungsaudit für Landstraßen sind strukturiert nach | |
Auditphase 1 | Vorplanung |
Auditphase 2 | Vorentwurf |
Auditphase 3 | Ausführungsentwurf |
Auditphasen 4 und 5 | Vor und nach Verkehrsfreigabe |
Planungsphasen aus Defizitlisten stimmen mit Lph nicht überein
Bereits hier ist erkennbar, dass die Planungsphasen mit den Lph der HOAI nicht übereinstimmen. In der HOAI lauten die Lph:
Keine Kongruenz zu Lph nach HOAI Lph 2 | Vorplanung |
Lph 3 | Entwurfsplanung |
Lph 5 | Ausführungsplanung |
In der Lph 2 schuldet der Planer ein Planungskonzept, also eine konzeptionelle Planung, in der wesentliche Eckpunkte der planerischen Lösung dargestellt werden. Wie hiermit die einzelnen Defizite in der Defizitliste in Einklang zu bringen sind, ergibt sich aus den Listen nicht.
Die Gegenüberstellung zu einer Defizitliste
Die Defizitlisten regeln das anders. Das zeigt ein Auszug aus der Defizitliste „Landstraßen und anbaufreie Hauptverkehrsstraßen im Vorfeld bebauter Gebiete“.
Auditphase 1: Vorplanung | |
Defizitgruppe | Fachliche Ausgestaltung der Defizitliste .... Defizit |
Allgemeines |
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Querschnittsgestaltung |
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Es ist nicht geklärt, was ein „Defizit beim Variantenvergleich“ sein soll, was mit „fehlenden Unterlagen“ gemeint ist, warum „fehlende Nothaltebuchten“ ein Defizit in einem Planungskonzept sein sollen, u. a. m. Das setzt sich in den anderen Auditphasen nahtlos fort und führt insgesamt dazu, dass eine große Zahl sog. Defizite nicht objektiv, sondern subjektiv bestimmt werden. Zudem ist es unabdingbar, dass der Planungsauftrag und insbesondere auch die Bedarfsplanung des Auftraggebers in die Bewertung einbezogen werden muss, ob ein Defizit vorliegt.
Die Antworten
Vorauszuschicken ist, dass sich der Vertragsgegenstand, also was zu planen ist und welche Leistungen dafür zu erbringen sind, ausschließlich aus dem Ingenieurvertrag ergeben. Zwar werden dort in der Regel die technischen Regelwerke aufgeführt, die zu beachten sind. Gleichwohl wird der Planer in der Regel mit den Lph der HOAI beauftragt. Der daraus entstehende Konflikt bei der Bezeichnung der einzelnen Planungsstufen geht zulasten des Auftraggebers. So ist es z. B. so, dass im Rahmen einer geschuldeten Lph 5 (Ausführungsplanung) gegenüber der zuvor erbrachten Entwurfsplanung keinerlei inhaltliche Änderungen möglich sind.
Das Sicherheitsaudit ist nichts anderes, als dass die Planung auf Mängel geprüft wird. Diese Prüfung steht dem Auftraggeber selbstverständlich frei. Weil er zum sparsamen Umgang mit Steuergeldern verpflichtet ist, muss er sie sogar durchführen. Sofern er selber nicht über das erforderliche Knowhow verfügt, kann er mit der Prüfung einen externen Fachmann beauftragen.
Werden Mängel festgestellt, ist es erforderlich, dem Planer diese Mängel anzuzeigen und ihn unter Fristsetzung aufzufordern, die Mängel zu beseitigen. Dem Planer obliegt es, die Mängelfreiheit seiner Planung zu beweisen, jedenfalls dann, wenn die Planung noch nicht angenommen wurde. Ist dies der Fall, muss der Auftraggeber den Mangel beweisen.
Ist die Ausarbeitung von Stellungnahmen eine Grundleistung der Lph 3?
