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HonorarrechtPlanungsänderungen bei HOAI 2021-Auftrag: Ohne schriftliche Vereinbarung gilt Basishonorar

Abo-Inhalt24.07.20227434 Min. Lesedauer

| Der Mindestsatz, der jetzt Basishonorarsatz heißt, kann auch bei HOAI 2021-Aufträgen bei Honoraren für Planungsänderungen gelten. Das hat der BGH aktuell in Ergänzung zur jüngsten EuGH-Rechtsprechung klargestellt. Voraussetzung ist, dass Sie zu der Planungsänderung keine Honorarvereinbarung in Textform erzielt haben – und sich mit dem Auftraggeber auch nicht nachträglich auf ein Honorar einigen konnten. PBP stellt Ihnen die BGH-Entscheidung und deren Konsequenzen im Detail vor. |

Der BGB- und HOAI-rechtliche Hintergrund des BGH-Urteils

Um Hintergründe und Folgen verstehen zu können, ist zunächst ein Blick in das Regelungswerk erforderlich. Das BGB regelt in § 650b die Vorgehensweise bei Planernachträgen. Danach muss der Planer ein Nachtragsangebot vorlegen, sobald der Auftraggeber eine konkrete Änderung der Planung begehrt. In diesem Zuge streben die Parteien außerdem eine Einigung über die Änderung und die damit zusammenhängende Mehr- oder Mindervergütung nach §650b BGB an. Diese Einigung über die Vergütung kann zu einem in Textform frei zu vereinbarenden Honorar führen. Denn die HOAI enthält nur noch Orientierungswerte.

Es ist auch nicht erforderlich, dass die so (unberührt vom Berechnungshonorar nach HOAI 2021) getroffene Honorarvereinbarung über das Änderungshonorar schriftlich und bei Auftragserteilung über die jeweilige Änderung vereinbart werden muss, um wirksam zu sein. Diese seit Jahrzehnten geltende hinderliche Regelung ist mit der HOAI 2021 ebenfalls weggefallen. Eine spätere Vereinbarung in Textform reicht also aus.

BGH spricht klärendes Machtwort für alle Planer

Strittig war bislang immer noch, was passiert, wenn es bei Verträgen die nach dem 01.01.2021 abgeschlossen worden sind oder werden, überhaupt keine Einigung über das Änderungshonorar in Textform gibt, also auch keine nachträgliche Einigung, nachdem die Planungsänderung bereits durchgeführt wurde? War dann das Honorar auch frei vereinbar oder gilt dann wieder der Mindestsatz, jetzt Basishonorarsatz?

Diese Frage hat der BGH jetzt anhand einer vergleichbaren Konstellation geklärt. Ergebnis: In solchen Fällen ist das Honorar nach dem Basishonorarsatz (entspricht dem ehemaligen Mindestsatz) zu berechnen. Diese sog. Rückfallebene auf das ehemalige Preisrecht ist in der HOAI 2021 in § ... geregelt. Diese Regelung widerspricht auch nicht dem EU-Recht. Denn es handelt sich nicht um „flächendeckendes Preisrecht“, sondern um eine Auffangregelung, die nur für die Fälle gedacht ist, in denen eine schriftliche Vereinbarung komplett scheitert (BGH, Urteil vom 02.06.2022, Az. VII ZR 229/19, Abruf-Nr. 230255).

Praxistipp | Das bedeutet, dass die HOAI durch die Hintertür immer dann relevant wird, wenn es keine schriftliche Vereinbarung geben wird. Sie können das Honorar für Planungsänderungen nach anrechenbaren Kosten der Änderung, Honorarzone, Honorarsatz, geänderten Grundleistungen und Honorartafel ermitteln, wenn Sie sich mit dem Auftraggeber auch nach der Planungsänderung immer noch nicht auf eine schriftliche Vereinbarung einigen konnten. Der Aufwand dafür ist aber nicht selten hoch. Das gilt insbesondere für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten, die sich aus dem Änderungsumfang ergeben.

Aussichten auf schnelle Honorarvereinbarung sind gut

Die Regelung zur Honorierung bei Planungsänderungen soll nach dem Willen des Gesetzgebers einfacher laufen. Beim Streit um das Änderungshonorar wird nämlich zu oft übersehen, dass eine zügige Honorarvereinbarung für alle Beteiligten vorteilhaft ist, insbesondere der Auftraggeber profitiert davon. Denn eine schnelle Vergütungsregelung erspart ihm eine Menge schwerwiegender Nachteile, die sich in Terminverzögerungen und Zusatzkosten ausdrücken können.

Gesetzgeber fordert schnelle Einigung übers Honorar

Der Gesetzgeber hat in § 650b BGB geregelt, dass immer dann, wenn keine Vereinbarung in Textform über die mit der Änderung zusammenhängende Mehr- oder Mindervergütung erzielt werden kann, frühestens 30 Tage nach Eingang des Änderungsbegehrens beim Planer die Änderung angeordnet werden darf. Die Frist soll die Vertragsparteien dazu anhalten, eine Honorarvereinbarung zum Änderungshonorar sofort im Zuge der Änderungsregelung gleichsam zu treffen. Beachten sie, diese 30-Tagesfrist gilt je Änderung. Sie führt im Falle einer Nichteinigung dann zu erheblichen, für den Auftraggeber bedeutsamen Nachteilen, z. B. zu erheblichen Terminverzögerungen und viel Zusatzaufwand. Wenn die Planung ins Stocken gerät und dann auch die Bauausführung kann das teuer für den Bauherrn werden.

