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HaftungsrechtAus aktuellem Anlass: Kosten von Anfang an gut steuern und Haftungsrisiken minimieren

Abo-Inhalt30.06.20226615 Min. Lesedauer

| Das Thema Kosten ist noch bedeutender geworden als es schon immer war. In der Praxis ist zu beobachten, dass Auftraggeber vermehrt die Planer mit Mangelvorhalten konfrontieren, um aus Projekten „schmerzfrei“ aussteigen oder sie verschieben zu können. Auch eine Entscheidung des LG Neuruppin ist ein eindeutiger Beleg dafür. Ziehen Sie daraus die richtigen Konsequenzen und intensivieren Sie Ihre Kostensteuerungs- und -beratungsmaßnahmen. |

Die Entscheidung des LG Neuruppin

Konkret hat das LG Neuruppin folgendes gesagt: Schon in der Lph 1 müssen die Kostenvorstellungen oder -möglichkeiten geklärt werden, unter denen das zu planende Projekt bearbeitet werden soll. Ist die Klärung nicht erfolgt, liegt eine mangelhafte Planung vor (LG Neuruppin, Beschluss vom 21.02.2022, Az. 1 O 44/21, Abruf-Nr. 229724).

Ausgangslage zur professionellen Herangehensweise

Das Risiko, eine mangelhafte Planung im Hinblick auf die Kosten vorzulegen und damit das gesamte Honorar zu riskieren, können Sie leicht vermeiden. Es gibt unterschiedliche – projektabhängige – Herangehensweisen.

1. Art der Kostenermittlung wird von fachlichen Anforderungen bestimmt

Sind bestimmte fachliche Vorgaben (z. B. Raumprogramm, Standards, technische Anforderungen) bereits vom Bauherrn als Planungsgrundlage vorgegeben, haben diese Einfluss auf die Höhe des Ergebnisses Ihrer Kostenermittlungen. Das regelt die DIN 276/18 in Ziffer 4.1 zweiter Spiegelstrich. Mit anderen Worten: In dem Fall müssen Sie die Kosten nur auf der Grundlage der gesetzten Planungsvorgaben ermitteln. Dann wird mit dem Kostenziel abgeglichen. Der Bauherr kann Einsparungen bei Umfang oder Standards anordnen oder er passt seine Kostenvorstellungen an die Verhältnisse an.

2. Art der Kostenermittlung wird von Kostenzielen bestimmt

Anders sieht es aus, wenn der Auftraggeber klar zu erkennen gegeben hat, dass er bestimmte Kostenziele verfolgt und sich die Planungsinhalte dieser Kostenvorgabe anpassen müssen. In dem Fall muss Ihre Beratung exakt darauf ausgerichtet sein. Diese umgekehrte Priorität, dass sich die Planungsinhalte nach den Kosten richten müssen, ist in DIN 276/18, Ziff. 4.1 erster Spiegelstrich geregelt.

Beratung des Planers muss Auftraggeber-Ziele würdigen

Für Sie kommt es also darauf an, direkt nach der Übernahme des Planungsauftrags die Präferenzen des Auftraggebers zu erkunden. Sie müssen klären, welcher der oben skizzierten Fälle vorliegt. Diese Klärung können Sie unkompliziert auch in einem Gespräch herbeiführen. Es ist nur wichtig, dass Sie ein Ergebnis herbeiführen.

Die Erfahrungen aus der Praxis lehren, dass Auftraggeber im Moment die „Quadratur des Kreises“ anstreben. Soll heißen: Die Kostenzielerreichung hat zwar oberste Priorität (= Ziffer 4.1 Spiegelstrich 1 DIN 276/18). Trotzdem geht der Auftraggeber wie selbstverständlich davon aus, dass auch das vorgegebene Raumprogramm und die gewünschten Standards eingehalten werden. Dem können Sie sich nur mit einem entsprechenden Beratungsschreiben erwehren, in dem Sie ihm die fachlichen und kostentechnischen Zusammenhänge klar kommunizieren. Ein solches Muster finden Sie nachfolgend.

