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Nachzahlungen drohenDie Auswirkungen von Entgeltnachzahlungen bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen
Werden Arbeitgeber (arbeitsgerichtlich) verpflichtet, rückwirkend höhere Arbeitsentgelte zu zahlen, kann sich das bei geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern (400-Euro-Job) auf die Versicherungspflicht auswirken.
Werden Arbeitgeber (arbeitsgerichtlich) verpflichtet, rückwirkend höhere Arbeitsentgelte zu zahlen, kann sich das bei geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern (400-Euro-Job) auf die Versicherungspflicht auswirken.
Erneute versicherungsrechtliche Beurteilung
Bei einer rückwirkenden Entgelterhöhung aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung muss der Arbeitgeber auch für die Vergangenheit erneut prüfen, ob die für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung maßgebende 400-Euro-Grenze überschritten wird. Dabei sind die dem Arbeitnehmer tatsächlich zugestandenen Arbeitsentgelte zu berücksichtigen.
Pauschalabgaben an die Minijob-Zentrale sind nachzuzahlen
Übersteigt das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt auch mit Berücksichtigung der Nachzahlung die Grenze von 400 Euro nicht, liegt weiterhin eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor.
Beispiel
Arbeitnehmer A verdient im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung monatlich 300 Euro. Im Oktober 2009 wird der Arbeitgeber arbeitsgerichtlich verpflichtet, rückwirkend zum 1. Oktober 2008 höhere Stundenlöhne zu zahlen. A erhält dadurch monatlich 20 Euro mehr. Trotz der rückwirkenden Lohnerhöhung bleibt A mit seinem Verdienst weiterhin unter der Geringfügigkeitsgrenze.
Wichtig: Der Arbeitgeber muss aber von dem nachzuzahlenden Arbeitsentgelt die Pauschalbeiträge an die Minijob-Zentrale abführen. Bei der Berechnung der Beiträge ist jeder Beitragsmonat mit dem nunmehr höheren Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Das heißt:
- Für die Zeiträume des laufenden Kalenderjahrs (im Beispiel also für die Monate Januar bis Oktober 2009) ist das nachzumeldende Beitragssoll im aktuellen Monat (im Beispiel November 2009) mit aufzuführen.
- Für abgelaufene Kalenderjahre muss ein Korrekturbeitragsnachweis eingereicht werden (im Beispielsfall für die Monate Oktober bis Dezember 2008). Darüber hinaus muss eine bereits erfolgte Jahresmeldung (DEÜV) korrigiert werden.
Wichtig: Die (nach)zuzahlenden Pauschalbeiträge sind weiterhin allein vom Arbeitgeber zu tragen. Er kann sie nicht vom Verdienst des Arbeitnehmers einbehalten. Nur die pauschale Lohnsteuer kann er abwälzen.
Eintritt von Versicherungspflicht für abgelaufene Zeiträume
Stellt sich bei der erneuten versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung heraus, dass das regelmäßige Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung der Nachzahlung die Geringfügigkeitsgrenze von 400 Euro übersteigt, tritt rückwirkend Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ein.
Beispiel
Arbeitnehmer B verdient im Rahmen seiner geringfügigen Beschäftigung monatlich 400 Euro. Im Juni 2009 wird der Arbeitgeber arbeitsgerichtlich verpflichtet, rückwirkend zum 1. Januar 2009 höhere Stundenlöhne zu zahlen. B erhält dadurch monatlich 20 Euro mehr. Aufgrund der Lohnerhöhung überschreitet er die Geringfügigkeitsgrenze.
Für Arbeitsentgelte von 400,01 Euro bis 800 Euro im Monat gilt die Gleitzonenregelung. Beschäftigungen in der Gleitzone sind versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der Arbeitnehmer hat nur reduzierte Beitragsanteile zu zahlen, erwirbt aber trotzdem Ansprüche in der gesetzlichen Kranken-. Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Arbeitgeber zahlt die vollen Sozialversicherungsbeiträge.
Krankenkasse als Einzugsstelle
Die Meldungen und Beitragsnachweise nimmt die jeweilige Krankenkasse des Arbeitnehmers als zuständige Einzugsstelle entgegen. Die bei der Minijob-Zentrale eingereichten Meldungen muss der Arbeitgeber stornieren. Die zu Unrecht gezahlten Beiträge werden ihm auf Antrag erstattet.
Wichtig: Für die nachzuzahlenden Beiträge gilt das Entstehungsprinzip. Das heißt: Die Beiträge sind nach dem jeweils für den Nachzahlungsmonat geltenden Beitragssatz zu berechnen.
Übernahme der Arbeitnehmeranteile durch Arbeitgeber
Der Arbeitgeber muss für den zurückliegenden Zeitraum auch den vom Arbeitnehmer für die versicherungspflichtige Beschäftigung zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zahlen, wenn der unterbliebene Beitragsabzug auf das Verschulden des Arbeitgebers zurückzuführen ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitgeber arbeitsgerichtlich verurteilt wird, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen.
Übernimmt der Arbeitgeber freiwillig Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, führt das beim Arbeitnehmer eigentlich zu steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn. Wird er aber verpflichtet, Arbeitnehmerbeiträge zu übernehmen, weil sie aus Billigkeitsgründen nicht mehr vom Arbeitnehmer eingefordert werden können, bleibt dies ohne weitere sozialversicherungsrechtlichen Folgen.
Wichtig: Lohnsteuerlich handelt es sich aber um einen geldwerten Vorteil (BFH, Urteil vom 13.9.2007, Az: VI R 54/03; Abruf-Nr. 073427073427).
AUSGABE: LGP 12/2009, S. 215 · ID: 132016