Eine Stellungnahme zu einem Prüfbericht ist keine Grundleistung der HOAI. Wie zuvor ausgeführt kann es sein, dass behauptete Mängel zurückgewiesen werden müssen. Dazu muss sich der Planer mit einem konkreten Mangelvorwurf auseinandersetzen. Das setzt aber den konkreten Mangelvorwurf vo-raus. Das Ergebnis eines Sicherheitsaudits ist demgegenüber gerade kein konkreter Mangelvorwurf, sondern der Abschlussbericht eines Prüfers. Mit diesem Bericht muss sich ein Planer nicht auseinandersetzen. Das bleibt auf Mangelvorwürfe beschränkt. Dabei kann es durchaus sinnvoll sein, das Ergebnis des Prüfberichts mit dem Auftraggeber zu erörtern.
Ist die Ausarbeitung von Stellungnahmen eine Grundleistung der Lph 5?
Hier gilt das Gleiche wie zuvor für die Leistungsphase 3 ausgeführt. Auch in der Leistungsphase 5 – Ausführungsplanung ist das Ausarbeiten von Stellungnahmen zu einem Prüfbericht keine Grundleistung.
Wie sind vom Bauherrn gewünschte Planungsänderungen zu handhaben?
Es ist zu unterscheiden zwischen
- 1. Mängeln und erforderlicher Mängelbeseitigung und
- 2. Änderungswünschen.
Mängel: Der Planer muss Mängel beseitigen. Tut er das nach Aufforderung mit Fristsetzung durch den Auftraggeber nicht, darf der Auftraggeber nach vorheriger konkreter Androhung die Mängel auf Kosten des Planers beseitigen lassen. Der Planer ist deshalb gut beraten, sich mit Mangelvorwürfen zu befassen und ggf. zu beweisen, dass seine Leistung mangelfrei ist.
Änderungswünsche: Äußert der Auftraggeber hingegen Änderungswünsche, weil er sich z. B. einzelnen Vorschlägen des Auditors anschließt, handelt es sich um neue Planungsleistungen, die der Auftraggeber beauftragen und zusätzlich vergüten muss. Behauptet der Auftraggeber, dass der Planer die geschuldete optimale Lösung nicht geliefert habe, ist auf das Urteil des OLG Karlsruhe vom 31.07.2001, Az. 17 U 140/99, Abruf-Nr. 011512) hinzuweisen. Dort steht: „Eine – ansonsten ordnungsgemäße, insbesondere den Regeln der Baukunst und Technik entsprechende, genehmigungsfähige und vollständige – planerische Leistung eines Architekten ist nicht schon dann mangelhaft, wenn die „optimale” Planungslösung nicht erreicht ist. Angesichts der Vielschichtigkeit des planerischen Vorgangs ist regelmäßig schon nicht objektiv feststellbar, welche von mehreren in Betracht kommenden Planungsalternativen die „optimale” ist. Geschuldet wird deshalb lediglich eine durchschnittlich brauchbare, sachgerechte Planung.“
Auf Aufforderungen aus Sicherheits-audits gelassen und richtig reagieren Fazit | Sicherheitsaudits für Straßen haben das nachvollziehbare Ziel, die Verkehrssicherheit sicherzustellen. Untersuchungen von Auditoren können Mängel zu Tage fördern und/oder in Verbesserungsvorschlägen münden. Planer sind aufgefordert, eine mangelhafte Planung nachzubessern. Das führt aber nicht dazu, dass Planer sich umfassend zu den Berichten der Auditoren äußern müssen. Zudem sind ausführliche Stellungnahmen zu Audit-Berichten keine geschuldeten Grundleistungen in den Leistungsphasen der HOAI. Änderungswünsche an der Planung, die auf die Ergebnisse des Audits zurückzuführen sind, sind als zusätzliche oder Änderungsleistung zusätzlich zu beauftragen und zu vergüten. |
AUSGABE: PBP 10/2022, S. 8 · ID: 48579571