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PlanungsleistungenLeistungsbilder Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen: Wie Lph 3 von Lph 5 abgrenzen?
| Die Abgrenzung der Lph 3 von der Lph 5 macht im Leistungsbild Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke Probleme. PBP greift das Thema anhand eines Leserfalls (Planung für die Deutsche Bahn AG) auf und gibt Lösungshinweise. |
Was ist eine „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“?
Die Deutsche Bahn AG und insbesondere ihr Tochterunternehmen DB-Netz fordern von Planern regelmäßig „ausschreibungsreife Entwurfsplanungen“. Was das sein soll, ist nicht geklärt. Was also schuldet der Planer?
Der Fall
Ein Ingenieurbüro wird mit der Planung einer zweigleisigen Strecke inkl. Kabeltiefbau, Lärmschutzwänden und Entwässerungsanlagen beauftragt. Nicht beauftragt sind die Anlagen der Technischen Ausrüstung (z. B. Oberleitung, Weichenheizungen, Signalanlagen). Der Auftraggeber überträgt die Lph 1 bis 4 und 6 in den Leistungsbildern Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen für verschiedene Objekte. Er verlangt eine „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“.
Das Problem
Die DB AG vergibt die Leistungen der Ausführungsplanung (Lph 5) regelmäßig an die bauausführenden Unternehmen und nicht an die Planungsbüros. Damit steht den Planern diese aussagekräftige Unterlage bei der Erbringung der Vorbereitung der Vergabe (Lph 6) nicht zur Verfügung. Das muss zu Ungenauigkeiten bei Mengenermittlungen und dem Leistungsverzeichnis führen und führt auch dazu, weshalb diese Unterlagen dann meist mangelhaft sind.
Fragt man Vertreter der DB AG, was unter einer „ausschreibungsreifen Entwurfsplanung“ zu verstehen ist, erhält man teils abenteuerliche Erläuterungen. Damit bleibt die Einschätzung, was vertraglich geschuldet ist, subjektiv und darauf zielende Forderungen oft willkürlich. Planungsbüros fragen aber meist gar nicht nach Erläuterungen, sondern erbringen Leistungen im guten Glauben, alles getan zu haben. Wegen der unterschiedlichen Sicht kommt es zu Störungen, behaupteten Schlechtleistungen, Verzögerungen und Frust.
Die Lösung
Der Planer sollte vom Auftraggeber unbedingt eine schriftliche Erläuterung verlangen, was er unter „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“ versteht. Zunächst gilt nämlich gemäß § 3 Abs. 1 HOAI, dass die Lph aufeinander aufbauen. Das bedeutet, dass ohne eine Lph 1 die Lph 2, ohne die Lph 2 eine Lph 3 und ohne die Lph 3 die Lph 5 etc. nicht möglich ist. Das gilt auch für die Lph 6, für die eine Lph 5 erforderlich ist, weil eben die Lph aufeinander aufbauen. Nur auf der Grundlage einer vollständigen Ausführungsplanung können die für eine Ausschreibung erforderlichen Mengen in der dafür erforderlichen Genauigkeit ermittelt werden.
Die Grundleistungen der HOAI sind logisch aufeinander abgestimmt. Die DB AG verlässt dieses Schema, indem sie die Lph 5 ausklammert. Das führt dazu, dass der Planer die Lph 6 eigentlich gar nicht erbringen kann, zumindest nicht mangelfrei. Der Auftraggeber hindert ihn wegen der fehlenden Lph 5 daran. Der Planer müsste die Behinderung anzeigen. Stellt der Auftraggeber diese nicht ab, gerät er in Annahmeverzug und wird schadenersatzpflichtig. Verlangt der Auftraggeber dennoch die „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“, sollte der Planer zusätzlich Bedenken anmelden, etwa wie folgt:
Musterschreiben / Bedenkenanzeige |
Bedenken zu ausschreibungsreifer Entwurfsplanunggeltend machen ... „… teilen wir Ihnen mit, dass eine mangelfreie Ausschreibungsunterlage ohne Vorliegen einer vollständigen Ausführungsplanung nicht möglich ist. Wir weisen darauf hin, dass, sofern Sie auf der Erbringung der Lph 6 ohne Ausführungsplanung weiterhin bestehen, dies dazu führen wird, dass unsere Leistung der Lph 6 wegen fehlender, aber für die Mengenermittlung erforderlicher Lph 5 mangelhaft werden muss und dies ggf. dazu führt, dass unsere Leistung der Lph 6 insgesamt unbrauchbar wird. Wir machen darauf aufmerksam, dass dies zu Terminverzögerungen und Mehrkosten führen wird ...“ |
Ist eine „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“ gar nicht vertraglich vereinbart, sondern vom Auftraggeber im Nachhinein mündlich gefordert, wird die Bedenkenanzeige erst recht erforderlich. Hilft der Auftraggeber den Bedenken nicht ab, kann der Planer die Leistungen der Lph 6 erbringen, ohne für Mängel darin zu haften. Das löst allerdings nicht das Problem, dass die vertiefte Entwurfsplanung auch „vertieft“ zu vergüten ist, was die DB AG regelmäßig ablehnt. Hierbei hilft nur ein standhaftes Verhandeln oder ggf. das Nachtragsprozedere des § 650b ff BGB mit den Vergütungsgrundlagen gemäß § 650c in Verbindung mit § 650q BGB. Rechtsprechung zur „ausschreibungsreifen Entwurfsplanung“ ist nicht bekannt.