Die drei Schritte bei gewünschten Planungsänderungen

Wünscht der Auftraggeber von Ihnen, dass Sie eine abgestimmte Planung ändern, gehen Sie aus Honorarsicherungsgründen wie folgt vor:

1. Schritt: Klarheit über die Änderung

Der erste Schritt ist der Wichtigste. Verschaffen Sie beiden Vertragsparteien Klarheit, was wie geändert werden soll. Denn es geht nicht nur um eine klare Vorgabe für die Änderungsplanung aus der Sphäre des Auftraggebers, sondern auch um eine geeignete fachliche Basis für das zu erstellende Honorarangebot und die spätere Abrechnung.

Für Sie bedeutet das: Klären Sie mit Ihrem Auftraggeber (nur mit ihm und nicht mit Dritten, die evtl. nicht bevollmächtigt sind), welche inhaltlichen und fachlichen Änderungen er konkret fordert. Klären Sie also die konkrete Aufgabenstellung - und in dem Zusammenhang auch den räumlichen Umfang der Planungsänderung. Denn diesen brauchen Sie nicht nur, um Ihren Leistungsumfang abzustecken und zu kalkulieren. Er stellt auch die spätere Honorarbasis dar. Anschließend muss der Auftraggeber die Planungsänderung anordnen bzw. die Änderung bei Ihnen konkret anfordern.

Praxistipp | Die Änderungsanordnung kann hilfsweise auch durch den gegenseitigen Schriftverkehr (z. B. E-Mails) generiert werden. Sollte das ausnahmsweise nicht helfen, senden Sie ihm ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, in dem Sie die Änderungsanordnung mit ihrem konkreten Inhalt und Umfang bestätigen.

2. Schritt: Leistungs- und Honorarangebot vorlegen

Nach § 650b BGB müssen Sie bei Änderungsvorgaben ein Nachtragsangebot über die Planungsänderung und das geforderte Honorar vorlegen. Dieses Angebot sollten Sie sofort präsentieren, weil auf dieser Basis dann die von Gesetzgeber geforderte Verständigung über die mit der Änderung einhergehende Mehr- oder Mindervergütung erfolgt.

3. Schritt: Verständigung oder Leidensdruck

Kommt es zu keiner einvernehmlichen Honorarvereinbarung in Textform, muss der Auftraggeber 30 Tage (gemessen ab dem Eingang des Änderungverlangens bei Ihnen) warten, bevor er Ihnen die konkrete Planungsänderung anordnen kann. Der Gesetzgeber hat mit dieser 30-Tagesfrist also mächtig Druck ausgeübt. Er fordert von den Beteiligten eine zügige Honorarvereinbarung. Agieren Sie zügig, und lässt Sie der Auftraggeber hängen, kommt die „Androhung“ des Gesetzgebers für den Fall der Nichteinigung ins Spiel: Er kann die Planungsänderung erst 30 Tage nachdem das Änderungsbegehren bei Ihnen eingegangen ist, anordnen.

Und auch danach beginnt die Änderungsplanung in zumutbaren Zeitabläufen und nicht in Überstunden. Außerdem müssen die weiteren an der Planung Beteiligten eingebunden werden. Da in Planungsbüros aktuell alle Arbeitskräfte voll ausgelastet sind, wäre ergebnisoffen zu verhandeln, wieviel zusätzliche Zeit (unberührt von den o. g. 30 Tagen) Sie für die Änderungsplanung benötigen. Müssen Sie dafür das bereits am Projekt arbeitende Personal einsetzen, kommt die damit zusammenhängende Verzögerung schlüssig auf den Verhandlungstisch. Wie bereits oben beschrieben, sind die Verzögerungen, die durch die Nichteinigung eintreten, nicht von Ihnen zu vertreten. Der Auftraggeber ist also gut beraten, sich schnell zu verständigen.

Hinzu kommt, dass auch der ausführende Auftragnehmer die 30-Tagesfrist beanspruchen darf. Er muss sein Nachtragsangebot erst erstellen, wenn er die Planungsänderung als Kalkulationsgrundlage erhalten hat. Und die erstellt der oben erwähnte Planer. Hier schließt sich also der Kreis. Kommt keine schnelle Vereinbarung zustande, leidet in erster Linie der Bauherr.

Fazit | Bei fehlender Textform zum Änderungshonorar gilt auch nach HOAI 2021 und BGB der Basishonorarsatz. Scheitert eine zügige Honorarvereinbarung in Textform, wird es für den Auftraggeber an ganz anderen Stellen, nämlich durch Fristverläufe nach § 650b BGB, viele vermeidbare weitere Zusatzkosten geben.

Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Arbeitshilfen für die Praxis: Nachträge durchsetzen und parallel Haftungsrisiken reduzieren“, PBP 11/2021, Seite 6 → Abruf-Nr. 47723836

AUSGABE: PBP 8/2022, S. 3 · ID: 48482238

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