Musterschreiben / Beratung bei Zielkonflikt Planungsvorgaben – Kostenziele

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zuge der Einarbeitung und der Vorentwurfsplanung ist es notwendig geworden, dass wir mit Ihnen als Grundlage für die weitere Planungsvertiefung klären, ob

  • die von Ihnen genannten Kostenziele des Projekts (... Euro inkl. MwSt. für die Kostengruppen ... gemäß DIN 276)
  • mit den uns für die Planung vorgegebenen Daten (wie Raumprogramm, Standards, Materialien)

in Übereinstimmung zu bringen sind.

Betrachten Sie unsere Beratung im Hinblick auf die Kostensituation als Erfüllung unserer Aufgaben. Diese bestehen u. a. darin, die ursprünglich gesetzten Ziele

  • möglichst zu erreichen,
  • im Rahmen der Kontrolle regelmäßig zu hinterfragen,
  • bei sich ergebenden Bedenken rechtzeitig zu beraten, um ihnen eine Entscheidung zeitnah zu ermöglichen.

Nach derzeitiger Kenntnis ist davon auszugehen, dass es bei gleichbleibenden fachlichen Anforderungen an die Planungsvorgaben inkl. Materialstandard zu relevanten Kostensteigerungen kommt. Um spätere Planungsänderungen, Terminverzögerungen oder Umdispositionen möglichst gering zu halten, ist es daher bereits jetzt erforderlich, dass Sie Entscheidungen in Bezug auf die voraussichtlich erforderlichen Finanzmittel oder die Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten treffen. Denn im Zuge der Leistungsphase 2 sind eine Reihe von Planungsinhalten endgültig festzulegen, die für das Gesamtprojekt relevant sind. Zunächst bitten wir Sie daher um eine Stellungnahme, ob Sie bereit sind, entsprechende Kostensteigerungen zu tragen und die Finanzierung entsprechend anzupassen. Ist das nicht der Fall, würden wir bereits jetzt empfehlen, einige relevante Einsparungen vorzunehmen. Die größte Einsparmöglichkeit besteht darin, die BGF-Flächen zu reduzieren. Dem folgen (als zweite Präferenz) Einsparungen bei Standards und Funktionalitäten.

Da der Planungsvertiefungsprozess eine stufenweise Vertiefung der Planung erfordert und auf der vorherigen Planung aufbaut, ist es erforderlich, dass Sie diese Entscheidungen jetzt treffen. Wir freuen uns, wenn es gelingt, innerhalb der nächsten sechs Wochen darüber und über die Frage der Projektkosten insgesamt eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Beachten Sie, dass sich die späteren Baukosten (verbindlich) erst aus den Verträgen ergeben, die Sie mit den Baufirmen schließen. Unsere aktuellen Kostenermittlungen sind also vorkalkulatorischer (unverbindlicher) Natur. Wir empfehlen, diese Kostenermittlungen noch mit einem Kostenpuffer von ca. 20 Prozent zu versehen. Damit wir für die Vorentwurfsplanung disponieren können, bitten wir Sie um entsprechende Rückäußerung bis zum ... (vier Wochen).

Mit freundlichen Grüßen

Praxistipp | Die formgerechte Beratung Ihres Bauherrn ist auch der entscheidende Hebel, um später ein Zusatzhonorar dann berechtigter Planungsänderungen abrechnen zu können. Denn dafür brauchen Sie eine Anspruchsgrundlage. Außerdem mindern Sie mit diesem Schreiben das Haftungsrisiko. Denn der Bauherr muss sich gemäß § 642 BGB entscheiden, welche Prioritäten er setzt.

Weiterführender Hinweis
  • Das Musterschreiben finden Sie zum Download und individueller Bearbeitung auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 48426447

AUSGABE: PBP 7/2022, S. 10 · ID: 48417343

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