Wie geht man mit einer mangelhaften vorherigen Planung um?
Da die DB AG die Ausführungsplanung regelmäßig an Baufirmen vergibt, die ihrerseits Planungsbüros mit solchen Leistungen beauftragen, müssen die Ausführungsplanungen auf der Grundlage fremder Entwurfsplanungen erstellt werden. Dabei zeigt sich oft, dass die Entwurfsplanung die erforderliche Planungstiefe nicht erreicht.
Das Problem
Entgegen der Forderungen nach einer „ausschreibungsreifen Entwurfsplanung“ hat in solchen Fällen der Planer der Lph 3 diese Qualität nicht erreicht. Hinzu kommt, dass oft erforderliche planerische Lösungen in diesen Entwurfsplanungen gar nicht ausgearbeitet sind. Die Entwurfsplanung ist deshalb mangelhaft. Zu bedenken ist, dass der Planer, der von der Baufirma mit der Lph 5 beauftragt ist, keinen Anspruch auf eine „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“, sondern lediglich auf eine „Entwurfsplanung“ hat. Es obliegt ihm zu prüfen, ob die vorgelegte Entwurfsplanung eine für die Ausführungsplanung nutzbare Unterlage darstellt. Das kann geprüft werden an den werkvertraglich vereinbarten Erfolgen. Dabei gelten grundsätzlich folgende Ziele:
- Lph 3: Ziel der Entwurfsplanung ist, auf der Grundlage der Ergebnisse der Lph 2 dem Auftraggeber eine genehmigungsfähige, technisch und wirtschaftlich sachgerechte Planung vorzulegen. Grundsätzlich gilt, dass in den Lph die vertraglich vereinbarten und deshalb geschuldeten Grundleistungen erbracht werden müssen. Zudem müssen alle für das Erreichen der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele erforderlichen Leistungen erbracht werden (§ 650p BGB). Die Entwurfsplanung muss die vollständige Lösung der Planungsaufgabe enthalten. Das gilt nicht nur für Achse und Gradiente, sondern auch für Gründung, Entwässerung, Baugrund, Bauphasen, Material, Möglichkeiten der Baustellenbedienung etc..Entwurfsplanung muss Planungs- aufgabe vollständig lösen
- Lph 5: Ziel der Ausführungsplanung ist, auf der Grundlage der Ergebnisse der Lph 3 bzw. 4 die Erstellung der für die Ausführung auf der Baustelle erforderlichen Planunterlagen, nach denen tatsächlich gebaut werden. In der Lph 5 sind keine planerischen Lösungen mehr geschuldet. Hier ist „lediglich“ die Entwurfsplanung so zu detaillieren, dass danach tatsächlich gebaut werden kann. Das gilt z. B. für Vermaßung, Detailzeichnungen, Angaben zum Einbau und anderes mehr. Berechnungen zu Achsen, Gradienten, Entwässerungen usw. sind in der Lph 3 abschließend zu erstellen.Entwurfsplanung wird baureif detailiert
Die Lösung
Ist dies nicht der Fall, stehen auch hier Behinderungs- und ggf. Bedenkenanzeige gegenüber dem Auftraggeber (hier Baufirma) im Raum. Zwar kann die Baufirma das auch gegen ihren Auftraggeber vortragen. Das wird sie aber nur in Ausnahmefällen tun. Besser ist, vor Vertragsschluss mit der Baufirma die Qualität der Entwurfsplanung zu prüfen und auf ggf. vorhandene Mängel aufmerksam zu machen. Wichtig ist zudem, die Baufirma in die Lage zu versetzen, Kalkulationsrisiken bzgl. ihres eigenen Angebots zu erkennen. Dazu ist Beratung im Vorfeld erforderlich.
In jedem Fall sollte der Planer eine Vergütung für von ihm nicht zu vertretende Mehrleistungen vor der Leistungserbringung verlangen. Zu bedenken ist auch, dass der DB AG als Bauherr gegenüber dem Planer der Lph 3 Ansprüche zur Mangelbeseitigung zustehen und der Planer der Lph 3 das Recht hat, diese Mängel selbst beseitigen zu dürfen. Überarbeitet also der Planer der Lph 5 in gutem Glauben oder auf Druck seines Auftraggebers (Baufirma) die Lph 3, so beraubt er den Planer der Lph 3 seines Rechts – und der Bauherr (DB AG) wird zu Recht eine Vergütung verweigern.
Fazit | Eine „ausschreibungsreife Entwurfsplanung“ gibt es im Katalog der HOAI-Grundleistungen nicht. Der Auftraggeber sollte aufgefordert werden, darzulegen, was er darunter versteht. Soll eine Lph 6 ohne Lph 5 erbracht werden, sollten Behinderung angezeigt und Bedenken angemeldet werden. Eine mangelhafte Lph 3 kann keine Grundlage für eine Lph 5 (im Auftrag einer Baufirma) darstellen. Ist die Lph 3 mangelhaft, sollten Behinderung angezeigt und Bedenken angemeldet werden. Eine mangelhafte Lph 3 sollte keinesfalls ohne vorherige Beauftragung überarbeitet werden (Verletzung des Mangelbeseitigungsrechts). |
AUSGABE: PBP 8/2022, S. 6 · ID: 48480900